Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 601 Niedernhall, Friedhof 1607

Beschreibung

Epitaph für das Ehepaar Hans Burck und Ursula geb. Schelcker sowie für den Sohn Hans „Knerzer“. An der Innenseite der westlichen Friedhofsmauer, im Eingangsbereich gegenüber der Leichenhalle unter einem Schutzdach, sechster Stein von links. Hochrechteckige Sandsteinplatte mit vorgeblendeter viergeschossiger Ädikula. Im Giebel Bibelspruch (A); darunter drei gleich hohe Geschosse jeweils mit quadratischem Feld zwischen breiten Pilastern: im oberen Geschoß Sterbevermerk (B), die Pilaster mit Diamantquaderung; im mittleren Geschoß Sterbevermerk (C), die Pilaster mit Roll- und Beschlagwerk belegt; im Sockelgeschoß Sterbevermerk (D), die Pilaster wiederum mit Diamantquaderung. Witterungs- und Stoßschäden; querverlaufender Riß unterhalb der Mitte. Die Schrift wurde bei einer Restaurierung 1988 mit grauer Farbe nachgezogen1.

Maße: H. 187, B. 71, Bu. 2,5 (A), 2,1 (B), 2,1–2,5 (C), 2,4–2,6 cm (D).

Schriftart(en): Kapitalis.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/2]

  1. A

    PHILIPI / CHRISTVS · IST · MEIN / LEBEN · STERBEN / IST · MEIN · GEWIN2)

  2. B

    ANNO · 1607 · DEN · 5 · / NOVEMBRIS · ABENDS · ZWI/SCHEN · 8 · VND · 9 · VHRN · IST / DIE · EHRN · THVGENTSAME / FRAW · VRSVLA · SCHELCKH/ERIN · DES · ERBARN · HANS / BVRCHEN · EHELICHE · HAV/SFRAW · IN · GOTT · CHRIST=/SELIGLICH · VERSCHIEDEN / DERN · GOTT [·] EINE · FREL/LICHE · AVFFERSTEHVN/Ga) · VERLEIHEN · WELLEN / AMEN · IHRES · ALLTERS / 〈– – –〉b)

  3. C

    ANNO · 1607 · DEN · 6 / NOVEMBRIS · MORGENS / · ZWISCHEN · 4 · VND · 5 · / VHRN · IST · DER · EHRNHF/AFTc) · VORNEHM · HANS · / BVRCKH · DES · GERICHTS / VND · SCHENTHALISCH(ER)d) · / SCHVLLTHIS · ZVE · NIDER/NHALL · IM · HERRN · SELIG/LICH · ENTSCLAFENc) · / DEME · GOTT · GNADE / SEINES · ALLTERSe) / 〈– – –〉b)

  4. D

    ANNO · 1607 · DEN / 〈– – –〉 / IST · HANS · KNERZER · BED/ER · OBIGER · EHELEIT · SOHN / EBENMESIG · ALS · SEINE · / ELTERN · AN · DAMALN · RE/GIERENDER · PESTIN · IN · / WAHREN · GLAVBEN · SELIGL/ICH · VERSCHIEDEN · DENEN / SAMPTLICH · GOT · EIN · FRELI/CHE · AVFERSTHEHVNG · VER/LEIHEN · AMEN · 17 · IAHR · ALT

Datum: 15. November 1607 n. St., 16. November 1607 n. St.

Kommentar

Die Gestaltung des Grabmals und die Schriftformen der Kapitalis sind identisch mit denen des Epitaphs für die im selben Monat verstorbene Sabina von Zedtwitz (nr. 602), der Steinmetz ist derselbe. Alle drei Familienmitglieder sind vermutlich innerhalb kürzester Zeit an der Pest verstorben. Den Auftraggebern des Grabmals lagen zum Zeitpunkt der Anfertigung offenbar nicht alle persönlichen Daten der Verstorbenen vor, so daß in allen Sterbevermerken Lücken für spätere Nachträge gelassen werden mußten, die auch später nicht ausgefüllt wurden.

Hans Burck läßt sich bereits 1597 als Mitglied des Gerichts nachweisen3. 1602 war er einer der drei städtischen Mühlmeister (Mühlaufseher)4. Kloster Schöntal hatte ab 1233 nach und nach Besitz in Niedernhall erworben, diesen aber zum größten Teil 1326 an das Mainzer Erzstift veräußert5. Die verbliebenen Güter wurden von einem eigenen Schultheißen („Münch-Schultheiß“) verwaltet6. Ab wann Burck dieses Amt versah, ließ sich nicht ermitteln.

Da der 18jährig verstorbene Hans Knerzer in Inschrift (D) unzweifelhaft als ehelicher Sohn von Hans und Ursula Burck ausgewiesen ist, kann „Knerzer“ hier nur ein Beiname, kein Familienname sein. Die Bezeichnung ist nicht eindeutig, aber vermutlich deutet sie auf Kleinwüchsigkeit des Verstorbenen hin7.

Textkritischer Apparat

  1. H aus N verbessert.
  2. Letzte Zeile für den Nachtrag freigelassen.
  3. Sic!
  4. Kürzung durch Doppelpunkt.
  5. Die beiden Wörter stehen in der Zeile zentriert.

Anmerkungen

  1. Foto, das den früheren Zustand festhält, in der Fotokartei der Inschriftenkommission der Heidelberger Akademie der Wissenschaften.
  2. Phl 1,21.
  3. Als Testamentszeuge; vgl. Rauser, Niedernhaller Heimatbuch 71. Er dürfte auch mit dem 1595 als Zeuge genannten Niedernhaller Bürger Hans „Bruckh“ identisch sein; vgl. Rauser, Niedernhaller stadteigene Urkunden 53f. Nr. 14.
  4. Rauser, Niedernhaller Heimatbuch 192.
  5. LdBW IV, 221.
  6. Vgl. Rauser, Niedernhaller Heimatbuch 173.
  7. „Knorzen“, „Knorzer“ in der Bedeutung von „Knirps, kleines Kind, verkrüppelter bzw. klein gebliebener Mensch“: Badisches Wörterbuch, begonnen u. bearb. v. Ernst Ochs, fortgesetzt v. Karl Friedrich Müller, weitergeführt u. bearb. v. Gerhard W. Baur, Bd. 3, Lahr/Schwarzwald 1975–97, 194. Vgl. auch Grimm, Dt. Wörterbuch 5, Sp. 1492f. (s. v. „Knorz“, „Knorzel, Knörzel“).

Nachweise

  1. OAB Künzelsau 732 (erwähnt).
  2. Kdm. Künzelsau 253 (erwähnt).
  3. Rauser, Niedernhaller Heimatbuch 369.
  4. Niedernhaller Grabmale.

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 601 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0060104.