Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 578(†) Neuenstein, Schloß, Hohenlohe-Museum 1604?

Beschreibung

Stuckierte Wappen mit Beischriften in Schriftbändern, Reste einer monumentalen, in Kalkschneidearbeit ausgeführten Ahnentafel des Grafen Philipp von Hohenlohe. Ursprünglich Teil der Stuckverzierungen des Kaisersaals im Erdgeschoß des Westflügels, die 1874 beseitigt wurden1. Der ursprüngliche Anbringungsort und die Anordnung der Wappen sind nicht bekannt, doch muß es sich den erhaltenen Fragmenten zufolge um eine ähnliche Ahnentafel gehandelt haben, wie sie im sog. Rittersaal des Weikersheimer Schlosses erhalten ist2. Als zusammenhängende Darstellung kann sie sich demnach wohl nur an der östlichen Längsseite des Raumes befunden haben, die als einzige genügend Raum für die zahlreichen Wappen bot. Wahrscheinlich verzweigte sich die Ahnenprobe wie in Weikersheim von unten nach oben, wobei die Wappen der Ehepaare jeweils paarweise angeordnet waren. Wie sich erschließen läßt, muß es eine sechs Generationen zurückreichende Ahnenprobe zu 64 Ahnen gewesen sein. Die erhaltenen Stuckschilde mit skulptiertem und farbig gefaßtem Wappenbild sind ausnahmslos paarweise einander zugewandt und mit einem darüber befestigten, durchgehenden Schriftband versehen, auf dem die Namenbeischriften zu den jeweiligen zwei Wappen mit schwarzer Farbe auf hellgrauem Grund aufgemalt sind.

Die 1874 abgenommenen Wappen wurden, soweit noch einigermaßen gut erhalten, nach Abschluß der Restaurierungsmaßnahmen im Kaisersaal 1878 dort wieder, allerdings zusammenhanglos und rein dekorativ, an Wänden, Säulen und Gewölben angebracht3. Die Inschriften wurden damals vermutlich teilweise aufgefrischt. Als nach dem Zweiten Weltkrieg der Rittersaal im ersten Stock ausgebaut wurde, brachte Prinz Constantin von Hohenlohe dort einen Großteil der noch vorhandenen Wappenpaare an den Brüstungen der Nord- und Südempore an und ergänzte sie durch neu angefertigte Wappen und Beischriften zu zwei 32-Ahnenproben für den Grafen Georg I. von Hohenlohe († 1551) und dessen Frau Praxedis Gräfin von Sulz († 1521)4. Einige überzählige Originalwappen, die in diesen beiden Ahnenproben nicht unterzubringen waren, wurden an der Westwand des Kaisersaals und an der Südwand des Rittersaals aufgehängt.

In der folgenden Edition werden nur die originalen Wappen und Beischriften berücksichtigt. Auf die derzeitige Anordnung wird dabei keine Rücksicht genommen, vielmehr soll die ursprüngliche Abfolge so weit wie möglich rekonstruiert werden. Sinnvoll ist dies freilich nur für die heraldisch rechte Hälfte der Ahnentafel, da hiervon noch hinreichend viele Reste vorhanden sind, während die kümmerlichen Reste der heraldisch linken Hälfte aus nur mehr zwei Wappenpaaren und einem Einzelschild bestehen. Insgesamt sind vom originalen Bestand noch 23 Wappenpaare und ein Einzelwappen erhalten, die alle eine einheitliche Gestaltung und Größe aufweisen.

Maße: H. ca. 40, B. (Paar) ca. 50, Bu. 2,0–2,3 cm.

Schriftart(en): Fraktur.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften; Kraft Fürst zu Hohenlohe, Neuenstein [1/31]

I. In der unteren Reihe als Ausgangspunkt der Ahnentafel das Wappen des Probanden, nicht erhalten5.

 
Wappen:
[Hohenlohe].

II. In der zweiten Reihe von unten die Wappen der Eltern des Grafen Philipp, nicht erhalten.

 
Wappen:
[Hohenlohe, Solms].

III. In der dritten Reihe von unten die Wappen der Großeltern, nur das linke Wappen des linken Wappenpaars erhalten.

  1. A2

    [– – –] // Mech[. . . . . .]a)

 
Wappen:
[Hohenlohe, Sulz]; [Solms], Mecklenburg6.

IV. In der vierten Reihe von unten die Wappen der Urgroßeltern, nur das zweite und dritte Wappenpaar erhalten. Beischriften restauriert.

  1. B2

    Sultz // Sonnenberg

  2. B3

    Solms // Hanaw

 
Wappen:
[Hohenlohe, Württemberg]; Sulz, Waldburg-Sonnenberg7; Solms-Münzenberg8, Hanau-Münzenberg9; [Mecklenburg, Pommern].

