Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 727 Waldenburg, ev. Stadtkirche 1622

Beschreibung

Grabplatte des Johann Ernst Grafen von Hohenlohe. Ursprünglich vermutlich im Fußboden des Chors; seit der Kirchenrenovierung von 1972/73 im ersten Obergeschoß des Turms, auf der Empore als erster Stein von Osten an der Nordwand. Sandstein. Umschrift (A) zwischen profilierten Randleisten; im geteilten Mittelfeld oben zwei reliefierte Vollwappen in eingetieftem ovalen Feld; in den Bogenzwickeln die erhaben gehauenen Ziffern des Herstellungsjahres (B); in der unteren Hälfte eine von Roll- und Knorpelwerk gerahmte Tafel mit Bibelspruch (C). Das Knorpelwerk im oberen Rahmen der Schrifttafel ist als Fratze gestaltet, unter der Tafel ein Engelskopf. Der Mittellängenbereich der Inschriften (A) und (C) ist durch Hilfslinien vorgeritzt. Ränder stellenweise ausgebrochen; keine Abtretungsspuren.

Maße: H. 144, B. 79, Bu. 2,5–2,7 (A), 2,8–3,0 (C), Zi. 5,0–7,2 cm (B).

Schriftart(en): Fraktur, Kapitalis und Humanistische Minuskel mit Frakturelementen (A), Fraktur und Humanistische Minuskel mit Frakturelementen (C).

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/2]

  1. A

    AN(N)Oa) · 1622 · den · 7 · octobrisb) morgens zwischen · / 5 · vnd · 6 · vhr Jst in die welt geboren der Hoch wolgeborne Graue vnd · H(err) · H(err) · Johann Ernst / Graue vo(n) Hohenloe v(nd) · H(err) · zu Langenburg (et)c(etera)c) / vnd Jst AN(N)Oa) · 1622 · den · 19 · Decembrisb) · morgens zwischen · 6 · vnd · 7 · vhr in Gott entschlaffen ·d)

  2. B

    1//6/2//2

  3. C

    Matthee) · 18 · v(ers) · 14 ·d) / Es Jst vor euwerm vatt=/er im Himmel nit der / wille ·d) das Jemand vnder / diszen Kleinen verlohren / werde1) ·f)

Datum: 17. Oktober 1622 n. St., 29. Dezember 1622 n. St.

Wappen:
zweimal Hohenlohe-Langenburg2.

Kommentar

Die Inschriften sind sorgfältig, dabei aber nicht sonderlich regelmäßig eingehauen. Innerhalb der Fraktur fällt das relativ breite, ovale o auf, das als einziger Buchstabe keine Brechung aufweist, sowie das r, dessen quadrangelförmige Fahne deutlich über den Schaft hinaus in den Oberlängenbereich hineinragt. Der Oberschaft des l ist gespalten und nur mäßig gebogen, die übrigen Oberlängen sind dagegen markant nach rechts umgebogen, teils auch geschwungen. Die Zierschleifen der Versalien sind sparsam eingesetzt. Die für die lateinischen Monatsnamen und für die Bibelstellenangabe verwendete Mischschrift aus Fraktur und Humanistischer Minuskel zeigt zwar eine weitgehende Ausrundung der Bögen und stumpf ohne Brechung auf der Grundlinie endende Schäfte, der Bogen des e und – in Octobris – auch des b ist jedoch noch nach den Regeln der Fraktur gebrochen. Besonders charakteristisch sind die Ziffernformen: 1 mit oben und unten tief gepaltenem Schaft, wobei jeweils zwei diagonal gegenüberliegende Enden verlängert und eingerollt sind; spitze neben runder 2, letztere mit fast kreisrundem Bogen; 6 mit offenem Bogen, der unten spitz ausgezogen und am Ende eingerollt ist. Von vermutlich derselben Hand, jedenfalls aber von derselben Werkstatt wurde dem Schriftbefund zufolge zwischen 1622 und 1631 eine ganze Reihe weiterer Grabmäler im Bearbeitungsgebiet geschaffen3.

Der im Alter von neun Wochen verstorbene Johann Ernst war ein Sohn des Grafen Philipp Heinrich von Hohenlohe zu Waldenburg († 1644) und der Dorothea Walpurgis Gräfin von Hohenlohe-Neuenstein4.

Textkritischer Apparat

  1. Anfangsbuchstabe deutlich vergrößert; der linke Schrägschaft des A geschwungen und über den rechten, senkrecht stehenden Schaft hinausragend.
  2. Wort in Humanistischer Minuskel mit Frakturelementen.
  3. Kürzung durch Doppelpunkt.
  4. Als Interpunktionszeichen ein kommaähnliches Zeichen auf halber Zeilenhöhe.
  5. Erste Zeile in Humanistischer Minuskel mit Frakturelementen.
  6. Hinter dem Quadrangel ein weiteres, in eine Zierranke auslaufendes Quadrangel als Zeilenfüller.

Anmerkungen

  1. Mt 18,14.
  2. Beide Schilde jeweils quadriert von Hohenlohe und Langenburg, alle Figuren einwärts gekehrt; über dem rechten Schild der hohenlohische, über dem linken der Langenburger Helm. Als hohenlohische Helmzier hier erstmals der Phönix anstelle des wachsenden Adlers; vgl. dazu auch nr. 345 Anm. 18.
  3. Vgl. Einl. 78.
  4. Europ. Stammtaf. NF XVII, Taf. 15.

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 727 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0072703.