Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 874 Öhringen, Friedhofskapelle St. Anna 1646, 1665

Beschreibung

Epitaph für Adam Stricker und seine drei Frauen Elisabeth geb. Hettenbach, Apollonia geb. Heydecker und Eva geb. Bauer. Innen an der Nordwand des Chors. Große hölzerne Ädikula, bemalt. Als Aufsatz querrechteckige, von einem Rollwerkgiebel mit – jetzt leerer – ovaler Wappenkartusche bekrönte und von zwei geschnitzten sitzenden Putti flankierte Tafel; im Fries über der Tafel Bibelspruch (A), auf der Tafel Sterbevermerk (B); im Gebälk darunter Bibelspruch (C), alle drei Inschriften gelb auf schwarzem Grund. In der Hauptzone zwischen vorgesetzten Rundsäulen großes Ölgemälde mit Darstellung von Jakobs Traum von der Himmelsleiter: vor einer Berglandschaft im Vordergrund rechts der unter einem Baum schlafende Jakob, von ihm ausgehend die nach links oben in den Himmel führende Engelsleiter, an deren Ende der von einem Strahlenkranz umgebene hebräische Gottesname (D). Auf dem größeren Stein links neben den Füßen Jakobs war eine Malersignatur (E) aufgemalt, die jedoch bereits nach einer Restaurierung des Bildes 1931 nicht mehr zu sehen war1. Auf den Seitenteilen links Adam und Eva unter dem Baum der Erkenntnis, rechts der Schmerzensmann mit Kreuz, oben am Kreuz Titulus (F), unter beiden Darstellungen jeweils in eigens gerahmtem querrechteckigen Feld eine zusammengehörige Versinschrift (G). Im Sockel zwischen den weit vorkragenden Pilasterpostamenten querrechteckige Bildtafel mit Darstellung des Verstorbenen mit seiner Familie in Anbetung des Kruzifixus innerhalb eines sich nach hinten zu einer Berg- und Seenlandschaft hin öffnenden Raumes; oben am Kreuz Titulus (H). Links vom Kreuz der Vater mit elf allesamt durch Sterbekreuzchen über ihren Köpfen als verstorben gekennzeichneten Söhnen, rechts die drei Ehefrauen, die über ihren Köpfen durch mit weißer Farbe aufgemalte Namenbeischriften (I) bezeichnet sind, mit ihren Töchtern: vorn Elisabeth mit vier, dann Apollonia mit fünf und hinten Eva mit vier Töchtern, alle bis auf die dritte Frau und drei der Töchter mit Sterbekreuzchen markiert. Als Unterhang Kartusche mit Sterbevermerken (K), Schrift gelb auf schwarzem Grund. 1931/32 restauriert2, dabei wohl die Inschriften (G) und (K) zumindest stellenweise verfälscht.

Inschrift (E) nach Maisch.

Siehe Lageplan.

Maße: H. ca. 300, B. ca. 175, Bu. ca. 1,2 (A), ca. 2,2 (B), ca. 2,0 (C), ca. 0,5 (F), ca. 2,0 (G), 0,3 (H), 0,5 (I), 2,0 cm (K).

Schriftart(en): Fraktur (A, B, C, G, I), hebräische Schrift (D), Kapitalis (E, F, H), Fraktur und Kapitalis (K).

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/8]

  1. A

    Schlecht vnd recht Das behüte mich Denn ich Harre dein3) Psalm 25

  2. B

    ANNOa) . 1646 . Den 3 . Januarij . ist / Jn Christo Seelig entschlaffen der / Ehrnvest Vnd Weise Herr Adam / Stricker desz Rahts in Öhringen / Seines Alters 62 . Jahr 2 . Wochen / Gott verleie ihm ein fröliche Aufferstehung

  3. C

    Meine Schaff hören meine Stimme , Vnd Jch kene Sie , Vnd Sie folgen Mir , / Vnd Jch gebe Jhnen das Ewige Leben , Vnd Sie Werden nimer mehr Vmbkomen , / Vnd niemand wird Sie mir ausz meiner Hand reissen4) ·b) Johan(n)c) . 10 . vndd) 27 , 28 ·b)

  4. D

    יְ]הוׇׄה]

  5. E†

    HR

  6. F

    I · N · R · I ·

  7. G

    Wie vns nun hat ein / frembde schuld in Adam / all verphönet . //Also hat Vns ein frembde / huld in Christo All ver/söhnet

  8. H

    INRI

  9. I

    Elisabehta .Apolonia .Eua .

