Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 637 Öhringen, Friedhofskapelle St. Anna 1. Jz. 17. Jh.?

Beschreibung

Grabplatte des Johann Zobel († 1582). Im Chor im Boden, erste Reihe von Westen, dritte Platte von Norden. Roter Sandstein. In der Mitte ein hochovales eingetieftes Feld, darin ein linksgewendetes Vollwappen; über dem Wappenfeld Sterbevermerk (A), unten Bibelspruch (B). Abgetreten; zahlreiche Ausbrüche.

Siehe Lageplan.

Maße: L. 162, B. 86, Bu. 3,2 (A), 3,9 cm (B).

Schriftart(en): Humanistische Minuskel mit Frakturelementen (A), Fraktur (B).

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/3]

  1. A

    Anno 1582 . den 28 Junij / Ver schiedt Jn Christo der Er=/bar Ernuest Johann Zobell / Gewesener Sÿndicus Alhie zu / Oringen Er warth des groszen / Tagsa) des herrn

  2. B

    Corinth : Am 15 . Es wirdt ge/sehet Verwe[s]zlich . Vnd wirdt / Aufferstehen Vnuerb) weszlich et(cetera)c)1)

Wappen:
Zobel2.

Kommentar

Sowohl die Humanistische Minuskel als auch die Fraktur sind regelmäßig und sorgfältig ausgeführt. Die Proportionen und die Betonung der Senkrechten bei der Humanistischen Minuskel lassen noch eine Orientierung an der Gotischen Minuskel erkennen und erinnern an die Gotico-Antiqua, wie sie im Passauer Raum inschriftliche Verwendung fand. Die Bögen sind mit Ausnahme des oberen, gebrochenen Bogenabschnitts des e jedoch völlig ausgerundet. Aus der Fraktur entlehnt sind neben dieser Form des e das Bogen-r, die rechte Hälfte des w und die quadrangelförmige Fahne des r, die über den Schaft hinaus in den Oberlängenbereich ragt. Ferner reicht das lange s in den Unterlängenbereich, sein unteres Schaftende ist nach links hochgebogen, und der Schaft weist eine leichte Schwellung auf. Einige der Kapitalis-Versalien sind ganz in den Mittellängenbereich eingefügt. Die Frakturversalien sind ausgewogen und schlicht. Die charakteristische Humanistische Minuskel mit den Fremdformen der Fraktur weist auf eine (Öhringer?) Werkstatt hin, aus der im Bearbeitungsgebiet etliche weitere Inschriftendenkmäler aus der Zeit nach 1602 erhalten sind3. Dieselbe Hand, für die die leicht gestreckten Proportionen der Buchstaben typisch ist, läßt sich ansonsten zwischen 1603 und 1607 nachweisen, so daß davon auszugehen ist, daß auch die vorliegende Inschrift erst um diese Zeit und nicht schon 1582 entstanden ist. Vielleicht war die ursprüngliche Grabplatte beschädigt worden, so daß sie ersetzt werden mußte.

Für den Stiftssyndikus Johann Zobel und seine erst 40 Jahre nach ihm verstorbene Witwe Margaretha geb. Baumgeser wurde ein großes hölzernes Epitaph in der St. Anna-Kapelle angebracht (nr. 725). Als Zobels Todestag wird dort abweichend der 29. Juni angegeben.

Textkritischer Apparat

  1. Letzte Zeile zentriert.
  2. Von dem V nur der gebogene rechte Schrägschaft erhalten.
  3. z-förmiges Kürzungszeichen.

Anmerkungen

  1. 1 Ko 15,42.
  2. Linksgewendet. Über einem erniedrigten, mit zwei sechsstrahligen Sternen belegten Balken ein springender Marder, in den Vorderfängen ein Herz (hier stark zerstört) haltend; Helmzier: über Helmwulst der Marder wachsend.
  3. Vgl. Einl. 78, 82f.

Nachweise

  1. Maisch, Aus dem Werk früherer Heimatforscher (KrAHK) 83.
  2. Ders., St. Anna-Kirche.
  3. Birkenstock 16f. Nr. 12.

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 637 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0063704.