Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 557 Öhringen, Friedhofskapelle St. Anna 1601

Beschreibung

Epitaph für Balthasar Fleck und seine drei Frauen Ottilia verwitwete Preunger, Anna geb. Deeler und Anna geb. Höschler. Im Chor an der Westwand nördlich vom Chorbogen. Hölzerne Ädikula, bemalt. Als Bekrönung ein linksgewendetes Vollwappen in rollwerkgerahmtem Rundmedaillon, flankiert von zwei liegenden Putti, die sich auf einen Totenschädel bzw. auf ein Stundenglas stützen; im Sims des Gebälks Spruch (A), weiß auf blauem Grund; im Fries Bibelspruch (B) auf beidseitig eingerolltem Schriftband; in der Hauptzone, die von marmorierten, oben mit Engelsköpfen und unten mit Masken belegten Pilastern gerahmt wird, großes Gemälde der Auferstehung Christi vor bergiger Küstenlandschaft: links auf dem offenen Grab der Heiland mit Kreuzfahne, über ihm ein mehrfach gewundenes Schriftband mit Inschrift (C), im Vordergrund die schlafenden Wächter, ganz rechts unten Malersignatur (D); im Sockel Sterbevermerk (E) zwischen mit Teufelsfratzen belegten Pilasterpostamenten; im Unterhang rollwerkgerahmte querrechteckige Tafel mit einer an den Sterbevermerk anschließenden Fürbitte (F). Inschriften (B), (C), (E) und (F) schwarz auf weißem Grund, in (B), (E) und (F) außerdem rote Auszeichnung einzelner Buchstaben und ganzer Wörter.

Siehe Lageplan.

Maße: H. ca. 230, B. 150, Bu. ca. 1,2 (A, C), ca. 3,0 (B), ca. 0,5 (D), 1,5 cm (E, F).

Schriftart(en): Kapitalis (A, C), Fraktur (B, D–F).

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/8]

  1. A

    QVISa) EVADETb)1)

  2. B

    Jchc) bin die aufferstehung vnd das leben Werc) an mich glaubt / der wirdt leben ob er gleich stirbe2) · Johannes · XId)

  3. C

    VICIT / LEO DE / TRIBV / IVDA / RADIX / DAVID3)

  4. D

    Joha(nn)e) Marckquart . Fecit //f) 1601

  5. E

    Anno 1572 .g) den . 26 . (decem)brish)4) Starb der Ehrnhafftc) vnd Fürnemec) Balthasari) / Flecki) Bürger vnd des Rhats alhier zu Oringew seines alters 64k) Volgendtsc) seine / dreÿ Ehe weiber die Erbarec) vnd Tugendtsamec) Ottiliai) so zuvor Hanszc) Preüngernc) / zur Ehe gehabt A(nn)o 42g) Deszgleichenc) Annai) Deelerini) so mit Steffanc) Mösznernc) vor=/maln Ehelichen gelebt A(nn)o 53 .g) vnd zweÿ kinder Balthasi) vnd Margrethac) mit Jhr / erzihlt . Diec) letzte Annai) Höschlerini) so er ledigs standts gehaÿraet A(nn)o 93g) so Jhme Fünff / Kinder geben mit Namen Annal) . Agatha . Steffan . Johannesl) vnd Mariai) so thails Gottc) ergeben5) .

  6. F

    Welchenc) allen Gottc) der Almechtig / ein fröliche Vfferstehung verley=/en wolle den noch lebenden aber / ein seelig endt . Ameni) ·

Übersetzung:

Wer wird entkommen? (A) – Es hat gesiegt der Löwe vom Stamme Juda, der Wurzelsproß Davids. (C) – Johann Marquardt hat (dies) gemacht 1601. (D)

Wappen:
Fleck6.

Kommentar

Der Maler des Epitaphs, Hans Marquardt, hat 1603 die Hintere Ratsstube des Öhringer Rathauses ausgemalt (vgl. nr. 573). Er bemüht sich um eine sorgfältige Ausführung der Kapitalis unter strenger Beobachtung der Linksschrägenverstärkung. Die Balkensporen des T sind rechtsschräg, die übrigen senkrecht ausgerichtet. Die Fraktur mit ihren ausgewogenen, nur wenig verzierten Versalien zeigt keine auffälligen Besonderheiten. Zumindest stellenweise scheinen die Inschriften bei einer Restaurierung überarbeitet worden zu sein.

Merkwürdig ist, daß das Epitaph erst 27 oder 28 Jahre nach Balthasar Flecks Tod gefertigt wurde. Auftraggeber waren vermutlich die namentlich genannten Kinder aus dritter Ehe, die somit zugleich ihrer 1595 verstorbenen Mutter ein Denkmal setzten. Der Todestag Flecks wird im Sterbevermerk des vorliegenden Grabmals abweichend von der unmittelbar nach Flecks Tod angefertigten Grabplatte (nr. 354) mit 26. Dezember 1572 statt 28. Dezember 1573 angegeben7.

Textkritischer Apparat

  1. Davor ein Blütenornament.
  2. Danach eine Zierranke.
  3. Anfangsbuchstabe rot ausgezeichnet.
  4. Danach eine Zierranke als Zeilenfüller; die gesamte Bibelstellenangabe einschließlich der Zierranke in roter Farbe.
  5. Kürzung durch Doppelpunkt.
  6. Unterbrechung durch die Lanze eines Wächters.
  7. Gesamte Jahresangabe rot ausgezeichnet.
  8. 26 . xbris rot ausgezeichnet.
  9. Gesamtes Wort rot ausgezeichnet.
  10. Zahl rot ausgezeichnet.
  11. Anna bis Johannes rot ausgezeichnet.

Anmerkungen

  1. In Verbindung mit Vanitassymbolen häufiger begegnende Beischrift, so z. B. auf einem 1594 datierten Kupferstich von Hendrik Goltzius, der ein mit Seifenblasen spielendes, sich auf einen Totenschädel stützendes Kind zeigt; vgl. The illustrated Bartsch 3. Formerly vol. 3 (part 1): Netherlandish Artists. Hendrik Goltzius, ed. by Walter L. Strauss, New York 1980, 292. Die Inschrift gehört inhaltlich demnach als Beischrift zu den beiden im Giebel dargestellten Putti.
  2. Jh 11,25.
  3. Apc 5,5.
  4. Auf Flecks Grabplatte abweichender Todestag und abweichendes Jahr: 28. Dezember 1573!
  5. D. h. verstorben.
  6. Linksgewendet. In Rot ein weißes vierspeichiges Mühlrad; Helmzier: wachsendes weißes Pferd. Das Wappen weicht ab von dem auf Flecks unmittelbar nach seinem Tod 1573 angefertigter Grabplatte, vgl. nr. 354 Anm. 3.
  7. Vgl. Anm. 4.

Nachweise

  1. Birkenstock 92f. Nr. 78 (außer D).
  2. Erdmann, Diareihe St. Anna-Kapelle 11 (nur teilw.).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 557 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0055701.