Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

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DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 1 Öhringen, ev. Stadtkirche (ehem. Stiftskirche) 1241

Beschreibung

Sarkophag der Adelheid von Metz († um 1041), Mutter König Konrads II. Im mittleren westlichen Joch der Krypta. Freistehendes Hochgrab aus rotem Sandstein. Auf der Oberseite der Deckplatte auf breitem Rahmen umlaufend eingehauene Grabschrift (A), in der Mitte der östlichen Schmalseite beginnend und von außen her zu lesen; die Umschrift ist außen von einem Rundstab gerahmt, den Übergang zu dem eingetieften, leeren Mittelfeld bildet ein breiter, in hohem Relief ausgeführter Palmettenfries1. Auf den Seitenflächen der Deckplatte die Bestattungsnotiz (B), auf der südlichen Längsseite beginnend. Der Schmuck der Längsseiten des Steinkastens besteht aus je zwei eingetieften quadratischen Feldern mit reich profiliertem Wulst-Kehle-Rahmen, die Seiten der Felder auf der Südseite sind halbrund, die auf der Nordseite spitz ausgezogen. Auf den beiden Schmalseiten des Sarkophags je ein eingetieftes spitzbogiges Feld, ebenfalls mit Wulst-Kehle-Profil. An den Ecken des Kastens vier unterschiedlich verzierte Viertelsäulchen. In der Mitte der Längsseiten des hohen, profilierten Sockels zwei halbrund vorspringende Konsolen als Standflächen für Kerzen. Ausbrüche an den Kanten und mehrere Risse und Brüche mit Zementmörtel geflickt. Eine Nachbildung des Grabmals (Abguß) befindet sich im Hohenlohe-Museum in Schloß Neuenstein.

Siehe Lageplan.

Maße: H. 110,5, L. 188, B. (Deckplatte) 82,5, Bu. 5,5–7,5 (A), 3,7–4,5 cm (B).

Schriftart(en): Gotische Majuskel.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften; Helmut Hartmann, Bechtheim [1/13]

  1. A

    + HVIVS · / FVNDATRIX · TEMPLI · IACET · HIC · TV/MVLATA · CVNRA/DI · REGIS · GENITRIX · ADILHEIDA · VOC/ATA ·

  2. B

    · A(NNO)a) · M · C · C · X · X · X · X · I · I·I·I·I · ID(US) · / FEBR(UARII)b) · RECONDITA · / SVNT · HIC · OSSA · DOMINE · NOSTRE · ADILHEI/DIS ·c)

Übersetzung:

Die Gründerin dieser Kirche liegt hier begraben, die Mutter König Konrads, Adelheid genannt. (A) – Im Jahr 1241 am 4. Tag vor den Iden des Februar (10. Februar) sind hier die Gebeine unserer Frau Adelheid wieder hineingelegt worden. (B)

Versmaß: Zwei zweisilbig endgereimte Hexameter (A).

Kommentar

Die Buchstaben der Inschrift (A) sind relativ dünnstrichig und mit mäßiger Betonung der Bogenschwellungen eingehauen und haben überwiegend lange, in feine Spitzen ausgezogene Sporen. Eckig-kapitale Formen sind mit unzialen und runden Buchstaben durchmischt, Doppelformen sind aber auf die Buchstaben A und E beschränkt. A ist zumeist trapezförmig mit beidseitig weit überstehendem Deckbalken und waagerechtem, schrägem oder geknicktem Mittelbalken, daneben kommen unziale und pseudounziale A vor, bei denen bemerkenswerterweise jeweils nicht der linke sondern der rechte Schrägschaft geschwungen ist. C ist durchweg offen. Kapitales D hat einen verkürzten Schaft und einen aufgeblähten Bogen. Unziales E kommt offen und fast geschlossen (in REGIS) vor, daneben auch einmal die kapitale Form. Der obere Balken des F ist hoch gewölbt und am Ende geschwungen, G ist eingerollt. Das Bogenende des unzialen H, des links geschlossenenen unzialen M und des runden N ist auf oder über der Grundlinie umgebogen und geschwungen. Der Schaft des L ist mehr oder weniger stark nach rechts durchgebogen, und der Balken ist markant geschwungen. T kommt nur in der runden Form mit geschwungenem Deckbalken vor, V nur kapital. Der rechtsschräge Schaft des X ist geschwungen. Als Worttrenner dienen kleine runde Punkte auf halber Zeilenhöhe.

