Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 856(†) Neuenstein, ev. Stadtkirche 1641

Beschreibung

Sarg des Grafen Kraft VII. von Hohenlohe. In der Gruft vor der östlichen Stirnwand, zu etwa zwei Dritteln im Boden versenkt und mit einem Tischgrabmal (nr. 856) überbaut. Trapezförmiger Zinnsarg mit schrägen Seitenwänden. Die derzeitige Aufstellung und der sehr schlechte Zustand des Sargs erlauben keine Aufnahme der Inschriften. Das Metall ist an der Oberfläche angegriffen und stark verschmutzt, so daß von den Inschriften und dem Wappenschmuck nichts mehr zu erkennen ist. Auf den beiden Längsseiten befanden sich je acht (in der Überlieferung nicht einzeln benannte) Ahnenwappen, an nicht näher beschriebener Stelle – vermutlich an der vorderen Schmalseite? – ein „anderes“ Wappen, also wohl das Vollwappen des Verstorbenen. Auf der Oberseite des Deckels war am Kopfende ein Bibelspruch (A) aufgemalt, darunter ein eingravierter Kruzifixus mit zugehörigem Bibelvers (B), schließlich ein lateinischer Spruch (C). Auch auf der linken Seitenfläche des Sargs waren über den acht Wappen zuletzt noch zwei Bibelsprüche (D, E) zu lesen, die restlichen Inschriften – vermutlich ebenfalls Bibelzitate – waren unleserlich und sind nicht überliefert. An unbekannter Stelle (an einer der Schmalseiten?) muß außerdem ein lateinischer Sterbevermerk (F) angebracht gewesen sein, von dem jedoch nur der Name des Verstorbenen überliefert ist.

Inschriften (A)–(E) nach HZAN GA 55 II. 7. Bü 101, Inschrift (F) nach Pfarrbeschreibung Neuenstein.

  1. A

    Römer 14, Vers 8.Leben wir, so leben wir dem Herrn, sterben wir, so sterben wir dem Herrn; darum wir leben oder sterben, so sind wir des H(errn)1).

  2. B

    Johan(n)is 3, Vers 16.Also hat Gott die Welt geliebet, dasz er seinen eingebohrnen Sohn gab; auf dasz alle die an ihn glauben nicht verlohren werden, sondern das ewige Leben haben2).

  3. C

    Credo vivere, spero resurgere; /Depositus in spem resurrectionis, /Et totus veniam nec me vel dente, / Vel unguefraudatum revomet / Patefacti fossa sepulcri !3)

  4. D

    Hiob 19, Vers 25, 26 (etc.). Jch weisz, dasz mein Erlöser lebt, u(nd) er wird mich hernach aus der Erden auferwecken. Und werde darnach mit dieser meiner Haut umgeben4) (etc.)

  5. E

    2. Timotheum 1, Vers 12. Jch weisz, an welchen ich glaube, u(nd) bin gewisz, dasz er kan(n) mir meine Beylage bewahren bis an jenen Tag5).

  6. F

    [– – –] Crato Magnus [– – –]

Übersetzung:

Ich glaube, daß ich lebe, ich hoffe aufzuerstehen; ich bin beigesetzt in der Hoffnung auf Auferstehung, und ich werde vollständig zurückkommen, und die Grube des geöffneten Grabes wird mich wieder von sich geben, ohne daß mir auch nur ein Zahn oder ein Nagel fehlen wird. (C) – (…) Kraft der Große (…). (F)

Versmaß: Hexameter (C, ab Zeile 3).

Kommentar

Weder aus der Beschreibung noch aus dem heutigen Befund läßt sich erschließen, in welcher Schriftart die Inschriften ausgeführt waren, doch wird man für die deutschsprachigen Bibeltexte sicherlich mit einer Fraktur rechnen dürfen.

