Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 622 Kloster Schöntal (Gde. Schöntal), Jagstbrücke 1609

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften; Vermögen und Bau Baden-Württemberg, Amt Heilbronn [1/4]

Werkmeistersignatur und Sonnenuhr.

I. Werkmeistersignatur des Michael Kern II. Seit 1880 an der Bergseite (Nordseite) zwischen dem ersten und zweiten Pfeiler von Westen, etwa 1,20 m unterhalb der Brüstung eingemauert; zuvor an nicht näher bezeichneter Stelle „unterhalb der Brücke“1. In einer kleinen Bogennische Brustbild des Werkmeisters in Relief, darunter dreizeilige Inschrift. Der Vollbärtige hält in der Rechten einen Zirkel und in der Linken, die auf der von einer Ritzlinie gerahmten Schrifttafel ruht, eine Schriftrolle (?). Sandstein; stark verwittert.

Maße: H. ca. 65, B. ca. 55, Bu. ca. 4 cm.

Schriftart(en): Fraktur.

  1. Michela) Kern · Burger / zu Forchtenberg werckmei/ster d[i]ser Brucken · 16 . 09 .

II. Sonnenuhr. An der Talseite (Südseite) am ersten Pfeiler von Westen in etwa 2 m Höhe. Querrechteckiger Sandsteinquader, weit vorragend vor die spitzwinklige Kante des Pfeilers gesetzt. Die Stirnseite, deren untere Ecken abgeschrägt sind, bildet die Fläche der Sonnenuhr. Entlang der Oberkante Inschrift (A). Entlang den seitlichen und unteren Kanten, links oben beginnend, sind umlaufend die Stunden in arabischen Ziffern (B) eingetragen. Stark verwittert und bestoßen, obere Kante links beschädigt (Schriftverlust)2. Ehedem vorhandene, die Fläche gliedernde Ritzlinien sind nur noch ansatzweise erkennbar. Polstab nicht mehr vorhanden.

Maße: H. 52, B. 69, T. (frei vor dem Pfeiler) 53, Bu. 4,5, Zi. 3,2–5,2 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

  1. A

    ẠṬERb)c) CA LE

  2. B

    6 7 8 / 9 / 10 11 12 1 2 / 3 / 4 5 6

Kommentar

Die Schriftformen der Fraktur stimmen mit denen der Ingelfinger Brückeninschrift von 1608 (nr. 610) überein, die ebenfalls von Michael Kern II. ausgeführt wurde. Lediglich die Versalien sind schlichter gestaltet.

Nachdem 1573 die auf Steinpfeilern ruhende Schöntaler Holzbrücke über die Jagst zum wiederholten Mal durch Eisgang zerstört worden war, ließ Abt Theobald Koch (1607–1611) zu Beginn seiner Amtszeit durch einen Haller Baumeister an gleicher Stelle eine Steinbrücke errichten3. Der sofortige Einsturz des mittleren Jochs nach Abbau der Bogengerüste hatte einen Neubau zur Folge, für den im Februar 1609 der Akkord mit Michael Kern II. von Forchtenberg geschlossen wurde4. Die Brückenweihe wurde am 2. Februar 1610 von dem Bamberger Bischof Johann Gottfried von Aschhausen vorgenommen, wobei er vom Schöntaler Abt „in pontificalibus“ assistiert wurde5. Das Bauwerk, mit dem Abt Theobald offenbar den Baueifer seines Vorgängers Johannes Lurtz zu übertrumpfen suchte, zog weithin die Bewunderung auf sich, und zahlreiche Baumeister sollen nach Schöntal gereist sein, um die Architektur der Brücke zu studieren6.

Die Bedeutung der Buchstabengruppen (A) an der Sonnenuhr ist unklar.

Textkritischer Apparat

  1. Das h wird teilweise durch den rechten Schenkel des Zirkels verdeckt.
  2. Davor die erste Stundenziffer von Inschrift (B), daher kein Raum für weitere Buchstaben. Vom ersten Buchstaben nur noch der untere Teil des rechten Schrägschafts vorhanden, vom zweiten Buchstaben nur die untere Schafthälfte.
  3. Obere Hälfte stark beschädigt.

Anmerkungen

  1. OAB Künzelsau 793.
  2. Ein Teil der Beschädigungen ist wohl auf die Sprengung des westlichen Brückenbogens 1945 zurückzuführen. Der Bogen wurde 1950 wieder aufgebaut; vgl. Kdm. Künzelsau 385.
  3. Ebd.; OAB Künzelsau 793.
  4. Kdm. Künzelsau 385.
  5. Müller/Stöcklein (WLB Cod. Don. 600) fol. 49v.
  6. Ebd.

Nachweise

  1. OAB Künzelsau 793 (nur I).
  2. Gradmann, Monumentalwerke 7 Anm. 3 (nur I).
  3. Kdm. Künzelsau 385 (nur I).
  4. Dienel, Werke der Künstler Kern III, in: Mitt. d. Stadt Forchtenberg 3 (1974) Nr. 20 (nur I, teilw.).
  5. Rauser, Schöntaler Heimatbuch 353 (nur I teilw.), 352 (Abb. von I).
  6. Rößler, Michael Kern II. 31 (nur I), 28 (Abb. von I).
  7. Baden-Württemberg. Vielfalt und Stärke der Regionen, hg. v. Hans-Georg Wehling, Angelika Hauser-Hauswirth u. Fred Ludwig Sepaintner, Leinfelden-Echterdingen 2002, 246 (Abb. von I).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 622 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0062203.