Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 621 Öhringen, Friedhofskapelle St. Anna 1609

Beschreibung

Epitaph der Juliana Martha Junius. Bis zur Innenrenovierung der Kapelle 1972 im Chorpolygon im Winkel zwischen der Südwand und der Südostwand aufgehängt1, seither im Langhaus an der südlichen Chorbogenwand neben der Kanzel. Holztafel, bemalt. Innerhalb eines breiten Roll- und Beschlagwerkrahmens oben eine von einer geschnitzten Frauenmaske bekrönte querrechteckige Kartusche mit Bibelsprüchen (A), darunter in der Mitte ein von einer aufgeleimten Rahmenleiste umgebenes querrechteckiges Bildfeld mit der Darstellung Christi, dem die Mütter ihre Kinder bringen, unten im Bildfeld ein schmaler weißer Streifen mit zweispaltig angeordneter Versbeischrift (B); zu beiden Seiten des Gemäldes je ein von einem ovalen Lorbeerkranz umgebenes Vollwappen, der Kranz des heraldisch rechten Wappens umwickelt mit einem mit einer Wappendevise (C) beschrifteten weißen Schriftband. Unter dem Gemälde eine seitlich gerundete Kartusche mit Sterbevermerk (D), darunter in der Mitte ein geschnitzter, sich die Brust mit dem Schnabel aufritzender Pelikan am Nest. Alle Inschriften schwarz auf weißem Grund, in den Inschriften (A), (B) und (D) sind einzelne Wörter und Versalien rot ausgezeichnet. Restauriert.

Siehe Lageplan.

Maße: H. 104, B. 95, Bu. 1,0 (A, D), 0,7 (B), 0,6 cm (C).

Schriftart(en): Fraktur und Kapitalis (A, D), Fraktur (B), Kapitalis (C).

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/9]

  1. A

    Lasseta) die Kindtleina) zu mir Kommena) · / vnd Wehreta) Jhnena) nicht den Solchera) ist / das Reÿcha) Gottesa)2) , MARCI . X . CAP :b) / Denna) Eüwersa) Vattersa) im Himmela) will / nit ist Dasa) Jemandta) von disen Kleinena) / verlohren werde3) , MATH : XVIII . CAP :b)

  2. B

    Gleicha) wie der Hirscha) nach wasser geilt4) ,Allsoa) vnser Seela) nach dir eilt . //Herra) Christa) wendt ab all Hertzena) leid ,Erquickha) die Seela) mit gnad vnd Freida) .

  3. C

    1609 //EFFINGIT // PHOENIX // CHRISTVM // REPARABILIS // ALES5)

  4. D

    Anno , 1602c) , den , 23 , SEPTEMBRIS ,d) Zwischena) 6 ,e) vnd · 7 ·f) / vhrr nach Mittaga) Starba) mein Joannisa) Junija) / Gemeinera) Graueschaffta) Hohenloea) REGISTRATORISg) / alhier Döchterlina) Julianaa) Marthaa) , ihres / Altersa) . 38h) wochen , 4h) tag Welchesa) Seelea) Gotta) / gnedig Seina) wölle , Amen .i)

Übersetzung:

Der Phönix, der sich wieder erneuernde Vogel, ist ein Abbild Christi.

Versmaß: Deutsche Reimverse (B), Hexameter (C).

Datum: 3. Oktober 1602 n. St.

Wappen:
Junius6, Schuler7.

Kommentar

Der Grad der Überarbeitung der Fraktur im Zuge von Restaurierungen des Epitaphs läßt sich schwer bestimmen, doch scheint der ursprüngliche Schriftcharakter weitgehend erhalten zu sein. Das Schriftbild wird ganz wesentlich durch die meist weit nach links ausgreifenden, teilweise reich mit Zierlinien geschmückten und durchweg rot ausgezeichneten Versalien bestimmt. Die Proportionen im Mittellängenbereich sind sehr breit. Der Schaft des h und gelegentlich des t ist mit einer halbrunden Zierlinie überwölbt, der Oberschaft des l ist tief gespalten. Die als Schwellzug gestaltete Fahne des langen s greift nach links über den Schaft hinaus. Dem Schriftbefund nach dürfte das vorliegende Epitaph von demselben Maler geschaffen worden sein wie das Epitaph des Johann Keller von 1606 (nr. 589).

Eigenartig ist, daß das Kind erst sieben Jahre nach seinem Tod ein Epitaph erhielt. Es war am 1. Januar 1602 getauft worden. Ihre Mutter war Elisabeth Schuler8, ihre namengebenden Patinnen die Gräfinnen Juliana und Martha von Hohenlohe, Töchter Wolfgangs II. zu Weikersheim9.

Textkritischer Apparat

  1. Versal rot ausgezeichnet.
  2. Gesamte Bibelstellenangabe rot ausgezeichnet.
  3. Anno , 1602 rot ausgezeichnet.
  4. 23 , SEPTEMBRIS , rot ausgezeichnet.
  5. 6 , rot ausgezeichnet.
  6. · 7 · rot ausgezeichnet.
  7. Gesamtes Wort rot ausgezeichnet.
  8. Zahl rot ausgezeichnet.
  9. Amen . und eine anschließende, als Zeilenfüller dienende Zierranke rot ausgezeichnet.

Anmerkungen

  1. Vgl. Birkenstock 79 Nr. 72.
  2. Mk 10,14.
  3. Mt 18,14.
  4. Nach Ps 42,2.
  5. Nach Ausonius, Eclogae 22 (De aetatibus animantium. Hesiodion) V. 6: „Multiplicat novies Phoenix, reparabilis ales“. Ed. R. P. H. Green, Oxford 1991, 108.
  6. Linksgewendet. Geteilt, oben in Blau ein aus rot-gelben Flammen wachsender weißer Phönix; Helmzier: über blau-gelbem Helmwulst ein in ein gelb-blau gespaltenes Wams mit Kragen und Aufschlägen in verwechselten Tinkturen und mit schwarzen Knöpfen gekleideter Mann mit blau bequasteter, blau-gelb gespaltener und in verwechselten Tinkturen gestulpter Mütze, in beiden Händen je eine Glockenblume (?) mit drei weißen Blüten haltend.
  7. In Schwarz ein gelber Löwe, in den Vorderpranken ein geöffnetes weißes Buch haltend; Helmzier: über schwarz-gelbem Helmwulst der Löwe mit Buch sitzend.
  8. Ev. PfA Öhringen, Kirchenbuch 1 (LKA, Film KB 1324), Taufregister zu 1602 I 1: nur Angabe des Vornamens. Familie erschlossen aus dem Wappen auf dem Epitaph.
  9. Vgl. ebd.

Nachweise

  1. Birkenstock 79f. Nr. 72 (nur A, B, D).
  2. Erdmann, Diareihe St. Anna-Kapelle 18 (nur teilw.).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 621 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0062106.