  10. K

    ANNO . 1618 . den 14 . Augusti starb die Ehrn Vnd tugentsame Fraw / Elisabehta geborne Hettenbächin Herr Adam Strickers Erste Hauszfraw Jhres / Alters 32 Jahr 34 . wochen ·b) ANNO . 1638 . den 8 . Juni starb die Ehrn / Vnd tugentsame Fraw Apolonioe) geborne Heÿderkeriṇṇf) , Hern Adam / Strickers Andere Hauszfraw Jhres Alters 38 . Jahr . 28 . wochen . / ANNO 〈16 · 65〉 den 〈31 . Julij .〉 starb die Ehrn Vnd tugent=/same Fraw Eua geborne Beürin . Hern Adam Strickers / Dritte Hauszfraw Jhres Alters 〈· 44〉 Jahr / 〈. 3 .〉 Wochen 〈. 2〉 dag . Gott verleihe ihnen / vnd vns Allen ein Frölliche Aufferstehung

Versmaß: Deutsche Reimverse (G).

Datum: 13. Januar 1646 n. St., 24. August 1618 n. St., 18. Juni 1638 n. St., 10. August 1665 n. St.

Wappen:
[Stricker]5.

Kommentar

Der nicht mehr erhaltenen Malersignatur HR zufolge dürfte das Epitaph vom selben (Haller) Künstler gefertigt worden sein wie das vier Jahre zuvor entstandene Rieb-Epitaph (nr. 860). Tatsächlich sind die Schreinerarbeit des architektonischen Rahmens und der Stil der bildlichen Darstellungen sehr ähnlich. Die Fraktur der beiden Grabmäler, besonders die Gestaltung der Oberlängen und der Versalien, weist jedoch kaum Gemeinsamkeiten auf, so daß der Künstler möglicherweise zumindest bei einem der Epitaphien die Schriftausführung nicht selbst übernommen hat.

Adam Stricker, Sohn Adam Strickers d. Ä. († 1587), war wie sein Vater Mitglied der Öhringer Metzgerzunft6. Elisabeth, seine erste Frau, ist 1586 geboren als Tochter des Öhringer Balbierers und nachmaligen Ratsherrn Klaus Hettenbach, die Heirat fand 1608 statt7. Die zweite Frau Apollonia (geb. 1599), die Stricker 1620 heiratete, war eine Tochter des Öhringer Bürgers Hans Heydecker. Sie machte 1635 eine Almosenstiftung. Kurz nach ihrem Tod ging Stricker schließlich seine dritte Ehe mit der erst 17jährigen Eva Bauer, Tochter des 1638 als Ratsherr zu Öhringen bezeugten Michel Bauer, ein. In seinem Todesjahr errichtete Adam Stricker selbst eine weitere Almosenstiftung8.

Textkritischer Apparat

  1. Anfangsbuchstabe als vergrößerter Frakturversal, übriges Wort in Kapitalis.
  2. Liegende Zierranke.
  3. Gesamte Bibelstellenangabe in kleinerem Schriftgrad.
  4. So statt vers.
  5. Sicherlich verrestauriert aus Apolonia.
  6. Anstelle des ersten r ursprünglich sicherlich ein c.

Anmerkungen

  1. Maisch, Aus dem Werk früherer Heimatforscher (KrAHK) 33.
  2. Ebd. 28.
  3. Ps 25,21.
  4. Jh 10,27–28.
  5. Wappenbild verblaßt. Nach Maisch, Aus dem Werk früherer Heimatforscher (KrAHK) 28 war das Wappen 1931 noch erkennbar; demnach „zwei gekreuzte Filet-Stricknadeln, an der einen Nadel hängt ein angefangenes Gestrick. Die beiden Nadeln haben oben ein Nadelöhr zum Einfädeln der Wolle“.
  6. Vgl. ebd. 32.
  7. Ebd. nach Kirchenregistereinträgen; danach auch das Weitere.
  8. Wibel, Hohenloh. Kyrchen- u. Reformations-Historie I, 670; Maisch, Aus dem Werk früherer Heimatforscher (KrAHK) 32.

Nachweise

  1. Maisch, Aus dem Werk früherer Heimatforscher (KrAHK) 28–32.
  2. Birkenstock 83–87 Nr. 75.
  3. Kleinehagenbrock, Grafschaft Hohenlohe 305 (nur erwähnt).
  4. Erdmann, Diareihe St. Anna-Kapelle 25f.

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 874 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0087407.