Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 523 Forchtenberg, Friedhofskapelle 1600, 1601

Beschreibung

Doppelepitaph für Matthes Bauder und Kilian Bechberger. Innen an der Nordwand des Chors. Zweiachsige Ädikula aus Sandstein. Haupt- und Sockelzone sind durch drei Rundsäulen auf hohen Volutenkonsolen in zwei Achsen untergliedert. Das weit vorspringende Gesims ist über den drei Stützen verkröpft. Über den beiden Achsen befinden sich unterschiedlich gestaltete giebelartige Bekrönungen. Im Folgenden werden die beiden Hälften getrennt beschrieben.

I. Links das Epitaph des Matthes Bauder. Als Bekrönung ein von Roll- und Beschlagwerk und von Voluten gerahmtes Rundmedaillon mit Vollwappen, in den Zwickeln zu beiden Seiten Fruchtgebinde. Im Hauptfeld Bildrelief: der nach rechts hin vor dem Kruzifixus auf einer Konsole kniende und betende Bauder, vor sich über einer jungen Eichenpflanze sein hoher, breitkrempiger Hut. Oben am Kreuzstamm der Titulus (A). Auf den beiden rahmenden Säulen je ein aufgelegter Wappenschild. Auf dem Sockel zwischen den Volutenkonsolen der eingehauene Sterbevermerk (B), als Unterhang wuchtige Voluten. Im Bildfeld und am Ende der Inschrift (B) jeweils Stz. nr. 43.

II. Rechts das Epitaph des Kilian Bechberger. Als Bekrönung innerhalb eines von Roll- und Beschlagwerk gerahmten querovalen Medaillons ein beiderseits eingerolltes Schriftblatt mit vierzeilig eingehauener Versinschrift (C). Im Hauptfeld wiederum der Verstorbene vor dem Kruzifixus, sein krempenloser Hut über einer Kleepflanze abgelegt. Oben am Kreuz Titulus (D), links neben dem Gekreuzigten Stz. nr. 43; an den Säulen seitlich je ein Wappenschild. Im Sockel der Sterbevermerk (E), als Unterhang wiederum Voluten.

Vorgeritzte, die Zeilen begrenzende Hilfslinien bei den Inschriften (B) und (E) noch sichtbar. Feuchtigkeitsschäden an Inschrift (B).

Maße: H. 249, B. 187, Bu. 2,6 (A), 3,7 (B), 3,2 (C), 1,8 (D), 5,1 cm (E).

Schriftart(en): Kapitalis (A, D, E), Fraktur mit Kapitalis (B), Fraktur (C).

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/7]

  1. A

    INRI

  2. B

    A(NN)O · D(OMI)NI · 1600 · Denn · 9 · IVNII · / Jst · der · ersam · Matthes · baudera) / Forstmeister · Zu · hermersberg ein · / Alter · Vil · versuchter1) · Diener Seliglich · / in · Christo · Entschlafen · dem · gott · / Ein · fröliche · Vfferstehung · Wölle · / Verleihen Amen ·b)

  3. C

    Mensch · schaw · mich · An · vnd · du · mich · lesen /
    der · du · Bist · bin · Jch · gewessenc) /
    Der · ich · bin · der · Wirst · du · werden · /
    Den · wir · sind · All · gemacht · ausz · Erden ·

  4. D

    INRI

  5. E

    A(NN)O · D(OMI)NI · 1 · 601 · DEN · 26 · IVLII / IST · KILIAN · BECHBERGER · / FVRMANd) · DER · SICH · VIL · VER=/SVCHT2) · SELIGLICH · IN · CHRI=/STO · VERSCHIEDEN · DES · / SEL · GOT · GENAD · AMEN ·

Versmaß: Deutsche Reimverse (C).

Datum: 19. Juni 1600 n. St.; 5. August 1601 n. St.

Wappen:
Bauder3;
Bauder4, unbekannt5; Bechberger6, nicht ausgeführt.

Kommentar

Die Fraktur ist mit schmalen Proportionen und geringen Zeilenabständen dicht gedrängt, dabei aber sehr sorgfältig eingehauen. Einige Bogenlinien sind mehrfach gebrochen, die Schwellschäfte von f und langem s sind deutlich ausgeprägt. Ein Teil der variantenreichen Versalien ist üppig mit Zierschleifen ausgeschmückt. Durch das dreimal angebrachte Steinmetzzeichen läßt sich das Grabmal als Werk des Forchtenberger Bildhauers Michael Kern II sichern. Der Sterbevermerk für den 1601 verstorbenen Kilian Bechberger wurde dagegen komplett erst nach dessen Tod von einer anderen Hand nachgetragen. Die hier verwendeten Kapitalisformen entsprechen jedenfalls nicht denen Kerns. A hat fast durchweg einen geknickten Mittelbalken, und I trägt meist – mit Ausnahme der ersten Zeile – den Punkt, und der Balken des H ist gelegentlich nach unten ausgebuchtet. Die Versinschrift (C) variiert ein für Inschriften auf Grabmälern beliebtes Formular, in dem die Toten zu den Lebenden sprechen und sie an ihre eigene Vergänglichkeit mahnend erinnern.

