Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 73: Hohenlohekreis (2008)
Nr. 777 Neuenstein, Schloß, Hohenlohe-Museum 1627
Beschreibung
Epitaph des Wilhelm Konrad von Ragewitz. Ursprünglicher Standort nach Ausweis der dort noch erhaltenen Grabplatte Ragewitz’ (nr. 778) in der Öhringer Stiftskirche; jetzt im Treppenhaus des südwestlichen Treppenturms des Neuensteiner Schlosses. Hochrechteckige, bemalte Holztafel. Schwarze Grundierung; oben vierzeiliger Sterbevermerk (A); darunter seitlich je vier Vollwappen einer Achtahnenprobe, jeweils mit darübergesetzten Namenbeischriften (F); in der Mitte der Tafel zwei große Vollwappen nebeneinander, darüber die zugehörigen Nameninitialen (C1, C2); über dem Wappenpaar Bibelspruch (B), unter den Wappen in zwei Spalten nebeneinander zwei weitere Bibelsprüche (D, E). Alle Inschriften mit Goldfarbe aufgemalt, stellenweise stark verblaßt und offenbar zumindest teilweise bei einer Restaurierung nachgezogen. Auf der Tafel sind zwei gekreuzte Degen1 des Verstorbenen befestigt, außerdem unten in der Mitte ein Sporenpaar mit Riemen. In der Mittelachse muß eine weitere Waffe – vermutlich ein schwerer Reitersäbel – befestigt gewesen sein, da die Inschriften (A) und (B) jeweils in der Mitte der Zeilen unterbrochen sind, mithin auch nach Anbringung der Waffe vollständig lesbar waren. Oben in der Mitte sind Reste der Befestigungsvorrichtung für diese Waffe erhalten.
Maße: H. 129, B. 84,5, Bu. 2,2 (A)2, 1,6 (B), 2,2 (C), 1,0–1,2 (D, E)3, 1,0 cm (F).
Schriftart(en): Fraktur und Kapitalis (A), Fraktur (B, D, E), Kapitalis (C, F).
- A
Annoa) . (et)c(etera) · 1627 den · //b) 26 · Martij . ist der / Wohl Edele , Gestrennge , Wilhehm // Conrad vonn Ragewitz , / Gräfenlicher Hohenloischer gemainer // CAPITAIN , der Statt Öhringen . / in Gott Christlich vnd seelig enntschlaffen , Seines allters inn das 40 Jar
- B
Er ist gestorben vnd sein // Leben ist verborgen / mit Christo dem Herren // inn Gott , Wenn aber / Christus der Herr sein // Leben sich offenbahren , / wird , denn wird er auch // offenbar werden mit Jhm / inn der Herrligkeit4) , zun // Colossern am : 3 ·
- C1
W(ilhelm) · C(onrad) · V(on) · R(age) · W(itz)
- C2
R(osina) · M(aria) · V(on) · N(ancken) · R(euth) · S(eine) · H(aus)F(rau)c) ·
- D
Jcha) habe einen guten / Kampf gekampft , ich hab den lauf / vollend , ich habe glauben gehalt=/en , Hinfort ist mir beygelegt / die Kron der Gerechtigkeit , welche / mir der Herr , der gerechte Richter / an ienem Tag geben wird nicht / mir aber allein , sundern avch / allen , die Sein Erscheinung / lieb haben5) Timoth : / am · 4 ·
- E
Ziona) sprichtt . , der Herr / hat mich uerlassen , der Herr hatt / mein vergessen Kan(n) auch ein / Weib ihres Kinndes vergessen , / das sie sich nicht erbarme über / den Sohn ihres Leibes , vnd ob / sie desselbigen vergesse , so hab / ich doch dein nit vergessen / Sihe , in die Hennde habe Jch / dich gezeichnet6) Esaie / am · 49 Capittell .
- F
· V(ON) · RAGEWITZ · DIE · SENFT . V(ON) : / SVLBVRG · · V(ON) · BERNSTEIN · D[– – –]d) / Z(V) · KECKHEIM · · V(ON) · DOMISCH · · V(ON) · BRVCK · · V(ON) · WINTER · / STETEN · · V(ON) · SCHROTZ/BERG ·
Datum: 5. April 1627 n. St.
Ragewitz7, Nanckenreuth; | |
Ragewitz7 | Senft |
Bernstein8 | Keck9 |
Domisch10 | Bruck11 |
Winterstetten12 | Schrozberg. |
Textkritischer Apparat
- Erste Zeile in größerem Schriftgrad.
- Längere Unterbrechung der Inschrift. An dieser Stelle war vermutlich der Säbelkorb befestigt; vgl. oben.
- HF in Nexus litterarum.
- Der gesamte Eintrag jetzt völlig verblaßt, aber noch schwach in Konturen erkennbar.
Anmerkungen
- Solinger Klingen nach Ausweis der eingepunzten Herkunftsangabe SOLINGEN.
- Erste Zeile: 3,0 cm.
- Erste Zeile jeweils: 2,2 cm.
- Nach Kol 3,3–4.
- 2 Ti 4,7–8.
- Jes 49,14–16.
- Linksgewendet. In Rot ein oberhalber silberner Gamsbock; Helmzier: der Gamsbock wachsend.
- Linksgewendet. In Silber ein aufgerichteter schwarzer Bär; Helmzier: der Bär wachsend über einer Helmkrone.
- In Silber ein blauer Schrägbalken, der Figur nach belegt mit drei goldenen Mondsicheln; Helmzier: mit dem Schildbild bezeichneter Flug; vgl. Alberti 391. Auf Ragewitz’ Grabplatte (nr. 778) stattdessen das Wappen der Greck von Kochendorf.
- Linksgewendet. Rot-silber geteilt, darin eine naturfarbene rechte Hand; Helmzier: die Hand zwischen zwei rot-silber geteilten Büffelhörnern; vgl. Siebmacher Si1, 156.
- In Gold eine schräggelegte rote Glevenspitze; Helmzier: über einer Helmkrone ein roter (?) Hirschrumpf. Abweichende Helmzier (Hirsch wachsend und mit goldenem Geweih) in Siebmacher Si1, 61.
- Silber-gold (?) geteilt, oben ein aus der Teilungslinie wachsender schwarzer Mühlstein; Helmzier: der halbe Mühlstein.
Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 777 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0077703.
Kommentar
Die nach rechts gebogenen Oberlängen der Fraktur sind häufig von halbrunden Zierbögen überfangen. Auffälligstes Schriftmerkmal sind die deutlichen Unterbrechungen der Schäfte von f, t und J-Versal durch den jeweiligen Balken, ferner die durch eine Schleife miteinander verbundenen Oberlängen von Doppel-f und verdoppeltem langen s. Ganz ähnliche Schriftformen und auch eine vergleichbare Gestaltung der Versalien zeigt eine elf Jahre zuvor entstandene Inschrift in Waldbach (nr. 674), die möglicherweise vom selben Maler ausgeführt wurde. Zu Wilhelm Konrad von Ragewitz vgl. nr. 778.