Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 73: Hohenlohekreis (2008)
Nr. 586 Ernsbach (Stadt Forchtenberg), „Schlößle“ 1605
Beschreibung
Steintafel mit Brückenbauinschrift. Außen an der Südseite, im Erdgeschoß zwischen den beiden östlichen Fenstern eingemauert. Ursprünglich am östlichen Brückenkopf der Kocherbrücke, die im April 1945 von deutschen Truppen gesprengt wurde. Quadratische Sandsteintafel. Oben in der Mitte ein Wappenschild, dessen Schildbild von zwei eingehauenen Initialen (A) begleitet wird. Beiderseits des Wappens querrechteckige Schrifttafeln mit mächtigen Rollwerkrahmen, links Inschrift (B), rechts (C). Die unteren drei Viertel der Tafel werden von einer querovalen Rollwerkkartusche eingenommen, im Feld Versinschrift (D), auf dem Rahmen umlaufend die Nennung des Baumeisters (E). Verwittert, Rahmenteile der Kartuschen weggebrochen, Schriftverlust in Inschrift (E).
Maße: H. 98, B. 96, Bu. 3,8 (A), 3,0 (B), 2,6 (C), 3,7–4,6 (D), 2,2 cm (E).
Schriftart(en): Kapitalis (A–C, E), Fraktur (D).
- A
A(braham) E(dig)
- B
DER · EHRSAME / ABRAHAM · EDIG / SCHVLTHEIS / ZV · ERNSPACH
- C
DIE · DREI · BURGEMEI=/STER · HANS · HEVS/SER · MICHEL · SCH=/MIRER WENDEL / SCHMIRER
- D
Als · man · Zelt · 1 · 600 · Jarr /5 · darzv · die · Jar · Zall · Warr /Den · 24 · April · darzv · genendt /Legdt · man · diesser · brvcken · Fvndamendt /Vnd · haben · Ṣiea) · Gebavdt · Allein /52 · Man · Jn · der · Gemein /Haben · Die · Gvolended · Garr /Obgemeld · abraham · edig · bavmeister · warr /Der · almechdig · Gott · sie · Erhaldt /Vnd · sie · behvd · Fv̈r · gewaldt
- E
M(EISTER) · MICHEL · K[ERN · VON · F]ORCHDENBRGb) [· WAR ·]c) DIESER · BRV̈CKEN · WERCK · MEI=//STERd)
Datum: 4. Mai 1605 n. St.
Edig (Öttig)1. |
Textkritischer Apparat
- Die Rauser.
- Sic! Ergänzung sinngemäß.
- Ergänzung sinngemäß.
- Unterbrechung des Worts durch Rahmenteile.
Anmerkungen
- Sechsspeichiges Mühlrad.
- Zur Mühle vgl. Kugler, Vom Bauern- zum Industriedorf 41–46; die folgenden Angaben zur Person Öttingers nach ebd. 43.
- Rauser, Forchtenberger Bürgeralltag 25 Nr. V.1.
- Vgl. Rauser, Forchtenberger Heimatbuch 322.
Nachweise
- Wibel, Hohenloh. Kyrchen- u. Reformations-Historie I, Vorbericht 10 (nur D).
- Rauser, Forchtenberger Heimatbuch 322 (nur D), 351 (Abb. 308).
- Kugler, Vom Bauern- zum Industriedorf 42 (Abb.).
Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 586 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0058602.
Kommentar
Die Kapitalis ist mit gleichbleibender Strichstärke wenig kunstvoll eingehauen. Auffälligste Buchstaben sind das M mit schrägen Schäften und kurzem Mittelteil und das sehr breite, aus zwei verschränkten V gebildete W. Der Mittelbalken des E ist sehr kurz, der untere Balken ist deutlich länger als der obere. Die Fraktur in Inschrift (D) ist schmal proportioniert und wirkt dadurch und durch die geringen Zeilenabstände sehr gedrängt. Die verschnörkelten, teilweise recht ungelenken Versalien sind in die Schriftzeilen eingezwängt. Die Tafel wurde vermutlich von Michael Kern II eigenhändig gefertigt, der in Inschrift (E) als Architekt der Brücke genannt ist. Die Fraktur ist hier eckiger und steifer als in den von Kern gehauenen Inschriften nrr. 523 und 564, stimmt aber weitgehend mit der Schrift einer von ihm signierten Wappentafel in Neuenstein (nr. 594) überein.
Als Vertreter der hohenlohischen Obrigkeit war der Schultheiß als „Baumeister“ für die Durchführung der Baumaßnahmen zuständig. Als Vertreter der Ernsbacher Gemeinde, deren Mitglieder den Bau ausgeführt haben, sind die drei Bürgermeister genannt. Schultheiß Abraham Edig (Öttig, Öttinger) war Pächter der Ernsbacher Mühle, die als Eigentum des Stifts Öhringen von den Grafen von Hohenlohe als den Stiftsvögten in Erbpacht vergeben wurde2. Zu dem Beruf paßt Edigs Wappenbild. Er wird auch 1610 noch als Schultheiß genannt und übte zudem das Amt des Zolleinnehmers in Ernsbach aus. 1615 ist er gestorben. Wendel Schmierer ist 1587 urkundlich nachweisbar als einer von zwei bestellten Taidungsleuten bei einem Liegenschaftsstreit in Forchtenberg3.
Als Ersatz für die 1945 gesprengte Brücke, die den Kocher und den Mühlkanal in sechs Bögen überspannte, wurde 1950/51 an anderer Stelle ein Neubau aus Beton errichtet4. Die Gedenktafel wurde an die 1776 erbaute ehemalige Faktorei des Hammerwerks („Schlößle“) in der Talaue des Kocher versetzt.