Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 678 Künzelsau, ev. Johanneskirche 1617

Beschreibung

Kanzel. Innen an der Ostwand des Langhauses, rechts vom Chorbogen; bis zur Kirchenrenovierung 1970/72 am südöstlichen Rundpfeiler des Langhauses1. Sandstein, der bildhauerische Schmuck aus Alabaster. Balustersäule auf hohem Vierkantsockel2; runder Kanzelkorb mit vier hohen Muschelnischen, in denen vollplastische Figuren der Evangelisten mit ihren Symbolen stehen; unter den Nischen jeweils Masken mit Volutenrahmung; zwischen den Nischen Engelsköpfchen und schmale, längliche Schilde mit Fruchtgebinden; weit vorkragendes, reich profiliertes Gesims als oberer Abschluß der Brüstung, darunter ein schmaler, nach unten durch ein Rundstabprofil abgegrenzter Streifen mit der eingehauenen und mit goldener Farbe ausgemalten Inschrift (A). An dem kurzen geraden Stück der Brüstung, mit dem die Kanzel an die Wand stößt, ist der Schriftstreifen fortgesetzt und trägt die von Stz. nr. 58 unterbrochene Jahreszahl (B). Geringe Reste von Farbfassung.

Maße: H. 369, B. 138, Bu. ca. 5,5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/5]

  1. A

    VERBVM · DOMINI · MANET IN · AETERNVM3) · IN HOC VINCES4) ·

  2. B

    16//17

Übersetzung:

Das Wort des Herrn bleibt in Ewigkeit. Unter diesem (Zeichen) wirst du siegen.

Kommentar

Die Kapitalis ist mit gleichbleibend schmaler Kerbe ohne Sporen eingehauen. Auffällig ist das relativ schmale M mit leicht schräggestellten Schäften und sehr kurzem Mittelteil. H hat einen nach unten ausgebuchteten Balken; I trägt regelmäßig den Punkt. Die Interpunktionszeichen am Ende der beiden Sprüche sind paragraphzeichenförmig. Vera Schneider schreibt die bildhauerischen Arbeiten an der Kanzel m. E. überzeugend dem Forchtenberger Bildhauer Michael Kern III zu, den architektonischen Aufbau aber versuchsweise seinem Bruder, dem hohenlohischen Baumeister Georg Kern, der den Neubau der Künzelsauer Kirche von 1612 bis 1622 leitete5. Das Steinmetzzeichen läßt sich bislang nicht zuweisen, möglicherweise ist es das eines Werkstattgehilfen, der die Kanzelarchitektur oder zumindest die Inschrift ausführte. Die Schriftformen unterscheiden sich von der Kapitalis Michael Kerns, aber auch deutlich von der seines Bruders Georg.

Anmerkungen

  1. Vgl. Kdm. Künzelsau 43 (Kirchengrundriß). Den Aufgang zur Kanzel bildete am ehemaligen Standort eine Wendeltreppe, die beseitigt wurde.
  2. Ausführliche Beschreibung der Kanzel und ihrer ornamentalen und figürlichen Ausstattung in Schneider, Michael Kern 181–183; vgl. auch Kdm. Künzelsau 46f.
  3. I Pt 1,25.
  4. Nach Eusebios, Vita Constantini I, 28: τούτω νίκα (ed. Migne PG 20, Sp. 944; ed. Friedhelm Winkelmann [Die griechischen christlichen Schriftsteller der ersten Jahrhunderte], Leipzig 21991, 30); vgl. Dielitz 149; L. Voelkl, Art. „Labarum“, in: LThK2 6, Sp. 722f.
  5. Schneider, Michael Kern 183; ebd. 263 Anm. 935 u. 937 auch die bisher in der Literatur vetretenen abweichenden Zuschreibungen. Zu Georg Kern ausführlich Grünenwald, Georg Kern, passim, zum Künzelsauer Kirchenbau bes. 121. Nach Kdm. Künzelsau 46 könnten die Evangelistenfiguren der Künzelsauer Kanzel das Werk Leonhard Kerns, eines weiteren Bruders von Michael III, sein; zu diesem vgl. zuletzt: Leonhard Kern (1588–1662). Meisterwerke der Bildhauerei für die Kunstkammern Europas, hg. v. Harald Siebenmorgen, Katalog der Werke Leonhard Kerns und seines Umkreises v. Elisabeth Grünenwald (Kataloge des Hällisch-Fränkischen Museums Schwäbisch Hall 2), Sigmaringen 1988.

Nachweise

  1. OAB Künzelsau 267 (nur B).
  2. Keppler 176 (erwähnt).
  3. Klemm, Baumeister 185 Fig. 286 (nur B).
  4. Gradmann, Monumentalwerke 109f. (teilw.).
  5. Kdm. Künzelsau 47.
  6. Morand, Verborgene Schätze 31979, 219 (Abb.).
  7. Johanneskirche Künzelsau [10f.] (Abb.), [14].
  8. Rauser, Künzelsauer Heimatbuch I, 318 (nach Kdm.).
  9. Rößler, Leonhard Kern 128 (Abb.).
  10. Schneider, Michael Kern 181f. (m. Abb.).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 678 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0067805.