Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 868† Pfedelbach, ev. Pfarrkirche 1644

Beschreibung

Glocke. Größte Glocke eines (1917) dreiteiligen Geläuts. 1917 von der Glockenabgabe zurückgestellt1; vermutlich im Zweiten Weltkrieg abgeliefert oder bei der Beschädigung der Kirche durch Artilleriebeschuß 1945 zerstört2. Schulterinschrift (A); reiche, nicht näher beschriebene Ornamente an Schulter und Schlag; auf der Flanke Früchtebündel, ein Frosch, ein Salamander sowie ein Wappen mit Beischrift (B). Schriftausführung unbekannt. Die Glocke war offenbar datiert, über die Art der Datierung und den Anbringungsort teilt die Überlieferung jedoch nichts mit.

Inschriften nach den Glockenbeschlagnahmeakten.

Maße: Dm. ca. 106 cm.3

  1. A

    Mein Klang bringt fraid und laidGott dieses von ihm4) wendeUnd jene durch sein Gnadgeb dieser Gemeind ohn Ende

  2. B

    Ludwig Eberhard Graf von Hohenlohe, Herr zu Langenburg

Versmaß: Deutsche Reimverse (A).

Wappen:
Hohenlohe-Langenburg5.

Kommentar

Für die Darstellung des Froschs und des Salamanders auf der Glocke wurden vermutlich Abgüsse nach der Natur angefertigt, wie sie im frühen 16. Jahrhundert in Oberitalien beliebt waren und dann in Süddeutschland vor allem von dem berühmten Nürnberger Goldschmied Wenzel Jamnitzer häufig verwendet wurden6. Auf Glocken ist das Verfahren m. W. nur noch einmal nachweisbar: auf einer Glocke des Waldshuter Gießers Michel Meier von 1624 in Schwaningen (Stadt Stühlingen, Lkr. Waldshut) ist die Figur eines kletternden Froschs angebracht7. An Rotschmiedearbeiten mit (Nachbildungen von?) Naturabgüssen ist das Epitaph Wenzel Jamnitzers von 1585 auf dem Nürnberger Johannisfriedhof mit Darstellung zweier Eidechsen zu nennen8. Die Bestimmung des Gießers der Pfedelbacher Glocke ist noch nicht gelungen.

Ludwig Eberhard Graf von Hohenlohe (1590–1650) aus der Waldenburger Linie wählte nach der Erbteilung mit seinem jüngeren Bruder Philipp Heinrich 1615 Pfedelbach als eine Residenz und begründete hier eine eigene Linie, die 1728 erloschen ist9. Den Glockenguß veranlaßte er wohl in seiner Eigenschaft als Patronatsherr der Pfedelbacher Pfarrkirche.

Anmerkungen

  1. Vgl. LKA, A 26 Nr. 1483,5 (Glockenbeschlagnahme 1917, OA Öhringen), Randbemerkung: „erhalt(en)“.
  2. Der Glockenturm konnte erst 1963/64 instandgesetzt, mit einem neuen Glockenstuhl und neuen Glocken versehen werden; vgl. Pfedelbach 1987, 103.
  3. Angabe nach den Glockenbeschlagnahmeakten.
  4. Wohl auf Klang zu beziehen? Denkbar wäre sonst allenfalls ein Bezug auf den in Inschrift (B) genannten Grafen Ludwig Eberhard.
  5. Nach den Glockenbeschlagnahmeakten handelte es sich um das „Wappen des Stifters“, also wohl um den von Hohenlohe und Langenburg quadrierten Schild.
  6. Zum Aufkommen der Technik des Naturabgusses in Süddeutschland und ihrer Verbreitung vgl. Erik Forssman, Renaissance, Manierismus und Nürnberger Goldschmiedekunst, in: Wenzel Jamnitzer und die Nürnberger Goldschmiedekunst 1500–1700. Goldschmiedearbeiten – Entwürfe, Modelle, Medaillen, Ornamentstiche, Schmuck, Porträts. Eine Ausstellung im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg vom 28. Juni–15. Sept. 1985, München 1985, 1–24, hier: 11–13; ferner grundlegend: Ernst Kris, Der Stil „Rustique“. Die Verwendung des Naturabgusses bei Wenzel Jamnitzer und Bernard Palissy, in: Jb. d. Kunsthistorischen Sammlungen in Wien NF 1 (1926) 137–208, Taf. XXII.
  7. Dt. Glockenatlas Baden Nr. 2279.
  8. Vgl. Kat. Wenzel Jamnitzer (wie Anm. 6) 413f. nr. 526 (m. Abb.).
  9. Vgl. Eur. Stammtaf. NF XVII, Taf. 15; Pfedelbach 1987, 26–29.

Nachweise

  1. LKA, A 26 Nr. 1483,5 (Glockenbeschlagnahme 1917, OA Öhringen).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 868† (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0086809.