Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 669 Marlach (Gde. Schöntal), kath. Pfarrkirche St. Georg 1615, 1636

Beschreibung

Epitaph des Pfarrers Bernhard Jodocus. Außen in die Ostwand des Chorpolygons eingelassen. Hochrechteckige Platte aus rotem Sandstein. Der Sterbevermerk (A) beginnt in der Kopfleiste und läuft dreiseitig auf dem Rahmen um; auf der linken Randleiste ein im Gegenuhrzeigersinn eingehauener lateinischer Spruch (B). Das Mittelfeld ist zweigeteilt: Etwas weniger als das untere Drittel wird von einer querrechteckigen Schrifttafel mit breitem Rollwerkrahmen eingenommen, auf der Tafel eine Versinschrift (F). Im oberen Teil des Mittelfeldes Bildrelief: rechts oben der segnende Heiland mit der Kreuzfahne, auf Schlange und Gerippe stehend als Triumphator über den Tod dargestellt; darunter, auf einem mit einem Schlüssel belegten Buch stehend, das Lamm Gottes mit Kreuzfahne sowie ein Kelch, in den sich ein Blutstrahl aus der Brust des Lamms ergießt. In der linken Bildhälfte kniet der betende Pfarrer im Meßgewand auf einem felsigen Untergrund; hinter ihm sind die Leidenswerkzeuge Christi abgebildet; links oben zwei Wappenschilde nebeneinander. Über dem Heiland Inschrift (C), unter den Wappen Inschrift (D), hinter dem Priester untereinander zwei Schriftblöcke (E, F); zwischen Priester und Lamm Gottes Stz. nr. 571. Die obere und untere Begrenzungslinie der Zeilen ist bei fast allen der Inschriften tief eingehauen. Verwittert, Teile der Bildreliefs verstümmelt; erhebliche Beeinträchtigungen der Schrift v. a. in der Fußleiste (A). Ränder der Platte durch Verputz verdeckt.

Maße: H. 167,5, B. 80,5, Bu. 3,7 (A, B), 1,7–2,2 (C), 2,0 (D, F), 1,5–1,7 (E), 2,0–2,4 cm (G).

Schriftart(en): Kapitalis.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/7]

  1. A

    ANNO : D(OMINI) : 1 · 6 · 〈36 ·〉 ENTSCHLIFFE : IN : / DEM : HERREN : GANTZ : SELIG : DER : WVRDIG : BERNHART : IODOCI : GEWESENER : PFARE[R]a) / : ZV [:] MARLACHb) : [.]E[– – –]c)

  2. B

    TVRBABOR : SED NVNQ̣VAM : (CON)TVRBABOR : Q(VI)A VVLNERVM : CH(RIST)I : RECORDABOR2) :d)

  3. C

    O : CH(RIST)E · Q(VI) · MORTEM : / NOSTRAM : M(ORIENDO) : D(ESTRVXISTI) : ET · V(ITAM) · / · R(ESVRGENDO) · REPARASTI3) :

  4. D

    : PSALM · 137 : / · IN · (CON)SPECTV · ANGELOR(VM) : / · PSALL(AM) : TIBI4) · O : D(OMINE) :5)

  5. E

    VALE · VITA · / TRA(N)SITORLAe) :

  6. F

    CAN(TICORVM) : I :f) CAP(ITVLO) : / FASCICVLV/S · MIRRAE · DI/LECT(VS) · ME(VS) : / · MIHI ·6)

  7. G

    O MENSCH · DER · ALDO : FVR : VBER · GEHT · /BETRACHT · WIE · DIE · SACH · MIT · VNS · STEHTg) /· DOCH · NIT · TRAVRT · GEWESENE · PFARKINDER · / · FEIN ·VON · WEGEN · DISES · ABSCHIDS · MEIN · /GOT · WIRDT · VNS · BALDT · IN · KVRTZER · ZEIT /· WIDER · ZVSAMMEN · HELFEN · IN · / DER · EWIGEN · FREVDT ·h)1 · 6 · 15 ·

Übersetzung:

In Unruhe werde ich versetzt werden, aber niemals werde ich irre werden, weil ich mir die Wunden Christi vergegenwärtigen werde. (B) – O Christus, der du unseren Tod durch dein Sterben vernichtet und unser Leben durch deine Auferstehung erneuert hast. (C) – Im Angesicht der Engel werde ich dir Loblieder darbringen, o Herr. (D) – Leb wohl, vorübergehendes Leben. (E) – Wie ein Bündelchen Myrrhen ist mir mein Geliebter. (F)

Versmaß: Deutsche Reimverse (G).