Die Buchstabenformen der Inschrift (B) sind weitgehend identisch und daher sicherlich von derselben Hand geschaffen, aufgrund der geringeren Zeilenhöhe aber etwas gedrungener und breiter proportioniert. Die kapitalen Formen überwiegen hier freilich deutlich: für H, M und N kommen sie – im Gegensatz zu Inschrift (A) – neben den unzialen und runden Varianten vor, T hat sogar ausschließlich die Kapitalisform. F hat einen geraden oberen und einen hakenförmig gekrümmten mittleren Balken. Die beiden stark aufgeblähten Bögen des B setzen deutlich voneinander getrennt am Schaft an, ebenso der Bogen und die Cauda des R. Die runden Worttrennerpunkte sind etwas größer als in Inschrift (A) und sind in der Mitte mit einer winzigen Halbkugel besetzt.

Unter den Inschriften der weiteren Umgebung von den Schriftformen her am ehesten vergleichbar ist eine Urkundeninschrift von 1212 am Würzburger Dom2, die allerdings weniger sorgfältig ausgeführt ist. Der Adelheid-Sarkophag wird aus stilistischen Gründen als das Werk einer Bamberger Bildhauergruppe angesehen, die auch am Georgenchor des Bamberger Doms tätig war3. Leider tragen die zahlreichen erhaltenen, aus der Zeit um 1230/40 stammenden plastischen Bildwerke des Bamberger Doms allesamt keine Inschriften (mehr), die zu einem Schriftvergleich mit dem Öhringer Grabmal herangezogen werden könnten und so eine inschriftenpaläographische Überprüfung dieser Zuschreibung erlaubten.

Adelheid entstammt dem vornehmen lotharingischen Dynastengeschlecht der Matfridinger, dem späteren Hause Châtenois. Ihr Vater war Graf Richard von Metz, ihre Brüder die Grafen Adalbert vom Saargau und Gerhard von Metz4. Aus ihrer ersten Ehe mit dem Salier Heinrich, Sohn Herzog Ottos von Kärnten, († 989/1000) ging der in Inschrift (A) genannte nachmalige König Konrad II. (reg. 1024–1039, Kaiser 1027) hervor. Einer zweiten Ehe mit einem namentlich nicht bekannten fränkischen Adeligen (vielleicht Poppo Graf im Lobdengau?) entstammt Gebhard, 1036–1060 Bischof von Regensburg5. Dieser wandelte auf Bitten seiner Mutter 1037 die Öhringer Pfarrkirche in ein Chorherrenstift um, das aus beider Besitz reich dotiert wurde6, und übereignete die Stiftskirche dem Altar des hl. Petrus in Regensburg. Das Recht der Investitur des vom Stiftskapitel gewählten Propsts blieb künftig dem Regensburger Bischof vorbehalten.

Das Todesjahr Adelheids ist nicht bekannt, ihr Gedächtnistag wurde am 19. Mai begangen. Sie wurde in der Krypta der Stiftskirche an derselben Stelle bestattet, wo das jetzige Grabmal steht7. Über das Aussehen ihres ursprünglichen Grabmals ist nichts bekannt, eine Inschrift ist nicht überliefert. Anlaß für die Errichtung des stauferzeitlichen Sarkophags war vielleicht der 200. Todestag Adelheids8. Das ergäbe das Todesjahr 1041. Adelheid wurde in Öhringen wie eine Heilige verehrt und besonders um Hilfe bei Geburten angerufen. Eine Öffnung des Sarkophags am 17. März 1958 ergab, daß sich darin vermutlich tatsächlich das Skelett der Adelheid, außerdem das eines etwa 12jährigen Kindes befindet9.

Textkritischer Apparat

  1. Ohne Kürzungszeichen.
  2. Der Kürzungsstrich durchstreicht den Schaft des R unterhalb des Ansatzpunktes der Cauda.
  3. Nur etwa ein Fünftel der Schmalseite beschriftet.