Matthes Bauder ist um 1520 im Weiler Hermersberg geboren. Er war dort zunächst ab 1544 Junge und Jagdknecht des Grafen Georg I. von Hohenlohe-Neuenstein († 1551), wurde dann unter Ludwig Kasimir Förster und war in seiner langen Amtszeit zielstrebig darum bemüht, in den Wäldern um Hermersberg ein Jagdschutzgebiet einzurichten7. Zu seinen Aufgaben gehörte auch die Aufsicht über die Bauarbeiten am Hermersberger Jagdschloß ab 15648. Um 1584 war Bauder bereits kränkelnd und erweckte gegenüber Graf Wolfgang von Hohenlohe damals den Eindruck, „sich seines Ablebens vielleicht unversehens zu befahren“9, doch übte er das Amt – mit ständig nachlassenden Kräften – bis zu seinem Tode aus.

Über die – aufgrund des gemeinsamen Grabmals anzunehmenden – Verwandtschaftsverhältnisse zwischen Bauder und dem Fuhrmann Kilian Bechberger ist nichts bekannt10. Der Familienname leitet sich vermutlich von dem im Laufe des 16. Jahrhunderts wüst gewordenen, zwischen Hermersberg und Weißbach gelegenen schöntalischen Weiler Bechberg ab11. Bechberger erscheint im Konzeptbuch des Forchtenberger Stadtschreibers Paul Grünenwald (1584–96) als säumiger Schuldner gegenüber der Stadt Forchtenberg12. 1587 trat er seinerseits als Gläubiger auf, indem er dem Forchtenberger Bürger Hans Sützler und dessen Frau die Summe von 100 fl lieh13. Zusammen mit seiner Frau Barbara ist Bechberger regelmäßig in den Forchtenberger Kommunikantenregistern verzeichnet14.

Textkritischer Apparat

  1. Danach als Zeilenfüller eine verzierte doppelte Kontraschleife.
  2. Danach als Zeilenfüller eine verzierte einfache Kontraschleife.
  3. Danach liegender Zierschnörkel als Zeilenfüller.
  4. V und F ineinandergeschoben, so daß der linke, oben verkürzte Schrägschaft des V unter den oberen Balken des F gestellt ist.

Anmerkungen

  1. In der Bedeutung „bewährter, erprobter“ (lat. expertus); vgl. Grimm, Dt. WB XII/I, Sp. 1838.
  2. Vgl. Anm. 1.
  3. Gespalten, vorn eine schräggelegte Hirschstange, seitensparrenweise begleitet von drei sechsstrahligen Sternen, hinten drei bebandete Hiefhörner pfahlweise; Helmzier: Löwenrumpf mit turbanähnlichem, mit drei Straußenfedern besteckten Hut. Vermutlich ein vermehrtes, auf das Forstmeisteramt des Verstorbenen Bezug nehmendes Wappen.
  4. Drei bebandete Hiefhörner pfahlweise. Vermutlich das Baudersche Stammwappen, vgl. Anm. 3.
  5. Bebandetes Hiefhorn, darunter, 2:1 gestellt, zwei sechsstrahlige Sterne und eine Marke nr. M7 (Schaft mit hinterer Kopfabstrebe und vorderer Fußstrebe).
  6. In Hochoval eine Marke nr. M8 (Schaft mit vorderer Kopfabstrebe und mit hinterer Mittelabstrebe, die mit der hinteren Fußstrebe im rechten Winkel verschmolzen ist).
  7. Vgl. Taddey, Hermersberg 18, 53. Zu weiteren Informationen zur Person vgl. ebd. 198 (Personenregister) s. v. „Bauder“. Zu den letzten Lebenstagen Bauders ebd. 85–87, demnach starb er am 8., nicht am 9. Juni 1600.
  8. Ebd. 20f.
  9. Ebd. 53.
  10. Eine Durchsicht der Forchtenberger Kirchenbücher der Zeit (LKA, KB Film 1338) erbrachte keinen Aufschluß.
  11. Um 1490 wohnte dort dem in diesem Jahr angelegten Schöntaler Lagerbuch zufolge ein Peter Bechberg; vgl. ebd. 34.
  12. Rauser, Forchtenberger Bürgeralltag 21 Nr. IV.8.
  13. Ebd. 32 Nr. VII.3.
  14. Ev. PfarrA Forchtenberg, Kirchenbuch 2 (1577–1630) (LKA, KB Film 1338). Barbara heiratete am 1. Juni 1602 in zweiter Ehe Hans Jakob Müller, einen Sohn des Schultheißen zu Kirchberg Bastian Müller; vgl. ebd. (Trauregister).

Nachweise

  1. Rauser, Forchtenberger Heimatbuch 80 (nur erwähnt).
  2. 700 Jahre Stadt Forchtenberg 1998, 97 (Abb.).
  3. Schneider, Michael Kern 12 (Abb.).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 523 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0052305.