Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 704 Neunstetten (Stadt Krautheim), ev. Pfarrkirche 1620

Beschreibung

Grabplatte der Blandina Susanna von Berlichingen. Innen an der Südostwand, dritter Stein von Osten. Kleine Sandsteinplatte. Umschrift (A) zwischen profilierten Rahmenleisten; im Feld unter einem Rundbogen in hohem Relief das auf einem Kissen ruhende Wickelkind, zu Füßen ein Engelskopf, darunter zwei Wappenschilde mit Beischriften (B, C) in Schriftbändern; zwischen den Wappen eine Sanduhr und gekreuzte Knochen als Vergänglichkeitssymbole. Abgetreten, stark verwittert und an den Rändern ausgebrochen; die Kopfzeile und Teile der rechten und der unteren Schriftleiste zerstört.

Maße: L. 100,5, B. 56, Bu. 2,2 (A), 1,0 cm (B, C).

Schriftart(en): Fraktur mit Kapitalis (A), Kapitalis (B, C).

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/1]

  1. A

    [. . . . . . . .]a) den 4̣ [– – – / . . . . . .]ṆA SVSANNAb) von Berlichingen vff disze welt gebohrn vnd / den 10 · EI[VSDEMc) . . . . . . . . . .] wiḍẹrd) / seelig entschlaffen deren Seel Gott genade [. . .]MENe)

  2. B

    BERLI[CHIN]GEN

  3. C

    HVTTEN

Übersetzung:

… desselben (Monats) … (A).

Datum: 4. und 10. April (14. und 20. April n. St.) 1620.

Wappen:
Berlichingen, Hutten1.

Kommentar

Die Fraktur ist gleichmäßig und sorgfältig gehauen. Auffällig breit ist das spitzovale o (einmal in Gott auch sechseckig gebrochen). Bei der Kapitalis ist die Form des N am Wortende bemerkenswert: der Schrägschaft ist weit über den rechten Schaft hinaus verlängert und nach oben umgebogen. Aus derselben Werkstatt (Georg Kern?) stammt dem Schriftbefund nach eine weitere Grabplatte von 1620 in der Neunstettener Kirche (nr. 703).

Aufgrund der bisherigen ungenauen Lesung des Namens galt die Grabplatte als ein Denkmal für ein Kind namens Anna von Berlichingen. Die elterlichen Wappen weisen es als eine Tochter aus der am 16. Oktober 1618 geschlossenen Ehe2 von Karl Sigmund von Berlichingen zu Neunstetten († 1630) und Barbara Anna von Hutten zu Frankenberg († 1663) aus. Köllenbergers Lesung des Todesjahres 1616 kann demnach nicht stimmen3. Die Grabplatte muß vielmehr zu der Tochter gehören, die, wie Oskar Leistikow nachgewiesen hat, laut Eintrag im Neunstettener Taufbuch am 4. April 1620 geboren ist, am 7. April getauft wurde und am 10. April verstarb4. Die genannten Daten stimmen mit den noch lesbaren Resten der Sterbeinschrift überein. Allerdings lautet der Name des Kindes nicht „Blandira“, wie Leistikow nach dem „fast unleserlichen“ Taufbucheintrag vermutete, sondern sicherlich Blandina bzw., wie die Inschrift lehrt, Blandina Susanna. Die ungewöhnliche Namengebung erklärt sich daraus, daß die Urgroßmutter mütterlicherseits (Blandina von Eyb geb. Auerochs) diesen Namen trug5. Für den 1630 gestorbenen Vater Karl Sigmund und für fünf – ebenfalls jung verstorbene – Geschwister des Mädchens wurde 1631 eine einheitliche Grabplattenserie angefertigt (nrr. 809, 812816).

Textkritischer Apparat

  1. [– – –] 1616 DI 8; diese Lesung, die bereits 1969 nicht mehr verifizierbar war (vgl. Leistikow, Inschriften von Krautheim 503), kann aus genealogischen Gründen nicht stimmen. Zu ergänzen ist vermutlich: [Anno 1620].
  2. ANNA DI 8; Leistikow; zu ergänzen wahrscheinlich [BLANDI]NA SVSANNA; vgl. Kommentar.
  3. Ergänzung nach DI 8 (Eiusdem).
  4. [. . . . . . . . . .] wider; [– – –]ott DI 8; [. . . . .]off Leistikow.
  5. Die einzig sinnvolle Lesung [A]MEN läßt sich mit dem Befund (vor M drei senkrechte Schäfte) nicht vereinbaren; Amen DI 8.

Anmerkungen

  1. Hier: zwei Schrägbalken statt fünfmal schräggeteilt.
  2. Vgl. Leistikow, Inschriften von Krautheim 503; Heiratsabsprache vom 23. Nov. 1618: Kraus, Urkundenregesten Jagsthausen 281f. nr. 369.
  3. Vgl. Anm. a; bereits bemerkt von Leistikow, Inschriften von Krautheim 503; Vierengel, Ergänzungen 97.
  4. Leistikow, Inschriften von Krautheim 504.
  5. Vgl. Biedermann, Baunach, tab. LXXXIV.

Nachweise

  1. DI 8 (Mosbach, Buchen, Miltenberg) nr. 378.
  2. Leistikow, Inschriften von Krautheim 503.

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 704 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0070400.