Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 885 Neuenstein, ev. Stadtkirche 1649

Beschreibung

Epitaph für Wolf Heinrich von der Margarethen und seine Frau Anna Margaretha geb. Schenkin von Schmidburg. Innen an der Nordwand des Chors. Unproportionierte Ädikula aus Sandstein; figürlicher Schmuck aus Alabaster, Schrifttafeln aus Schiefer1. Als Bekrönung eine querovale Alabasterkartusche mit Knorpelwerkrahmen, auf der nach vorne gewölbten Fläche der eingehauene Bibelspruch (A). In der Hauptzone Relief mit der Darstellung Christi am Ölberg, seitlich gerahmt von breiten Pilastern und geschweiften Seitenteilen mit geflügelten und fackeltragenden Putti. In beide Pilaster sind Rundbogennischen eingetieft; in der rechten Nische Standfigur der Fides mit Kelch, die linke Nische jetzt leer. Im Sockel zwei vollplastische Vollwappen (mit verstümmelten Helmzierden) und seitlich die kleinformatigen knienden Figuren der Eheleute, die Christus in der Bildszene darüber anbeten. Im hohen halbkreisförmigen Unterhang sind, von Roll- und Knorpelwerk umgeben, zwei gerahmte Schiefertafeln nebeneinander angebracht, darin die eingehauenen und mit Goldfarbe nachgezogenen Sterbevermerke (B) und (C); als unterer konsolenartiger Abschluß ein Engelskopf. Alle Schriftzeilen vorliniert.

Maße: H. ca. 260, B. 125, Bu. ca. 3,0 (A), 1,9–2,3 cm (B, C)2.

Schriftart(en): Schrägliegende Humanistische Minuskel und schrägliegende Kapitalis (A), Fraktur, Humanistische Minuskel und Kapitalis (B, C).

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/5]

  1. A

    Phil : 3 . / VNSER WANDEL IST IM HIM(M)EL , VON / DANNEN WIR AVCH WARTTENa) DES HEILANDS / IESV CHRISTI , DES HERRN , WELCHER VNSERN / NICHTIGEN LEIB VERKLÄREN WV̈RDT , DAS ER / ÄHNLICH WERDE SEINEM VERKLÄRTENb) LEIB3) ·

  2. B

    AN(N)O , 1632 , den , 11 Martijc) / ist in Christo See(lig)d) verschide(n) / der Wol Edel Gestreng WOLFFe) / HEINRICH von der Marga=/reth , Gr(äflicher)d) Hohenl(ohischer)d) Leutenant / Raht vnd Stalmeister alhie , / dessen Leichnam Gott ein / Fröliche Aufferstehung / verleihe , Amen ·

  3. C

    ANNO 1649 , den 23 / Aprilisc) ist in Christo Seelig / verschiden die Wol Edel viel / Ehren vnd Tugentreiche Fraw / ANNA MARGARETHA vo(n) der / Margareth , geborne Schenck=/in von Schmidtberg , deren / Leichnam Gott eine Fröliche / Aufferstehung verleihe / Amen ·

Datum: 21. März 1632 n. St., 3. Mai 1649 n. St.

Wappen:
von der Margarethen4, Schenk von Schmidburg5.

Kommentar

Inschrift (A) ist in einer sehr regelmäßigen, schmal proportionierten schrägliegenden Kapitalis mit markantem Strichstärkenwechsel ausgeführt, deren auffälligstes Merkmal das durchgängig verwendete zweibogige E ist. R hat häufig einen etwas überdimensionierten Bogen, und seine geschwungene Cauda greift gelegentlich am Wortende weit nach rechts aus. Zahlreiche Wörter sind durch Vergrößerung des Anfangsbuchstabens hervorgehoben, ohne daß dabei ein System zu erkennen wäre. Die Schriftformen weisen eindeutig auf die Hand des Forchtenberger Bildhauers Achilles Kern hin. Die etwas steife Fraktur der Inschriften (B) und (C) stammt ebenfalls von ihm. Auch hier kommt in der zur Hervorhebung der Namen verwendeten Kapitalis das charakteristische zweibogige E vor. Die völlig gleichartigen Sterbevermerke (B) und (C) wurden sicherlich gleichzeitig ausgeführt, so daß kein Zweifel daran bestehen kann, daß das gesamte Grabmal erst 1649 und nicht etwa schon nach dem Tod des Ehemanns 1632 geschaffen worden ist6.

Die Grabplatten der beiden Eheleute sind ebenfalls erhalten (nrr. 818, 883).

Textkritischer Apparat

  1. Das zweite T etwas verkleinert unter den Balken des ersten T geschoben.
  2. Der linke Schrägschaft des Ä verkürzt und über den Balken des L gestellt.
  3. Monatsname in Humanistischer Minuskel.
  4. Kürzung durch Doppelpunkt.
  5. Das zweite F aus Platzmangel etwas verkleinert unter den oberen Balken des ersten F geschoben.

Anmerkungen

  1. Ausführliche Beschreibung des Epitaphs: Schneider, Michael Kern 115f.
  2. Die beiden letzten Zeilen von (C) aus Platzmangel kleiner: 1,5 cm.
  3. Phl 3,20–21.
  4. Zwei Helme, die linke Helmzier abgebrochen.
  5. Helm verstümmelt.
  6. So V. Schneider, Michael Kern 116. Ihre Hypothese, der unorthodoxe und unproportionierte architektonische Aufbau des Epitaphs könne auf den in Neuenstein ansässigen Baumeister und Bildhauer Georg Kern zurückgehen, ist hinfällig, da Georg Kern 1649 nicht mehr am Leben war.

Nachweise

  1. Maurer, Kirchengeschichte 35 (nur erwähnt).
  2. Hesler/Taddey, Stadtkirche 9 (nur erwähnt).
  3. Schneider, Michael Kern 115f. (Abb.), 255f. Anm. 633f.

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 885 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0088500.