Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 628 Crispenhofen (Gde. Weißbach), ev. Pfarrkirche 1610

Beschreibung

Epitaph des Kleinkinds Hans Jörg Widmann. Außen an der Langhaussüdwand, zweiter Stein von Osten. Tafel aus Sandstein mit dreizonigem Aufbau: Als Bekrönung eine querovale Kartusche mit eingehauenem Bibelspruch (A); in der fast quadratischen Hauptzone unter einem Rundbogen Darstellung des nach rechts hin in Anbetung vor dem Kruzifixus knienden, mit langem Rock, Wams und Halskrause bekleideten Kindes; über dem Kopf des Kindes ein erhabenes Sterbekreuzchen, vor ihm am Boden ein flaches Barett; in der Sockelzone der fünfzeilig eingehauene Sterbevermerk (B); darunter in einem hinter dem Sims zurückspringenden segmentbogigen Auszug das Herstellungsjahr (C). Die vorgeritzten Zeilenbegrenzungslinien sind noch sichtbar. Mit Steinfarbe gestrichen. Im Bildrelief zwischen dem Kruzifixus und dem Kind ein großes, mit Zementmörtel geschlossenes Dübelloch: möglicherweise war hier ursprünglich ein Wappen befestigt.

Maße: H. 122, B. 65, Bu. 1,9 (A), 2,2 (B), Zi. 1,8 cm (C).

Schriftart(en): Kapitalis (A, B).

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/2]

  1. A

    MARCI . 10 . / LASSET . DIE . / KINDLEIN . ZV . / MIR . KOMEN1) ·

  2. B

    ANNOa) . 1609 . DEN . 2 . IVLIJ . IST / IN . CHRISTO . SELIGLICH . ENT=/SCHLAFFEN . HANNS . IÖRG . / WIDMAN . SEINES . ALTERS . / . 2 . IAR . 9. MONAT .b)

  3. C

    1610

Datum: 12. Juli 1609 n. St.

Kommentar

Die Buchstaben haben quadratische Proportionen. Kräftige Dreiecksporen und übermäßig große viereckige I-Punkte erzeugen ein schwerfälliges Schriftbild. Der Mittelbalken von E und F ist auffällig kurz. Am Beginn der Inschrift (B) ist das A vergrößert, der linke Schaft ist geschwungen, bildet unter der Grundlinie eine Schleife, und sein oberes eingerolltes Ende ragt über den rechten Schaft hinaus. Die senkrechte Cauda des G ist weit nach links eingerückt. Der untere Balken des Z ist linksschräg ausgerichtet und geschwungen. Der Bogen der weit offenen 9 ist im Scheitel spitz ausgezogen. Die Ziffer 2 ist z-förmig. Die klobigen Worttrenner-Quadrangel auf der Grundlinie liegen teils auf der Kante, teils stehen sie auf der Spitze. Die Schriftmerkmale stimmen weitgehend überein mit denen der Kapitalis des Öhringer Bildhauers Philipp Kolb, so daß die Inschrift wahrscheinlich ihm zuzuschreiben ist. Ein Vergleich mit den von Kolb signierten Epitaphien in der Öhringer Friedhofskapelle zeigt allerdings, daß der figürliche Schmuck des vorliegenden Grabmals sicherlich nicht von dem Meister, sondern vermutlich von einem Werkstattgehilfen gefertigt wurde.

Das früh verstorbene Kind war der einzige Sohn des Pfarrers Magister Georg Widmann, der von 1594 bis 1636 in Crispenhofen amtierte. Widmann ist in Öhringen geboren und studierte in Erfurt und Wittenberg. 1593 heiratete er Magdalena Ebert aus Langenburg († 1635)2. Für die jüngste der vier Töchter aus dieser Ehe ist ebenfalls ein Epitaph in Crispenhofen erhalten (nr. 744).

Textkritischer Apparat

  1. Anfangsbuchstabe vergrößert.
  2. Darunter, in der Zeile zentriert, ein Linienspiel als Raumfüller.

Anmerkungen

  1. Mk 10,14.
  2. Alle Angaben nach Pfarrerbuch Württ. Franken 2, 505 Nr. 2934; vgl. auch Rauser, Weißbacher Heimatbuch 99.

Nachweise

  1. OAB Künzelsau 463 (erwähnt).
  2. Aus der Kirchengeschichte von Weißbach 83 (Abb.).
  3. Kdm. Künzelsau 119 (erwähnt).
  4. Rauser, Weißbacher Heimatbuch 58 (erwähnt, nach Kdm.), 95 (Abb.).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 628 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0062805.