V. In der fünften Reihe von unten die Wappen der Ururgroßeltern, nur die Hälfte der acht Wappenpaare erhalten. Beischriften restauriert.

  1. C2

    Wirttenberg // Sophoÿ

  2. C3

    Sultz // Brandis

  3. C4

    Sonnenberg // Furstenberg

  4. C8

    Pommern // Pommern wolgast / vnd Stettin

 
Wappen:
[Hohenlohe, Oettingen]; Württemberg10, Savoyen; Sulz, Brandis; Waldburg-Sonnenberg11, Fürstenberg; [Solms, Wild- und Rheingrafen]; [Hanau, Nassau-Dillenburg]; [Mecklenburg, Brandenburg]; Pommern12, Pommern13.

VI. In der sechsten Reihe von unten die Wappen der Urururgroßeltern. Für diese sowie für die folgende Generation sind sämtliche Wappen der heraldisch linken Hälfte der Ahnentafel verloren und werden im Folgenden bei der Rekonstruktion nicht mehr berücksichtigt. Von den acht Wappenpaaren der rechten Hälfte nur zwei erhalten. Beischrift (D5) restauriert, (D7) noch original.

  1. D5

    Svltz // Limpvrg

  2. D7

    Sonnenberg // Montfort

 
Wappen:
[Hohenlohe, Hanau]; [Oettingen, Münsterberg]; [Württemberg, Mömpelgard]; [Savoyen, Burgund]; Sulz, Limpurg14; [Brandis, Helfenstein]; Waldburg-Sonnenberg11, Montfort; [Fürstenberg, Matsch].

VII. In der siebten Reihe von unten die Wappen der Ururururgroßeltern. Von den 16 Wappenpaaren der rechten Hälfte 15 erhalten. Beischriften (E5, E6, E8, E9, E10, E11, E13, E14, E15, E16) restauriert, (E2, E3, E4, E7, E12) noch original.

  1. E2

    Hanaw // Zigenheim vnd N(idda)

  2. E3

    Ottingen // [L]andtgreff(en) · im · Elsas

  3. E4

    Minsterberg Ausz / der Schlesi // Brig Ausz der / Schlesing

  4. E5

    Wirttenberg // Mailandt

  5. E6

    Mimppfelgart // Bare

  6. E7

    Sophoÿ // Sitzilienn

  7. E8

    Burgund // Behem

  8. E9

    Sultz // Hapspurg

  9. E10

    Limpurg // Weinspurg

  10. E11

    Brandis // Hilligenberg

  11. E12

    Helffenstein // kirchberg

  12. E13

    Truchsesz von / Waldtpurg // Abensperg

  13. E14

    Montfort // Hilligenberg

  14. E15

    Furstenberg // Lupffen

  15. E16

    Metsch // kirchberg

 
Wappen:
[Hohenlohe, Leuchtenberg]; Hanau15, Ziegenhain; Oettingen, Landgrafschaft Elsaß16; Münsterberg17, Oppeln18; Württemberg19, Visconti; Mömpelgard, Bar20; Savoyen, Sizilien21; Burgund22, Böhmen23; Sulz, Habsburg24; Limpurg, Weinsberg25; Brandis, Heiligenberg26; Helfenstein, Kirchberg; Waldburg27, Abensberg28; Montfort, Heiligenberg29; Fürstenberg, Lupfen; Colonna-Matsch30, Kirchberg.

Kommentar

Die wenigen noch weitgehend im ursprünglichen Zustand erhaltenen Beischriften sind in einer regelmäßigen, kräftigen Fraktur mit deutlichem Wechsel von fetten Schatten- und feinen Haarstrichen ausgeführt. Die Versalien sind nur sparsam verziert. Als Zeilenfüller werden vierblättrige Blütenmotive eingesetzt. Die gegen Ende des 19. Jahrhunderts restaurierten Wappenbeischriften scheinen auf neuer Grundierung neu gemalt worden zu sein, allerdings offenbar unter Orientierung am ursprünglichen Wortlaut, an der Schriftgröße und wohl auch weitgehend an den Schriftformen.

Wie die vorliegende Rekonstruktion schlüssig beweist, handelt es sich bei der Wappenserie um die Ahnentafel des Grafen Philipp von Hohenlohe und nicht – wie die Neugruppierung und die Ergänzungen des 20. Jahrhunderts zunächst vermuten lassen – um die Ahnenproben seiner Großeltern Graf Georg von Hohenlohe und Praxedis von Sulz. Somit gibt es keinen Grund daran zu zweifeln, daß die Wappen gleichzeitig mit dem auf das Jahr 1604 datierten stuckierten großen Eheallianzwappen des Grafen Philipp und seiner Frau Maria von Oranien-Nassau (nr. 577) entstanden sind31, mithin also die gesamte Stuckierung des Kaisersaals in einem Zuge zu Beginn des 17. Jahrhunderts ausgeführt wurde. Die Ahnenwappen wurden demnach von dem einheimischen Kalkschneider Christoph Limmerich gefertigt (vgl. nr. 577).