Anmerkungen

  1. Ausführliche Beschreibung des gesamten Grabmals in Knoblauch I/1, 223–229.
  2. DI 27 (Stadt Würzburg I) nr. 25 (m. Abb. 15).
  3. Eberhard Knoblauch, Die Baugeschichte der Stiftskirche, in: Öhringen. Stadt u. Stift 88–97, hier: 91. Ferner: Franck (wie unten) 259–264; ders., Eine fränkische Bildhauerschule vor dem Eindringen der gotischen Kunst, in: Christliches Kunstblatt 1901, 87–154, hier: 89ff.
  4. Vgl. u. a. Egon Boshof, Die Salier, Stuttgart Berlin Köln 42000, 19.
  5. Ebd. 27. Zu Graf Poppo vgl. Decker-Hauff, Öhringer Stiftungsbrief II, 6–12; Gerhard Taddey, Stiftungsbrief und Öhringer Weistum, in: Öhringen. Stadt u. Stift 55–61, hier: 56f.
  6. Decker-Hauff, Öhringer Stiftungsbrief I, passim; Taddey (wie Anm. 5) 55f. Unklar ist der Anteil, den die 1037 bereits verstorbenen Grafen Siegfried, Eberhard und Hermann an der Vorbereitung der Stiftsgründung hatten. Aus dem nur in verfälschter Form (wohl um 1090–1100) auf uns gekommenen Stiftungsbrief geht jedenfalls hervor, daß die drei Öhringer Grafen die (Pfarr-)Kirche mit reichem Besitz ausgestattet hatten.
  7. Knoblauch I/1, 127.
  8. So Knoblauch I/1, 223. Diese Vermutung läßt sich durch keinen Quellenbeleg stützen, sie wird gleichwohl von M. Schumm, Adelheid von Öhringen (wie unten) zur Gewißheit erhoben.
  9. Ehrhardt, Hochadelsgräber 59–61, 64–67, 70f., 76. Das Grabmal war bereits 1569 geöffnet worden; vgl. ebd. 61.

Nachweise

  1. Baier, Monumenta 1579 (HZAN GA 10 Schubl. 2 Nr. 81) p. [9].
  2. Crusius, Annales Suevici II, lib. VI, 195.
  3. Fleiner/Horn (WLB Cod. hist. F 691) fol. 18v/19r.
  4. Hansselmann, Kurtze Hist. Beschreibung 1732 (HZAN GA 10 Schubl. 2 Nr. 81) p. 45. = HZAN GA 55 (Nachlaß Albrecht) IX. Bü 273 (Abschrift 1830) p. 21.
  5. Hansselmann, Diplomatischer Beweiß 299.
  6. Wibel, Hohenloh. Kyrchen- u. Reformations-Historie I, 40.
  7. J. L. Herwig, Biographische Genealogie (HZAN GA 50 [Nachlässe Herwig] I. 1. Bü 6) p. 17 (nur A).
  8. HZAN GA 55 (Nachlaß Albrecht) II. 7. Bü 103 (Abzeichnung, mehrfach).
  9. HZAN GA 55 (Nachlaß Albrecht) IX. Bü 272 (Öhringen): Inschriften zweimal wiedergegeben.
  10. Albrecht, Stiftskirche Oehringen 48.
  11. Bauer, Stiftskirche Öhringen 274.
  12. OAB Öhringen 109.
  13. Boger, Stiftskirche Öhringen 80f., Taf. I (Abb.).
  14. Karl Franck, Eine fränkische Bildhauerschule vor dem Eindringen der Gotik, in: Zs. für bildende Kunst NF 12 (1901) 259–264, hier: 264 (Abb.).
  15. Weller, Stiftungsurkunde 23 Anm. 85.
  16. Karl Schumm, Das Grabmal der Kaiserinmutter Adelheid, in: Hohenloher Chronik 2 (1954) Nr. 12.
  17. Marianne Schumm, Adelheid, die Gründerin des Chorherren-Stifts, in: Hohenloher Chronik 3 (1955) Nr. 9, 1f.
  18. Decker-Hauff, Öhringer Stiftungsbrief II, 28 (Abb.).
  19. Eberhard Knoblauch, Das Grabmal der Kaiserinmutter. Ein Kunstdenkmal aus der Stauferzeit in der Oehringer Stiftskirche, in: Südwestdeutsche Ztg. 10.8.1963, 16 (m. Abb.).
  20. Knoblauch I/1, 224; I/2, Taf. XXIII, 1–5 (Abb.).
  21. Hohenloher Land. Öhringen, Jagsthausen, Künzelsau, Langenburg (Führer zu vor- und frühgeschichtlichen Denkmälern 24), Mainz 1973, 129 (Abb.).
  22. Wischermann, Romanik in Baden-Württemberg 135 (Abb.), 293.
  23. Öhringen. Stadt u. Stift, Abb. 41.
  24. Marianne Schumm, Adelheid von Öhringen, etwa 970–1041, in: WFr 73 (1989) 7–16, hier: 15 (Abb.).
  25. Erdmann, Stiftskirche Öhringen 16.
  26. Seeliger-Zeiss, Grabmal u. Inschrift 18 (Abb.).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 1 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0000104.