Kraft VII. ist 1582 geboren als dritter Sohn des Grafen Wolfgang von Hohenlohe († 1610) und der Magdalena geb. Gräfin von Nassau-Dillenburg6. Nach gründlicher Schulausbildung in Weikersheim ging er 1595 als Edelknabe an den kursächsischen Hof nach Dresden7, es folgte 1602 bis 1600 die Kavalierstour in Frankreich und von 1603 bis 1607 Kriegsdienst im kaiserlichen Heer in Ungarn. 1608 trat er als Reiteroberst in württembergische Dienste und wurde drei Jahre später zum Generalleutnant und zum Vorsitzenden des herzoglichen Kriegsrats befördert. Anläßlich der Kaiserkrönung Matthias’ in Frankfurt erhielt Kraft 1612 den Ritterschlag. 1615 heiratete er in Neuenstein Sophia Pfalzgräfin bei Rhein aus der Linie Birkenfeld. Nach Ausbruch des Dreißigjährigen Kriegs nahm Kraft zusätzlich zu seiner württembergischen Bestallung Dienst bei der Evangelischen Union. Als einziger der hohenlohischen Grafen, der während des Krieges in der Heimat blieb, trug er die alleinige Last der Besitzverteidigung. Der württembergische Dienst endete nach dem Tod Herzog Johann Friedrichs 1628. Von Februar 1632 bis September 1633 hatte Kraft dann das Amt des schwedischen Generalstatthalters und Oberkommandeurs im Fränkischen Reichskreis mit Sitz in Würzburg inne. Nach der Schlacht von Nördlingen mußte er mit seiner Familie nach Straßburg fliehen, konnte aber 1635 zurückkehren und wurde wieder in seine Grafschaft eingesetzt. Bis zur Wiederherstellung des geplünderten Neuenstein bezog er in Nördlingen Quartier. Zur Verfolgung der hohenlohischen Interessen reiste der Graf im November 1641 zum Reichstag nach Regensburg, wo er schwer erkrankte. Nachdem Kuren keine Besserung brachten, erlitt er Ende August 1641 einen Schlaganfall und starb am 11. September. Der Leichnam wurde nach Neuenstein überführt, wo er am 28. September ankam und am 19. November in der Stadtkirche beigesetzt wurde. Graf Kraft war der erste, der in der neu angelegten Gruft unter dem Chor seine letzte Ruhe fand.

Anmerkungen

  1. Rö 14,8.
  2. Jh 3,16.
  3. Verkürzt nach Prudentius, Liber Apotheosis, V. 1065–1068: „Et totus veniam: nec enim minor aut alius, quam / Nunc sum, restituar: vultus, vigor, et color idem, / Qui modo vivit, erit; nec me vel dente vel ungue / fraudatum revomet patefacti fossa sepulcri“. Ed. Maurice P. Cunningham (Corpus Christianorum, Series Latina 126), Turnhout 1966, 114.
  4. Hi 19,25–26.
  5. 2 Ti 1,12.
  6. Vgl. Eur. Stammtaf. NF XVII, Taf. 6.
  7. Zur Person vgl. Fischer II/1, 230–255; Herman Niethammer, Kraft VII. Graf von Hohenlohe-Langenburg. Herzoglicher Generalleutnant und Oberkommandeur in Württemberg, später Generalstatthalter des Fränkischen Kreises im Dienste Schwedens 1582–1641, in: Schwäbische Lebensbilder 3 (1942) 236–247. Danach auch das Folgende.

Nachweise

  1. HZAN GA 55 (Nachl. Albrecht) II. 7. Bü 101: Gruft Stadtkirche Neuenstein, Verzeichniß der Hochgräflichen Leichname welche sich in der Neuensteiner Gruft befinden (1. H. 19. Jh.?), (nur A–E).
  2. LKA A 29 Nr. 3137, Pfarrbeschreibung für die Stadtpfarrei Neuenstein 1905, p. 61 (nur F).
  3. Maurer, Kirchengeschichte 21 (nur erwähnt).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 856(†) (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0085609.