Textkritischer Apparat

  1. Nach dem h Schriftband gebrochen, kleinere Fehlstelle von etwa zwei Buchstaben; danach verblaßte und unleserliche Reste von drei bis vier Buchstaben.

Anmerkungen

  1. Zur „Regotisierung“ des Saals vgl. Taddey, Bodo Ebhardt 177f.
  2. Vgl. DI 54 (Mergentheim) nr. 377; zuletzt auch Kniep, „Gott gibt Glück“ 48–52.
  3. Vgl. Taddey, Bodo Ebhardt 178 Abb. 4 (Aufnahme von 1897).
  4. Vgl. die beiden jeweils am Beginn der Wappenserie ganz links plazierten Kartuschen mit den Inschriften: Georg I. / geb. den 17. Jan. 1488 / gest. den 16. März 1551 / und seine / Ahnen bzw. Praxedis / gest. den 14. Apr. 1521 / (verheiratet) 1514 mit Georg I. / Graf von Hohenlohe / und ihre / Ahnen. Die ergänzten Wappen sind leicht daran zu erkennen, daß ihre Wappenbilder lediglich aufgemalt und nicht plastisch ausgearbeitet sind. Auch die Beischriften unterscheiden sich deutlich von denen der originalen Wappen.
  5. Das vermutlich gleichzeitig mit den Ahnenwappen entstandene große Rundmedaillon mit dem Eheallianzwappen des Grafen Philipp von Hohenlohe und seiner Frau Maria von Oranien-Nassau (vgl. nr. 577) wird man sicherlich nicht mit der Ahnentafel in Verbindung bringen können. Die Gestaltung als Vollwappen und als Eheallianzwappen, die Form der Beischriften und auch die Größe sprechen gegen eine Zugehörigkeit.
  6. Quadriert und mit Mittelschild (Schwerin) belegt, 1. Mecklenburg, 2. Rostock, 3. Stargard, 4. Wenden.
  7. Quadriert von Waldburg und Sonnenberg (hier die Sonne jeweils ohne Dreiberg).
  8. Linksgewendet. Quadriert von Münzenberg und Solms.
  9. Quadriert von Hanau und Münzenberg.
  10. Quadriert von Württemberg und Mömpelgard.
  11. Linksgewendet. Wappen sonst wie Anm. 7.
  12. Linksgewendet. Roter Greif in Silber. Hier als Wappen des Herzogs Erich II. von Pommern († 1474).
  13. Roter Greif in Silber. Hier als Wappen der Herzogin Sophia von Pommern-Stolp.
  14. Quadriert, 1/4. mit drei Spitzen rot-silber geteilt, 2/3. in Blau fünf (3:2) Kolben. Genealogischer Irrtum, hier müßte das Wappen der Grafen von Habsburg stehen. Es handelt sich offensichtlich um eine Verwechslung des mit Ursula Gräfin von Habsburg verheirateten Grafen Rudolf von Sulz († 1439) mit seinem gleichnamigen Onkel († 1431), der mit Mechthild Schenkin von Limpurg verheiratet war; vgl. Eur. Stammtaf. NF XII, Taf. 98. Derselbe Fehler auch in der fast gleichzeitig entstandenen Ahnentafel im Weikersheimer Schloß; vgl. DI 54 (Mergentheim) nr. 377, Anm. 20. Das Wappenpaar Sulz/Habsburg wurde dann fälschlicherweise eine Generation früher eingefügt, vgl. Anm. 24.
  15. Nur das Stammwappen: silber-rot fünfmal gesparrt.
  16. Genealogischer Fehler, eine Generation übersprungen: Statt der Eheverbindung des Grafen Ludwig X. von Oettingen († 1370) mit Imagina von Schaunberg († 1377) ist die von Ludwigs Vater Friedrich II. von Oettingen († 1357) mit Adelheid von Werd, der Erbtochter der Landgrafschaft im Elsaß, heraldisch dargestellt. Vgl. Eur. Stammtaf. NF XVI, Taf. 98f.
  17. Linksgewendet. Gold-silber gespalten, darin ein schwarz-rot gespaltener Adler; hier ohne Brustspange.
  18. Goldener Adler in Blau. Die beiden schlesischen Adlerwappen symbolisieren die Eheverbindung des Herzogs Bolko III. von Münsterberg († 1410) mit Euphemia von Schlesien († 1411), der Tochter des Herzogs Boleslaw II. zu Beuthen und Kosel.
  19. Linksgewendet. Nur das Stammwappen.
  20. An dieser Stelle müßte eigentlich das Wappen von Châtillon stehen für die Eheverbindung von Heinrich von Orbe Graf von Mömpelgard († 1396) mit Maria von Châtillon, Tochter des Grafen Guido I. von Blois.
