Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 867† Forchtenberg, beim Brückentor 1644

Beschreibung

Kritzelinschrift. Spottschrift an der Gartentür des „beim brückhen thor“ gelegenen Anwesens von Keller Christoph Binnickher. Die Kritzelei wurde am 19. Mai (a. St.) 1644 entdeckt und bestand aus einem „mit grossen Lateinischen buchstaben durch Kohlen signirt(en)“ Namen „vnnd darauff ein galgen mit rötel gemacht“.

Inschrift nach HZAN We 20 S 13 Fasz. 123.

Schriftart(en): Kapitalis.

  1. HERR KELLERa)

Kommentar

Die Kenntnis der Kritzelei verdanken wir einem Schreiben des Kellers Christoph Binnickher an den gräflich hohenlohe-neuensteinischen Vormundschaftsrat und Kanzleidirektor Wolfgang Textor vom 21. Mai 1644, in dem er den Unfug zur Anzeige brachte1. Der Kritzelei verdächtigt wurde Johann Georg Kern (1623–1698), ein Neffe Michael Kerns II („seineß Bruederß2 Sohn von Coblentz“), der sich zu dieser Zeit gerade bei dem Forchtenberger Bildhauer als Geselle aufhielt. Den Hinweis gab der Torwart des Neuen Tors. Der junge Kern habe „edlich Gemähl bey dem Newen thor angefangen, unnd mit Kohlen auch Räumen [d. h. Reime] angeschrieben, welche Buchstaben sich mit denen“ an der Gartentür „nach manniglichß Judicio gantz vergleichen“. Binnickher ludt den Übeltäter vor und ließ ihn, nachdem dieser die Kritzeleien am Stadttor zugegeben hatte, ins „Narrenhauß“ stecken. Da Kern allerdings leugnete, auch die beleidigenden Schmierereien an der Gartentür ausgeführt zu haben, obwohl „alle Bürger, auch seine freünd selbsten darfür halten, eß seyhen die Buchstaben am thor … unnd garten thuer von einer hand gemacht“, beauftragte Textor drei unparteiische Gerichtspersonen, in Forchtenberg Erkundigungen einzuholen. Sie sollten in Erfahrung bringen, um welche Art von Gemälden und Reimen am Brückentor es sich handelte, und zur Dokumentation davon Abschriften und einen „Abriß“ anfertigen3. Die Untersuchung verlief freilich im Sand, „weiln die andre schrifften [am Tor] interim außgelöscht worden“4. Ihr Wortlaut und Inhalt ist somit nicht überliefert.

Textkritischer Apparat

  1. Wiedergabe der Inschrift in den Akten in Minuskeln.

Anmerkungen

  1. HZAN We 20 S 13 Fasz. 123 („Acta Eine an des Kellers garttenthür mit Kohlen und röthel gemachte schmähliche pictur und Schrifft, und deßwegen uf des bildhauer Kerns brudern Sohn von Coblentz geworffenen Verdacht betr.“). Vgl. Herta Beutter, Der Streit um eine „schmehliche Pictur und Schrifft“ des Johann Georg Kern in Forchtenberg, in: Leonhard Kern (1588–1662). Neue Forschungsbeiträge, hg. v. Harald Siebenmorgen (Kataloge des Hällisch-Fränkischen Museums Schwäbisch Hall 2-Suppl.), Sigmaringen 1990, 81–83; ferner Schneider, Michael Kern 22. Erster kurzer Hinweis auf den Vorgang in Rauser, Forchtenberger Heimatbuch 153, allerdings mit vielfach ungenauen Angaben, so u. a. mit der falschen Datierung ins Jahr 1622.
  2. Peter II Kern, Bildhauer in Koblenz; zu ihm vgl. Gustav Gellichsheimer, Der Koblenzer Bildhauer Peter Kern (1594–1638), in: WFr 68 (1984) 113–138; ebd. 138 die Lebensdaten Johann Georgs (Gregors).
  3. HZAN We 20 S 13 Fasz. 123, Konzept eines Schreibens von Textor vom 21. Mai 1644.
  4. Ebd., Rückvermerk des Konzepts: „Ist zwar außgeferttiget, aber weither nichts verhandelt worden …“.

Nachweise

  1. HZAN We 20 S 13 Fasz. 123.
  2. Beutter (wie Anm. 1) 82.

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 867† (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0086702.