Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 648 Hollenbach (Gde. Mulfingen), ev. Pfarrkirche 1612

Beschreibung

Epitaph des Georg Herbst. Innen an der Ostwand der Turmkapelle (ehem. Chor). Ursprünglich außen an der Kirche, zu unbekanntem Zeitpunkt, vermutlich bei der Kirchenrenovierung 1959/60, restauriert und an den jetzigen Standort versetzt1. Hochrechteckige Sandsteinplatte. Die oberen zwei Fünftel nimmt das in hohem Relief gearbeitete Brustbild des Verstorbenen ein. Er ist im vollen Harnisch und mit Feldbinde dargestellt, im rechten Arm hält er den Helm mit Federbusch, die Linke greift ans umgegürtete Schwert. Über der rechten Schulter ein gelehnter Wappenschild. Im unteren Teil des Grabmals Schrifttafel mit Rollwerkrahmen und innerer profilierter Rahmenleiste. Figur, Rahmen der Schrifttafel und Wappen stark verwittert und bestoßen, rechte obere Ecke abgebrochen. Die Inschrift ist dagegen noch bemerkenswert gut erhalten, sie wurde vermutlich bei der Restaurierung nachgearbeitet.

Maße: H. 184, B. 95, Bu. 4,0–4,7 (Fraktur) bzw. 5,0 cm (Kapitalis).

Schriftart(en): Fraktur und Kapitalis.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/3]

  1. ANNO 1612 . am tage Mariae / Liechtmesz Welcher war der 2 . tag / Februarij ist in Gott seeliglich ent=/schlaffen Der Ehrnvöst und Manhafft / Herr Georg Herbst gewesener Vogt all=/hier . Nachdem Er 13 Züg wider den / Erbfeinda) Christliches Nahmens den / Türcken und andere Feinde der Christen=/heit löblich verrichtet . Deme Gott / und uns allen an ihenem grossen tage / eine Fröhliche Aufferstehung genẹa=/diglichb) Verleihen Wolle . Amen .

Datum: 12. Februar 1612 n. St.?

Wappen:
Herbst2.

Kommentar

Die Fraktur hat schmale Proportionen. Charakteristisch sind die seitlich eingedrückten Bögen von a, b, c, d, g und h; entsprechend gestaltet sind die rechten Schäfte von v und w. Die Schrägschäfte der Kapitalis-N schwingen weit über die Oberlinie der Zeile bzw. unter die Grundlinie aus.

Herbst war nach Ausweis der Inschrift Amtmann des hohenlohischen Amtsorts Hollenbach. Vermutlich nahm er im Gefolge seines Herrn Graf Georg Friedrich von Hohenlohe-Weikersheim, der 1595 und 1597–98 Oberbefehlshaber des nach Ungarn entsandten Reiterkontingents des fränkischen Reichskreises war, an den Kämpfen des Langen Türkenkrieges (1593–1606) teil3. Obwohl die Herrschaft Hohenlohe-Weikersheim protestantisch war, wählte man in der Inschrift für die Angabe des Todestages den Marienfesttag des christlichen Festkalenders.

Textkritischer Apparat

  1. Ursprünglicher Befund vermutlich Erbfeindt; das t allerdings nur mehr schemenhaft zu erahnen.
  2. Schriftbefund am Zeilenende vermutlich verfälscht.

Anmerkungen

  1. Rauser, Mulfinger Heimatbuch 243: „vor etlichen Jahren“ (vor 1980) ins Innere versetzt. Nach Kdm. Künzelsau 162 befand sich der Stein 1962 bereits in der Kirche.
  2. Redendes Wappen: auf Dreiberg stehender Mann, in der Linken eine Weintraube haltend (die Rechte, vermutlich ebenfalls mit einer Traube, zerstört).
  3. Zum Kriegsverlauf vgl. Jan Paul Niederkorn, Die europäischen Mächte und der „Lange Türkenkrieg“ Kaiser Rudolfs II. (1593–1606), (Archiv für österreichische Geschichte 135), Wien 1993, bes. 9–26.

Nachweise

  1. Wibel, Hohenloh. Kyrchen- u. Reformations-Historie IV, 313.
  2. OAB Künzelsau 569f.
  3. Kdm. Künzelsau 162 (nur erwähnt).
  4. W. Wieland, Vogt, Amtmann, Landrat, in: Hohenloher Chronik 14 (1967) Nr. 3, I–III, hier: III.
  5. Rauser, Mulfinger Heimatbuch 243.

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 648 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0064807.