  21. An dieser Stelle wäre eigentlich das Wappen von Berry zu erwarten zur Symbolisierung der Eheverbindung von Amadeus VII. dem Roten Grafen von Savoyen († 1391) mit Bona von Berry aus dem Haus Valois († 1435), Tochter des Herzogs Johann I. von Berry. Das Wappen des Königreichs Sizilien erklärt sich dadurch, daß Johanns Bruder Ludwig I. Herzog von Anjou († 1384) die Königswürde von Neapel, Sizilien und Jerusalem erlangte. Gleichwohl war Bona von Berry natürlich nicht berechtigt, das sizilische Wappen zu führen.
  22. Linksgewendet. Quadriert von Neu-Burgund und Alt-Burgund und mit Mittelschild (Flandern) belegt.
  23. Eine Generation übersprungen: Statt der Eheverbindung Philipps des Kühnen Herzogs von Burgund († 1404) mit Margarethe von Male, der Erbtochter von Flandern, ist hier die Ehe von Philipps Vater Johann II. König von Frankreich († 1364) mit Bona von Luxemburg, der Tochter König Johanns von Böhmen, heraldisch dargestellt.
  24. Die Eheallianz Sulz-Habsburg hier eine Generation zu früh eingereiht, vgl. Anm. 14. Korrekt wäre hier das Wappen der Gräfin Margaretha von Hohenberg († 1419), der Frau des Grafen Hermann von Sulz († 1431).
  25. Aufgrund des Fehlers in der voraufgehenden Generation (vgl. Anm. 14) auch hier eine falsche Eheallianz für die Eltern der Mechthild Schenkin von Limpurg. Richtig wären an dieser Stelle die Eheallianzwappen des Grafen Johann IV. von Habsburg († 1408) und der Gräfin Agnes von Landenberg-Greifensee.
  26. Eheallianz Wolfharts III. Freiherrn von Brandis († 1456) und der Verena Gräfin von Werdenberg. Statt des Werdenberger Wappens hier das der Grafschaft Heiligenberg, in deren Besitz die Werdenberger seit 1277 waren; vgl. LMA VIII, Sp. 2197.
  27. Linksgewendet. Stammwappen.
  28. Schwarz-silber schräggeteilt. Genealogischer Fehler: Eberhard I. Truchseß von Waldburg und Graf von Sonnenberg († 1479) entstammte der dritten Ehe Johanns II. Truchsessen von Waldburg († 1424) mit Elisabeth von Montfort und nicht, wie hier offenkundig angenommen, der vierten Ehe mit Ursula von Abensberg; vgl. Eur. Stammtaf. NF V, Taf. 148.
  29. Eheallianz Wilhelms IV. Grafen von Montfort († n. 1439 VI 20) mit Kunigunde Gräfin von Werdenberg (1443 †). Zum Wappen und Titel der Grafschaft Heiligenberg vgl. Anm. 26.
  30. Linksgewendet. Gespalten, vorn Colonna (in Rot eine goldgekrönte silberne Säule), hinten Matsch (in Silber drei blaue Halbflüge, hier aufrecht statt hängend und pfahlweise statt 2:1 gestellt). Zum Wappen vgl. ausführlich Joseph Mondani-Bortolan, Die Säule der Colonna in Tirol, in: Der Schlern 64 (1990) 634–642, bes. 636f.
  31. Taddey, Bodo Ebhardt 177 erwägt eine Entstehung der Renaissancestukkaturen „möglicherweise im Zusammenhang mit dem Ausbau (sc. des Schlosses) unter Ludwig Casimir“. Der eindeutige Bezug des heraldischen Programms auf Graf Philipp, die fast zeitgleiche Entstehung der programmatisch eng verwandten Stuckierungen im Weikersheimer Schloß seines Bruders Wolfgang sowie auch nicht zuletzt die Form der Wappenkartuschen sprechen eindeutig für eine Fertigung der gesamten Stukkaturen um 1604 und gegen die Fertigstellung von Teilen bereits im mittleren Drittel des 16. Jahrhunderts.

Nachweise

  1. Taddey, Bodo Ebhardt 177 (nur erwähnt).
  2. Hohenlohe/Taddey, Schloss Neuenstein 12f. (Abb.).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 578(†) (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0057800.