Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 638 Neuenstein, Friedhofskapelle vor 1611

Beschreibung

Grabplatte des Peter Breunger. Bis 1962 im Fußboden, nach der Restaurierung der Kapelle 1963 innen an der Nordwand des Langhauses als erster Stein von Osten angebracht. Roter Sandstein. Auf breitem Rahmen umlaufend eingehauener Sterbevermerk (A), der in wenigen Zeilen oben im Feld fortgesetzt ist. Das Feld wird durch eine breite Rahmenleiste waagerecht in eine größere obere und ein kleinere, querrechteckige untere Zone geteilt; auf dieser Trennleiste Bibelspruch (D), über dem die zugehörige Bibelstellenangabe auf dem Rahmenprofil eingehauen ist. Im oberen Feld unter dem Schluß von Inschrift (A) zwei weitere, blockweise abgesetzte Bibelsprüche (B, C); in der unteren Zone zwei reliefierte Wappen, in beiden Schilden jeweils zwei Nameninitialen (E, F). Die Zeilen von (A) und (C) sind mit Hilfslinien vorgeritzt. Die Platte ist oben mit ungerader Kante beschnitten, so daß die komplette Kopfleiste und im oberen Feld mindestens eine Zeile der Fortsetzung von Inschrift (A) fehlen. Ränder ausgebrochen, bestoßen (geringfügiger Schriftverlust).

Maße: L. (Rest) 153, B. 87, Bu. 4,0 (A), 3,4 (B), 3,1 (C), 2,4 bzw. 1,8 (D)1, 4,2 (E), 4,0 cm (F).

Schriftart(en): Humanistische Minuskel mit Frakturelementen (A), Fraktur (B, D), schrägliegende Kapitalis (C), Kapitalis (E, F).

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/3]

  1. A

    [– – – / – – –] . Versc[hied] In Gott [s]anft vnd Seliglich Weiland Der / [Er]nhaft Vnd Fürneme herr Peteṛ / Breuṇgera) . Hohenloischer Canzleÿ Verwanter Zu newenste[in – – – // – – – /er]ṣ[teh]ungb) Gnediglichc) / Wolle Verleihen Amen

  2. B

    Jn Deine Hende befehl / Jch meinen geist du hast / mich Erlöset herr du Trewer=/gottd)2) . Psalm 31 .

  3. C

    PHILIP . I . CAP .e) / CHRISTVS IST MEIN / LEBEN . VND STERBEN / IST MEIN GEWIN3) .

  4. D

    . Psalm 4 .e) / Jch lige vnd schlaffe gantz mitt Friden / Du allein herr hilffst mir das ich sicher wonef)4)

  5. E

    P(eter) B(reunger)

  6. F

    A(gatha) Ig)

Wappen:
Breunger5, unbekannt6.

Kommentar

Die drei verschiedenen Schriftarten sind gleichermaßen regelmäßig und sorgfältig ausgeführt. Die Schäfte der schrägliegenden Kapitalis sind sehr gleichmäßig ausgerichtet. Bemerkenswert ist vor allem die etwas steif wirkende, schmal proportionierte Humanistische Minuskel, die mit dem gebrochenen oberen Bogenabschnitt des e, der quadrangelförmigen, gelegentlich in den Oberlängenbereich ragenden Fahne des Schaft-r sowie mit dem umgekehrt-s-förmigen Bogen-r im Wort herr Fremdformen aufweist, die der Fraktur entlehnt sind. Ungewöhnlich für die aufgerichtete Variante der Humanistischen Minuskel sind f und langes s mit deutlicher, nach links umgebogener Unterlänge. Die Kapitalis-Versalien sind zumeist gänzlich in den Mittellängenbereich der Minuskeln eingefügt. Einige Versalien der Fraktur in Inschrift (B) und mitunter auch die unter die Grundlinie reichenden Bögen der Gemeinen g und h sind sparsam mit Kontraschleifen verziert.

Die Schriftformen vor allem der Humanistischen Minuskel sind sehr ähnlich denen auf zwei 1603 bzw. 1605 entstandenen Öhringer Grabplatten (nrr. 567, 587), auf einem Waldenburger Grabmal von 1607 (nr. 598) sowie – in schrägliegender Variante – auf einer Neuensteiner Grabplatte von 1603 (nr. 568), so daß es sich hierbei um die Werke ein und desselben Steinmetzen handeln könnte. Für die Datierung der vorliegenden Grabplatte ist damit ein Anhaltspunkt gegeben, der sich durch Kirchenbucheinträge untermauern läßt. Zwar läßt sich Breunger in den erst ab 1609 erhaltenen Sterberegistern nicht nachweisen, doch geht aus Einträgen in den Tauf- und Eheregistern hervor, daß er zwischen 1600 und 1611 gestorben sein muß7: Bei der Geburt seiner Tochter Margaretha Elisabeth am 4. Februar 1600 war er noch am Leben, dagegen war er bei der Hochzeit seiner Tochter Anna mit Hans Erer am 23. Juni 1611 bereits verstorben8. Aus welcher Familie seine Frau Agatha stammt, ließ sich nicht ermitteln9.

Textkritischer Apparat

  1. Bien Eberhard.
  2. Das Wort ist fast völlig zerstört, lediglich die unteren Abschnitte der letzten drei Buchstaben und die Unterlänge des langen s sind noch sichtbar. Davor sind vermutlich eher zwei als eine Zeile zu ergänzen.
  3. Obere Hälfte des gesamten Worts zerstört.
  4. Am Zeilenende fälschlich gesetzte Worttrennstriche unter der Grundlinie.
  5. Erste Zeile zentriert.
  6. ne in kleinerem Schriftgrad über die Zeile gestellt, mit einer Bogenlinie umrahmt und somit als zum Wort zugehörig gekennzeichnet.
  7. Die Auflösung der ersten Nameninitiale nach Ev. PfA Neuenstein, Kirchenbuch 1 (1556–1668) (LKA, KB Film 1347), Eheregister zu 1611 (vgl. Anm. 7). Die zweite Initiale ließ sich nicht auflösen.

Anmerkungen

  1. Erste Zeile in kleinerem Schriftgrad.
  2. Ps 31,6.
  3. Phl 1,21.
  4. Ps 4,9.
  5. Herzförmiger Anhänger (?) mit runder Öse, begleitet von drei sechsstrahligen Sternen; hier zu beiden Seiten der Hauptfigur zusätzlich die Initialen P B.
  6. Bebandetes Jagdhorn, oben begleitet von den Initialen A I. Vermutlich ein redendes Wappen für Jäger o. ä.
  7. Ev. PfA Neuenstein, Kirchenbuch 1 (1556–1668) (LKA, KB Film 1347), Taufregister zu 1600 und Eheregister zu 1611.
  8. „Anna, Peter Breungers seligen Ehliche hinderlassene Tochter“.
  9. Vgl. Anm. g und 6.

Nachweise

  1. Eberhard, Grabsteine Friedhofkapelle 1 (teilw.), 2 (Abb., Ausschnitt).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 638 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0063801.