Wappen:
Hochstift Würzburg/Echter von Mespelbrunn7, Erzstift Mainz.

Kommentar

Die schmal proportionierte Kapitalis ist ebenso unbeholfen ausgeführt wie die bildliche Darstellung und das Rahmenornament des Grabmals. Von der Hand desselben Steinmetzen stammt nach Ausweis der Schriftgemeinsamkeiten das Lurtz-Epitaph in Gommersdorf (nr. 759). Als Worttrenner dienen Dreiecke.

Der aus Buchen stammende Bernhard Jodocus war ab 1577 Pfarrer in Marlach. Er war verheiratet, weshalb ihn der Würzburger Bischof Julius Echter von Mespelbrunn als der zuständige Diözesan vor die Wahl stellte, entweder die Ehe zu lösen oder die Pfarrei aufzugeben. „Jodocus wählte das letztere und lebte als Privatmann in Marlach, wo er 1636 starb, als er in der Ernte auf dem Felde Ähren kostete und ihm eine Spitze in der Luftröhre stecken blieb“8. Letztmals als Marlacher Pfarrer bezeugt ist er 16099. Das Epitaph ist somit offenkundig erst nach der erzwungenen Resignation entstanden, das Todesjahr wurde später nachgetragen. Bemerkenswert ist immerhin, daß sich Jodocus trotz seines Rücktritts im priesterlichen Ornat10 darstellen ließ. Ungewöhnlich – zudem vor dem erwähnten Hintergrund – ist auch, daß das Grabmal mit den beiden Wappen des zuständigen Diözesanbischofs und der Ortsherrschaft (seit 1346 Mainz11) versehen wurde.

Textkritischer Apparat

  1. Von ARE nur noch die untere Hälfte erhalten.
  2. Von CH nur noch die untere Hälfte erhalten.
  3. Die linke untere Ecke des Steins wurde offenbar ergänzt; der Schriftbefund ist hier jedenfalls nicht ursprünglich, zu erkennen ist lediglich eine angedeutete Trugschrift.
  4. Danach Linienspiel als Zeilenfüller.
  5. So statt TRA(N)SITORIA.
  6. Die beiden Worttrennpunkte versehentlich durch einen kurzen Schaft verbunden.
  7. Der letzte Buchstabe steht aus Platzmangel auf dem Rahmen der Schrifttafel.
  8. Als Schlußzeichen ein auf der Spitze stehendes hohles Quadrat.

Anmerkungen

  1. Das Stz. ungenau wiedergegeben in Klemm, Baumeister 190 Nr. 534b.
  2. Vgl. Pseudo-Augustinus, Manuale, cap. 22 (ed. Migne PL 40, Sp. 960f.); ferner Bernhard von Clairvaux, sermo 61 super cantica canticorum (ed.: S. Bernardi opera, Vol. II: Sermones super cantica canticorum 36–86, rec. Jean Leclercq O.S.B., C. H. Talbot et H. M. Rochais O.S.B., Romae 1958, hier: 150): „Peccavi peccatum grande: turbabitur conscientia, sed non perturbabitur, quoniam vulnerum Domini recordabor“. Für freundlich gewährte Hilfe bei der Recherche danke ich meiner Göttinger Kollegin Dr. Christine Wulf.
  3. Gerhohus Reicherspergensis, Expositio in Psalmos, pars X, Psalmus CXXXVII, v. 7; ed. Migne PL 194, Sp. 914.
  4. Ps(G) 137,1.
  5. Auflösung von O : D : unsicher.
  6. Ct 1,12.
  7. Wappen des Fürstbischofs Julius Echter von Mespelbrunn: quadriert, 1. Hochstift Würzburg (fränk. Rechen), 2/3. Echter von Mespelbrunn, 4. Hochstift Würzburg (Rennfähnlein, hier senkrecht statt schräggestellt).
  8. OAB Künzelsau 670.
  9. Ebd.
  10. Die Angabe ebd. 667 „der Verstorbene kniet in ritterlichem Habit (da er das Pfarramt niedergeleget hatte)“ ist zu korrigieren.
  11. Vgl. LdBW IV, 247.

Nachweise

  1. StAL E 258 VI Bü 2121 (Ortsbeschreibung Marlach).
  2. OAB Künzelsau 667 (teilw.).
  3. Kdm. Künzelsau 213 (nur erwähnt).
  4. Rauser, Schöntaler Heimatbuch 450 (nur erwähnt), 449 (Abb.).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 669 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0066903.