Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 712 Öhringen, ev. Stadtkirche (ehem. Stiftskirche), Kreuzgang 1621

Beschreibung

Grabplatte des hohenlohe-neuensteinischen Kanzlers Christoph Rhetzer. Im Westflügel des Kreuzgangs an der Außenwand aufgerichtet, zwölfter Stein von Norden. Sandstein. Umlaufend zwischen Leisten eingehauener Sterbevermerk (A); das Binnenfeld zweigeteilt: im oberen, quadratischen Feld ein Vollwappen und darunter zwei nach außen gelehnte Schilde; alle Wappen mit übergeschriebenen Nameninitialen (B, C, D). Im unteren Feld Bibelzitat (E). Die Platte ist im oberen Viertel quer durchgebrochen; Ränder ausgebrochen; die untere Hälfte der Platte durch aufsteigende Feuchtigkeit fast gänzlich verwittert, erheblicher Schriftverlust.

Siehe Lageplan.

Maße: L. 179, B. 87, Bu 2,8 (A), 3,7 (B), 2,8 (C) 3,3 (D), 2,7 cm (E).

Schriftart(en): Fraktur und Kapitalis (A, E), Kapitalis (B–D).

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften; Helmut Hartmann, Bechtheim [1/2]

  1. A

    Der Ehrnuest Hochgelehrt , CHRISTOPH / RHÄTZER , der Rechten d[oc]tor , [– – – / – – – / – – – APRILIṢ]a) ịm Jah[r] CHRISTI · 1621 · seines alters [i]m 46 · Jahr ·b)

  2. B

    C(hristoph) R(hätzer) V(triusque) //c) I(uris) D(octor) ·

  3. C

    M(agdalena) · R(hätzerin) · G(eborne) · H(ugwernerin) ·

  4. D

    S(abina) M(argaretha) R(hätzerin)d) G(eborne) P(istorius)

  5. E

    JESAIAE C · 56 · V · 13 · 14 · / Der Gerechte kommet vmb / vnd niemandt ist der [es] zu / Hertzen ne[m]me , vnd heilige / Leüte werdere) auffg[e]raf[ft] / vnd niem[andtf) achtet drauff / Denn die Gerechten / Werden – – – / – – – / – – –]g) / Zu[m Friede – – – / – – –]1)

Wappen:
Rhetzer2; Hugwerner3, Pistorius4.

Kommentar

Die Schriftmerkmale sowohl der Fraktur als auch der Kapitalis stimmen weitgehend mit denen einer weiteren Öhringer Grabplatte überein, die 1620 gefertigt wurde (nr. 702), so daß eine Herstellung in derselben Werkstatt (Georg Kern?) wahrscheinlich ist. Bemerkenswert sind die Varianten des o: neben Sechseck und breitem Spitzoval kommt auch eine Mischform vor, bei der lediglich die rechte Hälfte ausgerundet ist. Die Anfangsbuchstaben der durch Kapitalis ausgezeichneten Namen in den Inschriften (A) und (E) sind vergrößert.

Wo Christoph Rhetzer studierte und wo er seinen Doktorgrad erlangte, ließ sich nicht ermitteln5. 1602 wurde er von Graf Wolfgang II. von Hohenlohe als Ratssekretär und Registrator eingestellt, vier Jahre später erfolgte seine Ernennung zum Kanzler der neuensteinischen Linie. Dieses Amt übte er bis zu seinem Tod aus. Er starb Ende April 16216. Die Grabplatte seiner ersten Ehefrau Magdalena Hugwerner († 1619) ist ebenfalls erhalten (nr. 692). Am 16. Januar 1620 heiratete er in zweiter Ehe Sabina Margaretha, die Tochter des Konrad Pistorius, gräflich hohenlohischen Geheimen Rats und Syndici der Fränkischen Grafen und Herren7.

Textkritischer Apparat

  1. Der Monatsname jetzt restlos zerstört; die Endung LIS auf einem um 1970 entstandenen Foto (Fotokartei der Inschriftenkommission der Heidelberger Akademie der Wissenschaften) noch zu erkennen.
  2. Quadrangel mit nach rechts anschließender Zierranke als Zeilenfüller.
  3. Unterbrechung durch die Helmzier.
  4. Die Initialen MR in Nexus litterarum.
  5. So statt werden.
  6. Danach ist die Oberfläche völlig abgewittert, nur noch geringe Schriftreste. Befund nach Foto (wie Anm. a) zuletzt: vnd niem[an]dt [ac]htet drau[ff] / D[e]n[n die Gerechten] / W[erden – – –]. Ergänzung nach dem Text der Luther-Bibel.
  7. Zu ergänzen wäre nach dem Text der Luther-Bibel: [Denn die Gerechten Werden weggerafft fur dem Vnglück vnd die richtig fur sich gewandelt haben komen] Zu[m Friede …]. Allerdings reicht der Platz in den zur Verfügung stehenden drei Zeilen für diesen langen Text nicht aus, er muß also gekürzt gewesen sein.

Anmerkungen

  1. Jes 56,13–14.
  2. Geteilt, oben ein Drache, unten ein sechsstrahliger Stern; Helmzier: Flug, jeweils belegt mit einem sechsstrahligen Stern.
  3. Stierkopf.
  4. Kugel, fächerweise besteckt mit drei Pfeilen, deren Spitzen nach oben weisen.
  5. Die Überprüfung der Matrikeln sämtlicher deutscher Universitäten ergab keinen Hinweis. Ein Sohn Rhetzers, Johann Christoph, studierte in Tübingen (imm. 1626, 1628) und Straßburg (imm. 1627); vgl. Matrikel Tübingen 2, 163 Nrr. 21337, 21628; Die alten Matrikeln der Universität Straßburg, 1621 bis 1793, bearb. v. Gustav A. Knod, Bd. 2, Straßburg 1897, 217.
  6. Alle Angaben nach Magen, Reichsgräfl. Politik 20 Anm. 32.
  7. Ev. PfA Öhringen, Kirchenbuch 1 (LKA, Film KB 1324), Eheregister zu 1620 I 16.

Nachweise

  1. Esenwein, Grabsteine, Nr. A5 (nur A teilw.).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 712 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0071202.