Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 605 Öhringen, Friedhofskapelle St. Anna 1607, 1612

Beschreibung

Epitaph für Hans Franz von Schönberg und seine Frau Sara geb. Vetter. Innen an der Nordseite des Langhauses, an der Westseite des östlichen Strebepfeilers. Hohe, schmale Ädikula aus rotem Sandstein, Teile des plastischen Schmucks aus Alabaster. Als Aufsatz eine querrechteckige, seitlich von zwei Delphinen gerahmte Tafel mit aufgemaltem Sterbevermerk (A); in der von Pilastern gerahmten Hauptzone vor einem Blendbogen vollplastischer Kruzifixus (Corpus aus Alabaster) und zu beiden Seiten darunter die Figuren der in Anbetung knienden Eheleute; oben am Kreuz Alabastertäfelchen mit eingehauenem und mit schwarzer Farbe ausgemaltem Titulus (B); über beiden knienden Figuren jeweils ein aufgemalter Bibelspruch (C, D); auf den Pilastern Reste von jeweils einem aus Alabaster gefertigten Vollwappen; Als Sockel eine große rollwerkgerahmte Schrifttafel mit aufgemaltem Sterbevermerk (E), darunter in der Mitte ein kleines querrechteckiges Feld mit aufgemalter Bildhauersignatur (F). Alle Zeilen vorgeritzt, sämtliche aufgemalten Inschriften verblaßt, aber noch gut lesbar. Kruzifixus und Wappen verstümmelt, vom heraldisch rechten Wappen nur Bruchstücke erhalten, das linke Wappen völlig zerstört.

Siehe Lageplan.

Maße: H. 242, B. 92, Bu. ca. 1,9 (A, C, D), ca. 1,3 (B), 1,9 (E), 2,2 cm (F).

Schriftart(en): Fraktur, Kapitalis und Humanistische Minuskel mit Frakturelementen (A), Kapitalis (B, F), Fraktur (C, D), Fraktur und Kapitalis (E).

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/4]

  1. A

    ANNO DOMNI 1605 den 12 tag September / Jst der Ehrnuest vnd Furgeacht Her Hanns / Frantz von Schönberg Notari(us) Publ(icus)a) Wey=/landt Her(n) Mathaei von Schönberg Seliger / Des Raths zu Worms (et)c(etera) Ehälucherb) sohn vmb / Aein vhr in der Nacht zu Öringen Seines alt=/ers · Sibenzig Jhar in Christo seliglich Entschla/ffen vnd volgends den 14 Euisdemc) Christ=/lich zur erden bestattatb) Worden ·d)

  2. B

    INRI

  3. C

    Herr wen Jch nur dich / habe So frage ich nichts / Nach Himel vnd Erden1) / Ps : 73 :

  4. D

    Christus ist mein Leben / Vnd Sterben ist mein / Gewin2) · Philipp : I

  5. E

    ANNO DOMINI · 16〈12 ·〉 den 〈NOVEMBRIS〉 Jst / Auch die Erbar vnd Tugentsam Fraw Sara weÿg=/landt Hern Vlrich Vetters Seligen burgers zu / Augspurg (et)c(etera) Eheliche Tochter obehrngedachten Hern / Hanns Frantzen von Schönberg seligen Eheliche / hinderlassene widwe ihres Alters in dem 〈62〉 Jhar / Christseliglich Verschieden : Denen Gott ein Fröliche / Aufferstehung Verleihen wölle AMEN .

  6. F

    16 P(hilipp) · K(olb) 07

Datum: 22. September 1605 n. St.

Wappen:
Schönberg3, [Vetter]4.

Kommentar

Die aufgemalten Inschriften dürften der Signatur zufolge von dem Bildhauer Philipp Kolb eigenhändig ausgeführt worden sein. Die Schrift ist allerdings wesentlich regelmäßiger, und die feinen Haarlinien an den Versalien und an den Ober- und Unterlängen der Gemeinen mit ihren oft etwas eigenwilligen Schleifenbildungen fallen hier weniger auf als bei den von Kolbs Hand eingemeißelten Inschriften. In beiden Sterbevermerken sind die Anfangsbuchstaben der in Kapitalis hervorgehobenen Wörter stark vergrößert.

Der Vater des Hans Franz von Schönberg hieß nicht, wie in Inschrift (A) zu lesen ist, Matthäus, sondern Matthias (auch genannt Balthasar). Er war Händler für „allerlei Waar“5. Ab 1507 war er Mitglied im Gemeinen Rat der Reichsstadt Worms, ab 1522 im sogenannten Dreizehnerrat, dem engeren Führungsgremium der Stadt. Er ist 1541 gestorben6. Der Namensbestandteil „von“ ist kein Adelsprädikat, sondern lediglich Herkunftsbezeichnung, worauf auch die Epitheta ehrenvest und fürgeacht hindeuten.

Textkritischer Apparat

  1. Notari(us) Publ(icus) in Humanistischer Minuskel.
  2. Sic!
  3. So statt Eiusdem; Wort in Humanistischer Minuskel.
  4. Als Schlußzeichen und Zeilenfüller ein Quadrangel mit unten angesetzter und nach rechts ausgezogener Zierschleife.

Anmerkungen

  1. Ps 73,25.
  2. Phl 1,21.
  3. Vom – vermutlich linksgewendeten – Schild ist nur noch die rechte obere Ecke erhalten, darin eine Krone; die Helmzier auf dem Stechhelm ist verstümmelt, es dürfte sich um einen Menschen- oder Tierrumpf gehandelt haben.
  4. Völlig zerstört.
  5. Elisabeth Zotz, Nachrichten von einigen Ratsherren aus der Zorn-Meixnerschen Chronik Seite 406, in: Der Wormsgau 3,1 (1951) 21–26, hier: 21; vgl. auch Johannes Kraus, Neue Quellen zur Wormser Ratsgeschichte II. Liste der Mitglieder des Gemeinen Rates von 1440–1609, in: Der Wormsgau 1,5 (1928) 122–130, hier: 123: „institor variarum mescium“. Diese Nachweise sowie die der folgenden Anmerkung verdanke ich der freundlichen Mitteilung meines Mainzer Kollegen Dr. Rüdiger Fuchs.
  6. Vgl. August Weckerling, Verzeichnis der Mitglieder des Dreizehner Rats der Stadt Worms, in: Vom Rhein 9 (1910) 66f., hier: 66 Nr. 9; Geschichte der rheinischen Städtekultur von den Anfängen bis zur Gegenwart mit besonderer Berücksichtigung der Stadt Worms, hg. v. Heinrich Boos, Bd. 4, Berlin 21901, 155, 355; Kraus, Neue Quellen II (wie Anm. 5) 122f.

Nachweise

  1. Birkenstock 53–55 Nr. 52.

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 605 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0060502.