Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 855† Kloster Schöntal (Gde. Schöntal), Kloster, Klosterkirche 1640

Beschreibung

Tafel mit Gedenkinschrift. An der Westfassade der alten Kirche über dem 1640 vergrößerten Haupteingang; beim Neubau des Langhauses im 2. Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts vermutlich beseitigt. Nähere Ausführung unbekannt.

Inschrift nach Müller/Stöcklein.

  1. Ad perpetuam Dei laudem et gloriam, in honorem et memoriam S(anctae) Dei Genitricis et V(irginis) Mariae, hoc Speciosae Vallis Monasterium Ord(inis) Cisterciensis fundavit Wolframus Baro de Bebenburg, et sub Herwico Abbate habitum induit Conversorum A(nn)o 1157. Adrian(o) P(a)P(a) IV. Friderico I. Imperat(ore) Lamberto1) VI. S(acri) Ordinis Generali.quod Mon(aste)rium à Deo et B(eata) V(irgine) Maria sub 44. Abbatibus, maximè sub B(eato) P(atre) Richalmo V. Abbate, continuis et saepè miraculosis favoribus, ab Alexandro III. aliisq(ue) S(anctis) P(apis)a) et Urbano VIII. varijs exemptionibus et privilegijs Imperatorum, ac pijs Benefactorum legatis cumulatum, Congregationi S(ancti) Bernardi Superioris Germaniae A(nn)o 1624. unitum, et à Ferdinando III. post triennalem desolationem anno 1634. restitutum est.Posita haec memoria Anno / MDCXLb).

Übersetzung:

Zum fortwährenden Lob und Ruhm Gottes, zur Ehre und zum Gedächtnis der heiligen Gottesmutter und Jungfrau Maria hat dieses Schöntaler Kloster des Zisterzienserordens Wolfram Freiherr von Bebenburg gegründet, und unter Abt Herwig zog er den Konversenhabit an im Jahr 1157, als Hadrian IV. Papst, Friedrich I. Kaiser und Lambert der sechste General(abt) des hl. Ordens war. Dieses Kloster ist von Gott und der seligen Jungfrau Maria unter 44 Äbten, und besonders unter dem seligen Vater Richalm, dem fünften Abt, mit andauernden und oft wunderbaren Gunstbezeugungen, von Alexander III. und anderen heiligen Päpsten sowie von Urban VIII. mit mannigfaltigen Exemtionen, mit Privilegien der Kaiser und mit frommen Schenkungen von Wohltätern überhäuft, im Jahr 1624 der Oberdeutschen Kongregation des hl. Bernhard angeschlossen und von Ferdinand III. nach dreijähriger Verödung im Jahr 1634 wiederhergestellt worden. Dieses Denkmal wurde gesetzt im Jahr 1640.

Kommentar

Die Inschrift ist ein Dokument der wiedererlangten Funktionsfähigkeit des Klosters Schöntal nach der schwierigen Phase in den 30er Jahren des 17. Jahrhunderts. In ihr wird sowohl die lange Tradition des Klosters hervorgehoben als auch die Ereignisse in jüngster Zeit, die den derzeitigen Rechtsstatus begründeten. Als Gründungsjahr des Klosters wird in der Inschrift kurzerhand das Jahr der kaiserlichen und bischöflichen Gründungsbestätigung 1157 angesetzt2 und wird der Klostereintritt des Stifters Wolfram von Bebenburg in dasselbe Jahr gelegt. Die angegebene Zahl der 44 Schöntaler Äbte beruht auf einer Abtsliste, die aufgrund der regen Klostergeschichtsforschung und ‑chronistik unter Abt Haan (Bartholomäus Kremer, Angelus Hebenstreit) bedeutend erweitert werden konnte gegenüber der Zählung, die noch den Inschriften auf den Abtsgrabplatten des 15. Jahrhunderts zugrundegelegt war3. Der als selig verehrte Abt Richalm ist urkundlich 1219 bezeugt4, seine Amtszeit wird in der Schöntaler Chronistik mit 1216–1219 angegeben. Der durch namentliche Nennung hervorgehobene Papst Alexander III. (1159–81) hatte der Klostergründung 1176/77 die päpstliche Bestätigung erteilt und damit die Serie der für Schöntal ausgestellten Papsturkunden eröffnet. Zur Betonung dieser Tradition der päpstlichen Vergünstigungen wird zuletzt der 1640 regierende Papst Urban VIII. (1623–44) aufgeführt. Mit dem erwähnten Anschluß Schöntals an die zur Hebung der Ordenszucht 1618 gegründete und 1623 vom Generalkapitel bestätigte Oberdeutsche Kongregation des Ordens5, die von 1618 bis 1647 unter der Leitung des Abts Thomas Wunn von Salem als Praeses stand, endete faktisch das Paternitätsverhältnis Schöntals zu dem Mutterkloster Kaisheim. Insofern verkündet die Inschrift auch einen neuen ordensinternen Rechtsstatus des Klosters. Schließlich gedenkt sie der kaiserlichen Restitution, die der zeitweiligen Aufhebung des Klosters während der schwedischen Besatzungszeit im Dreißigjährigen Krieg 1631–34 ein Ende machte6. Die Schweden hatten Schöntal dem Grafen Kraft von Hohenlohe geschenkt, in dieser Zeit war der evangelische Gottesdienst eingeführt worden, und für kurze Zeit hatte eine Gräfin von Hohenlohe als „Äbtissin von Schöntal“ im Kloster residiert7.

Textkritischer Apparat

  1. Befund: SS. PP.
  2. Die Jahreszahl war der handschriftlichen Überlieferung zufolge offenbar in größerem Schriftgrad in eine eigene Zeile gesetzt.

Anmerkungen

  1. Lambert, 1154 Abt von Morimond, anschließend Abt von Cîteaux 1155–1161 (abgedankt), † 1163; vgl. Gallia christiana in provincias ecclesiasticas distributa …, opera et studio Dionysii Sammarthani, ed. altera, labore et curis Pauli Piolin, T. IV, Parisiis Bruxellis 1876, Sp. 816, 986f.
  2. Zur Frühgeschichte des Klosters vgl. Meyer-Gebel, Zu Gründung u. Anfängen, passim; Rückert, Adelsstiftung, passim. Zu Wolfram von Bebenburg vgl. sein Grabmal nr. 33.
  3. Zuletzt auf den wohl um 1470–80 entstandenen Grabplatten der Äbte Konrad II. († 1371) und Heinrich Höfling († 1445): nrr. 90, 91.
  4. Rückert, Adelsstiftung 34.
  5. Vgl. Karl Becker, Salem unter Abt Thomas I Wunn und die Gründung der oberdeutschen Cist.-Kongregation. 1615–1647, in: Cistercienser-Chronik 48 (1936) 137–145, 161–179, 205–218, 230–239, 261–270, 294–306, 328–337; hier bes. 233–239, 261–267.
  6. Kaiserliches Restitutionsedikt, ausgestellt in Boxberg 1634 Okt. 6; vgl. OAB Künzelsau 801.
  7. Ebd. 800.

Nachweise

  1. Müller/Stöcklein (WLB Cod. Don. 600) fol. 26v.
  2. Klaiber, Kloster Schöntal 91.
  3. Kdm. Künzelsau 279 (nur erwähnt).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 855† (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0085502.