Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 806 Dörzbach, ev. Pfarrkirche 1630

Beschreibung

Altarretabel mit Stifterinschrift des Sebastian Sproty. Vom Hochaltar der Kapelle St. Wendel zum Stein; seit einigen Jahren provisorisch im Chor der Pfarrkirche gelagert. Kalkstein, drei Werkstücke. Als Bekrönung (jetzt separat gelagert) ein von Knorpelwerk und Voluten gerahmtes Rundmedaillon mit Relief Gottvaters, darunter am Gesims die Taube des Hl. Geistes; in der Hauptzone die fast vollplastische Darstellung des Gekreuzigten, umgeben von vier geflügelten Putti mit Blutkelchen, unter dem Kreuz kniend rechts die hl. Maria Magdalena mit Rauch(?)gefäß, links der Stifter in voller Rüstung und mit Feldbinde1, den federgeschmückten Visierhelm vor sich abgestellt; oben am Kreuz Titulus (A) in beiderseits eingerolltem Schriftband; am Fuß des Kreuzes Vollwappen. Im Sockel querovale Schriftkartusche mit einfachem Knorpelwerkrahmen, sechszeilig eingehauene Stifterinschrift (B). Stark bestoßen, große Teile der Figuren abgeschlagen (Kopf und Beine des Gekreuzigten, Beine der Putti, Köpfe und Hände der knienden Figuren). Das Bildwerk war im 19. Jahrhundert „übertüncht“2, der Anstrich wurde aber mittlerweile entfernt.

Maße: H. (Gesamt) 120, B. 59, Bu. 1,9 (A), 1,5–1,7 cm (B)3.

Schriftart(en): Kapitalis.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/3]

  1. A

    INRI

  2. B

    DER WOHL EDEL GESTRENG SEBASTI=/AN SPROTI . DER ZEIT VNDER HERN OBRIST / SCHÖNBERGISHE(M) REGIM(ENT)a) BEŸ HERN OBRIST / LEVTENAMPTS COMPAGNI CORNET . HAT DIS / WERCK AVF SEIN COSTEN HIEHER / FERTIGEN LASEN . ANNO 1630 .

Wappen:
Sproty4.

Kommentar

Der Altar ist wahrscheinlich ein Werk des Forchtenberger Bildhauers Michael Kern III5. Auffälligste Schriftmerkmale der Kapitalis sind die vergrößerten Anfangsbuchstaben, die – häufig sehr steil gestellte – prägnant geschwungene Cauda des R, I mit großem viereckigem Punkt und E mit deutlich verkürztem Mittelbalken. Der untere Balken des Z ist geschwungen. Die Schriftausführung ist, etwa im Vergleich mit der Inschrift des im selben Jahr entstandenen Johannesaltars in der Schöntaler Klosterkirche (nr. 807), wenig sorgfältig.

Der Stifter gehörte als Kornett (Fähnrich) dem kurbayerischen Regiment Schönberg zu Pferd an. Das Reiterregiment war 1619 als würzburgisches Regiment Herzelles aufgestellt worden. Regimentsinhaber war ab 1622 Otto Friedrich Freiherr von Schönberg. Nach der Abdankung durch Würzburg wurde die Einheit 1624 von Kurbayern übernommen. Der in der Dörzbacher Inschrift als der Inhaber der Kompanie, der Sproty angehörte, genannte Obristleutnant war Maximilian von Billehe6, der nach dem Tod Schönbergs in der Schlacht von Breitenfeld (7. Sept. 1631) neuer Regimentschef wurde. Billehe war 1630 noch Obristwachtmeister und scheint in diesem Jahr zum Obristleutnant befördert worden zu sein. Das Regiment hielt sich von 1627 bis zum Beginn des Jahres 1631 in Franken und Schwaben auf, es bestand 1630 aus neun Kompanien und etwa 900 Mann7. Die Korporalschaft des Kornetts Sproty war für längere Zeit von 1627 bis 1629 in den hohenlohischen Ämtern Hollenbach und Weikersheim, Sproty selbst in Hohebach einquartiert8. Eine wohl erst im 19. Jahrhundert entstandene Sage über das vorliegende Altarbild9 entbehrt jeder historischen Grundlage.

Textkritischer Apparat

  1. Kürzung durch Doppelpunkt.

Anmerkungen

  1. Dem Faltenwurf zufolge sicherlich keine geschulterte „Fahne“ (Kdm. Künzelsau 127), auch wenn der militärische Rang des Stifters dies nahelegen könnte.
  2. Vgl. OAB Künzelsau 506.
  3. Die Anfangsbuchstaben der Namen, Titel und Rangbezeichnungen sind vergrößert.
  4. Linksgewendet. Männerkopf mit Stirnbinde im Profil; Helmzier: sechsstrahliger Stern zwischen Flug.
  5. So auch Kdm. Künzelsau 127 und Dienel, Werke der Künstler Kern V, in: Mitt. d. Stadt Forchtenberg 3 (1974) Nr. 23. Schneider, Michael Kern 24 u. 49, schreibt den Altar dagegen Christoph Büchner, einem Schüler Kerns, zu, der den Prozessionsaltar in Eussenheim (Main-Spessart-Kreis) und das Portal des ehem. Ebracher Amtshofs in Mainstockheim (Lkr. Kitzingen, 1624) geschaffen haben soll. Da beide Werke keine Inschriften tragen, kann von epigraphischer Seite kein Vergleich mit dem Dörzbacher Altar angestellt werden.
  6. Vgl. Kleinehagenbrock, Grafschaft Hohenlohe 112.
  7. Das Regiment lag 1630/31 in Forchtenberg im Quartier; vgl. Schneider, Michael Kern 30. Alle übrigen Angaben zum Regiment nach Tessin I, 82, 332; II (Microfiche-Ed.) s. v. „Schönberg“; III, 307. Das Regiment, zuletzt ab 1635 Leibregiment des Herzogs von Lothringen, wurde 1638 aufgelöst. Vgl. auch Karl Zimmermann, Die Schönburger Reuter in Franken Anno 1627, nach Quellen berichtet, Marktbreit 1929. Zum Quartier des Obristwachtmeisters von Billehe 1628 im Amt Kirchheim vgl. u. a. HZAN La 30 Bü 1016–1018, 1022, 1023. 1631 wird Billehe in den Akten erstmals als Obristleutnant bezeichnet: HZAN La 30 Bü 1027.
  8. Vgl. Kleinehagenbrock, Grafschaft Hohenlohe 112f. m. Anm. 78 (mit Angabe der diesbezüglichen Akten im HZAN).
  9. Vgl. Rauser, Dörzbacher Heimatbuch 210 (nach einer anonym veröffentlichten Novelle im Kocher- und Jagstboten von 1899).

Nachweise

  1. Schönhuth, Kapelle St. Wendel 99.
  2. Ders., Burgen … Württembergs 1, 2. Aufl., 122.
  3. OAB Künzelsau 505f.
  4. Kdm. Künzelsau 127.
  5. Dienel, Werke der Künstler Kern V, in: Mitt. d. Stadt Forchtenberg 3 (1974) Nr. 23.
  6. Hohenloher Chronik 22 (1974) Nr. 2, IIIf. (nach Schönhuth).
  7. Rauser, Dörzbacher Heimatbuch 96 (nach Kdm.), 210.
  8. Schneider, Michael Kern 24 (Abb.).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 806 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0080609.