Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 674 Waldbach (Gde. Bretzfeld), ev. Pfarrkirche 1616

Beschreibung

Tafel mit Gedenkinschrift auf den Neubau der Kirche. Innen an der Nordwand des Langhauses, am Aufgang zur Empore. Große quadratische Holztafel in profiliertem grauen Rahmen mit weißen und gelben Ornamenten. Auf der schwarz gestrichenen Tafel die in zwei Spalten angeordnete, mit goldgelber Farbe aufgemalte Versinschrift (A), jedes zweite Verspaar um Buchstabenbreite eingerückt; ganz unten die einzeilige Inschrift (B). Schrift stellenweise verblaßt, vor allem im unteren Bereich der zweiten Spalte.

Maße: H. 186, B. 186, Bu. 2,5 cm.

Schriftart(en): Fraktur.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/6]

  1. A

    Tausent Sechshundert Sechzehn Jahr ,Nach Christi gburt die Jahrzahl war ,Da dann mit sonnderm lob vnd Ruhm ,Disz hochlöbliche Fürstenthumb ,Der Durchleuchtige Hochgeborn ,Ein Fürst vnd Hertzog auserkohrn ,Herr Johann Friederich genannt ,Regieret löblich mit verstannd ,Jnn Fried vnd Ruh , Sein Gmahlin ward ,Fraw Barbara Sophia Zarth ,Geboren von Churfürstlichem stamm ,Vonn Brandenburgk , gantz lobesam ,Ein Marggrävin mit allem fleis ,Da ward diszmaln so gleicher weis ,Solch herrlich schöne Gotteshavs ,Vonn grund auf new gebawt heraus ,Aus gnediger bewilligungVnnd desz Lanndsfürstn bestetigung ,Durch Dern bestellten Bawmeister ,Friedrich Fischlin genännt war er ,Der vonn Fürstlichen Gnaden werth ,Ein Bawmeistr des lands ward geEhrt ·a)Auf Costen desz Heilgen alhie ,Sanct Kilians , mit sorg vnd müh ,Jedoch iedweder einpfarrterJnwohner , Bawer vnd Söldner ·a) //Freÿwillig han ihr dienst geleistSolchs sie Dreÿ tag dran starck beweist ·a)Johannes Fabrj vonn Stutgart ,Dieses Gotteshaus Pfarrherr ward ,Martin Lustnawer desz ClosternHofmeister war Zum Lichtensterrn ,Johann Weickh daselbst Amptschreiber ,Christoff Würt Schultheis Verwalther ,Dis Kirchenbaus , vnnd dann noch mehr ,War Schulmeister Paules Eckhinger ,Heilgen Pfleger Paul Würt genant ,Vnnd dann auch Hanns Wehrle Zuhannd ,Der Allmosn Pfleger genennt warVrban Sailer mit Nahmen Klahr ·a)Der Allmechtig gut Gott allein ,Verschaff das an dem orte fein ,Sein Göttlich Wort werd rein gelert ,Dardurch sein Gemein werd vermehrt ,Sampt dem brauch Heilger Sacrament ,Nach Christj stifftvng bisz ans ennd ·a)Gott geb das disz New Kirchenhaus ,FLORIER vnd grüne stets hinnaus ,Gott wöll das [E]v[an]gelsche seinDie [.]ịṃ ạḷḷẓ[ei]t [. . . .]b) aus vnd einDas die Heilig DreÿfaltigkeitDrinn werd geEhrt inn Ewigkeit ·a)

  2. B

    Alles zu Gottes Ehre ·a)

Versmaß: Deutsche Reimverse (A).

Kommentar

Die dünnstrichige Fraktur weist eine einheitliche Stilisierung auf, die Bögen der Gemeinen sind größtenteils noch gebrochen. Aufällig ist die Gestaltung von f und t, bei denen der Balken den Schaft deutlich unterbricht. Die Oberlängen sind häufig von runden Zierbögen überfangen. Die Versalien sind gelegentlich, vor allem am Beginn der Verse, üppig mit Kontraschleifen verziert, welche dort, wo sie Bögen und Schäfte überschneiden, diese ebenfalls unterbrechen.

Der Kirchenneubau, dessen in der Inschrift gedacht wird, betraf nur das Langhaus, während der gotische Turmchor erhalten blieb (vgl. nr. 76). Der Abschluß der Bauarbeiten war auch durch die über dem rundbogigen Westportal angebrachte Jahreszahl 1616 dokumentiert1. Ob diese Inschrift allerdings tatsächlich aus der Bauzeit stammte, ist unsicher. In den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts wird sie als „jetzt erneuert“ bezeichnet2, mittlerweile ist sie ganz beseitigt. Die Innenausstattung der Kirche scheint 1618 abgeschlossen gewesen zu sein (vgl. nr. 684).

Der in der vorliegenden Gedenkinschrift an erster Stelle genannte Landesherr war Herzog Johann Friedrich von Württemberg (reg. 1608–1628), der seit 1609 verheiratet war mit Barbara Sophie († 1636), einer Tochter des Kurfürsten Joachim Friedrich von Brandenburg3. Friedrich Fischlin d. Ä. (geb. um 1566, † 1626), Sohn des württembergischen Landbaumeisters Nikolaus Fischlin († 1608), war ab 1605 geistlicher Baumeister, ab 1608 leitender geistlicher Baumeister des Herzogtums Württemberg4. Die Waldbacher Kirche war sein erster größerer Neubau. Im Bearbeitungsgebiet folgte 1624 die Kirche in Bitzfeld (vgl. nr. 745). Johannes Fabri aus Stuttgart amtierte von 1607 bis zu seinem Tod 1617 als Pfarrer in Waldbach5. Der aus Tübingen stammende Martin Lustnauer war von 1615 bis 1632 Hofmeister des Klosters Lichtenstern6 und somit oberster lokaler Vertreter der Herrschaft. Zu Amtsschreiber Johann Weickh vgl. nr. 804.

Textkritischer Apparat

  1. Als Interpunktionszeichen ein kurzer Schrägstrich zwischen zwei Punkten auf der Grundlinie.
  2. Die darin allzeit gehn Rauser; die Lesung darin mit dem Befund jedoch nicht zu vereinbaren.

Anmerkungen

  1. OAB Weinsberg 372; Kdm. Neckarkreis 529.
  2. Bassler, Geschichte der Waldbacher Kirche 13; danach Rauser, Brettachtaler Heimatbuch 235.
  3. Vgl. Das Haus Württemberg 142–147, Nrr. 4.0.3., 4.0.4.
  4. Fleischhauer, Renaissance 301f.; Bestallung zum geistlichen Baumeister 1605: Pfeilsticker § 1921.
  5. Sigel, Das ev. Württemberg II/11. Fabri studierte in Tübingen (imm. 1597, bacc. 1597, mag. 1600) und war zunächst ab 1606 Diaconus in Calw.
  6. Zuvor Sekretär der Herzoginwitwe Sibylla in Leonberg; vgl. Pfeilsticker § 3428.

Nachweise

  1. Waldbacher Inschriften, Bl. 4.
  2. Bassler, Geschichte der Waldbacher Kirche 13 (teilweise).
  3. Rauser, Brettachtaler Heimatbuch 235.

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 674 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0067407.