Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 886 Forchtenberg, Hafenmarktgasse 29 (Heimatmuseum Haus Kern) 1649

Beschreibung

Epitaph des Bildhauers Michael Kern III und seiner ersten Frau Christina geb. May. Ursprünglich in der westlichen Mauer des Forchtenberger Friedhofs als drittes Denkmal von Norden, seit 1990 im Museum (ohne Inv.-Nr.)1. Hochrechteckige Platte aus grauem Sandstein. Im oberen Viertel eine von zwei geflügelten Putti gehaltene und von einem Engelsköpfchen bekrönte, als aufgespanntes Tuch gestaltete Kartusche mit eingehauenem Bibelspruch (A). Den größten Teil der Platte nimmt darunter eine Schrifttafel mit zeilenweise eingehauenem Sterbevermerk (B) ein; unten in der Mitte ein Totenschädel und Knochen, flankiert von zwei von Engelsköpfchen bekrönten Wappen. Verwittert, kleinere Ausbrüche an der Oberfläche.

Maße: H. 184,5, B. 88, Bu. 5,5 (A, Kapitalis), 2,6 (A, Fraktur), 4,5–5,7 cm (B).

Schriftart(en): Schrägliegende Kapitalis und schrägliegende Fraktur (A), Fraktur und Humanistische Minuskel (B).

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/5]

  1. A

    ICHa) WILL SATT / WERDEN WEN(N) ICH / ERWACHEa) NACH / DEINEM BILDE2) · / Psalm 17̣ .

  2. B

    Hie ruhet Weiland der Erbare / Michael Kern Bildthawer welcher / A(nn)ob) 1649 den 31 Augustic) in Christod) / See(lig)e) verschide(n) deszgleichen die Tugent=/same Christina geborne Mayin von / Würtzburg sein Eheliche Hauszfrau / welche den 18 tag Augustic) A(nn)of) 1636 / Seelig entschlaffen nach dem Er / 69 Sie aber 48 Jahr gelebt vnd / durch Gottes sege(n)g) 20 Kinder als / 7 . söhn vnd 13 . Töchter miteinander / erzeuget haben · Gott wölle sie Frölich er=/wecken Amen .

Datum: 10. September 1649 n. St.; 28. August 1636 n. St.

Wappen:
Kern3, May4.

Kommentar

Die Fraktur, die etwas steife Humanistische Minuskel und die Kapitalis mit dem charakteristischen zweibogigen E verraten die Hand des Achilles Kern, der die Forchtenberger Werkstatt nach dem Tod seines Vaters weiterführte. Das Formular der Grabschrift weist auffällige Parallelen auf zu der kurz zuvor ebenfalls von Achilles Kern ausgeführten Inschrift auf der Grabplatte für Margaretha von der Margarethen in Neuenstein (nr. 884).

Michael Kern ist als ältester Sohn des Forchtenberger Steinmetzen Michael Kern II († 1634) und der Apollonia Hartmann 1580 geboren5. Das Steinmetzenhandwerk erlernte er wahrscheinlich in der väterlichen Werkstatt, in die Bildhauerlehre ging er von 1597 bis 1601 bei Jakob Müller in Heilbronn, sein Meisterstück legte er 1606 in Würzburg ab. Wohl kurz zuvor hatte er Christina May geheiratet, die vermutlich eine Tochter des würzburgischen Kanzleischreibers Christoph May war. Acht Jahre nach ihrem Tod heiratete er 1644 Barbara Brackenheimer, eine Tochter des vormaligen württembergischen Untervogts zu Vaihingen Tobias Brackenheimer6. Kern, einer der bedeutendsten mainfränkischen Bildhauer der Spätrenaissance, hinterließ ein umfangreiches Oeuvre. Er arbeitete für geistliche und weltliche Auftraggeber beider Konfessionen. 1649 starb er an der Ruhr und wurde am 3. September (13. September n. St.) beerdigt.

Textkritischer Apparat

  1. Anfangsbuchstabe vergrößert.
  2. Das o verkleinert und hochgestellt, als Kürzungszeichen sowohl ein Kürzungsstrich als auch ein Punkt auf der Grundlinie.
  3. Wort in Humanistischer Minuskel.
  4. Der letzte Buchstabe außerhalb des Schriftfelds.
  5. Kürzung durch Doppelpunkt.
  6. Das o verkleinert und hochgestellt.
  7. Kürzung durch Kürzungsstrich und Doppelpunkt.

Anmerkungen

  1. Das bis zu diesem Zeitpunkt unbekannte Grabmal wurde aufgrund der Hinweise der Forschungsstelle Deutsche Inschriften der Heidelberger Akademie der Wissenschaften (Anneliese Seeliger-Zeiss), die im Februar 1990 eine erste Inventarisierung der Forchtenberger Inschriftendenkmäler vornahm, geborgen und ins Museum verbracht.
  2. Ps 17,15.
  3. Merkurstab über geflügelter Kugel.
  4. Maiglöckchen auf Dreiberg.
  5. Taufe am 23. August, vgl. Ev. PfarrA Forchtenberg, Kirchenbuch 1 (1577–1628) (LKA, KB Film 1338), Taufregister zu 1580. Vgl. ausführlich, auch zum Folgenden, Schneider, Michael Kern 11–19, 26–31; dies., Michael Kern III, 33–41. Zur Person ferner: Rauser, Forchtenberger Heimatbuch 23, 153f. (nach Elisabeth Grünenwald); Vera Schneider, Vergleich der Hohenloher Grafen und der Würzburger und Bamberger Fürstbischöfe als Auftraggeber am Beispiel des Bildhauers Michael Kern (1580–1649), in: Hofkunst in Hohenlohe. Beiträge einer Arbeitstagung des Badischen Landesmuseums Karlsruhe, des Bildungshauses Kloster Schöntal und des Historischen Vereins für Württembergisch Franken, hg. v. Harald Siebenmorgen (Forschungen aus Württembergisch Franken 44), Sigmaringen 1996, 87–98.
  6. Angaben zu Brackenheimer nach Pfeilsticker § 2988.

Nachweise

  1. Schneider, Michael Kern III, 41.
  2. Dies., Michael Kern 31 (m. Abb.).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 886 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0088607.