Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 510 Niedernhall, Friedhof 1598

Beschreibung

Grabplatte der Brigitta Karlin geb. von Zedtwitz. Ursprünglich vermutlich in der Friedhofskapelle im Boden. 1960 bei Straßenbauarbeiten im Bereich des Friedhofs aufgefunden und an der Friedhofsmauer aufgestellt. 1988 Restaurierung und Neuaufstellung an der Innenseite der westlichen Friedhofsmauer im Eingangsbereich gegenüber der Leichenhalle unter einem Schutzdach, dritter Stein von links. Sandstein. Umlaufend eingehauener Sterbevermerk (A); im eingetieften Feld in der Mitte zwei Wappenschilde nebeneinander, darüber ein Bibelspruch (B); in beiden Wappenschilden sind oben Nameninitialen (C, D) eingehauen. Die vorgeritzten Hilfslinien für die Schriftzeilen sind noch sichtbar. Schräg verlaufender ausgebesserter Riß im unteren Viertel der Platte; rechte untere Ecke abgebrochen und ergänzt (Schriftverlust). Bei einer Restaurierung 1988 wurden die Inschriften – nicht immer sachgemäß – mit brauner Farbe nachgezogen und die Fehlstellen dabei ergänzt1.

Maße: L. 172, B. 70, Bu. 4,6–5,2 bzw. 2,3 (A), 4,0 (B), 2,0 (C), 2,9–3,7 cm (D).

Schriftart(en): Kapitalis.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/2]

  1. A

    ANOa) DVMNIb) · 1 · 5 · 98 · VER/SCHIDT · IN · DEM · HEREN · SELIGLICHc) · DIE · EDLE · VND · THV[GEN/DT]SAMd) · FRAWe) · BRIGIT/A · KARLININ · GEBORNENb) · VON · ZEDTWITZ · VF DENf) · 21 · TAG · /g) SEPTEMBRIS

  2. B

    4 / PSALMh) / ICH · LIEGE · VND / SCHLAFEi) · GANZk) / MIT · FRIDENl) · DEN / ALLEIN DV · HERR / HILFST · MIR · DAS / IHb) · SICHER / WOHNE2)

  3. C

    Ṛ(udolf)m) // K(arlin)

  4. D

    B(rigita) V(on) Z(edtwitz)

Wappen:
Karlin3, Zedtwitz4.

Kommentar

Der Steinmetz bemühte sich zwar sichtlich um eine sorgfältige Schriftausführung, die Ausformung der Buchstaben ist aber unregelmäßig. Besonders die Breite des E und des N schwankt erheblich. Auffällig sind das wiederholt vorkommende umgekehrt auf die Spitze gestellte A, das stark nach rechts kippende S und das Z mit prägnant geschwungenem Mittelbalken. Die Cauda des R ist geschwungen und verläuft sehr steil, so daß sie häufig weniger weit nach rechts ausgreift als der Bogen. Der rechte Teil des T-Balkens ist meist länger als der linke. Die Worttrenner sind rund.

Brigitta von Zedtwitz entstammt einem fränkischen Niederadelsgeschlecht, das dem Ritterkanton Voigtland angehörte. Sie war eine Tochter des Hans von Zedtwitz, dem 1547 von der hohenlohischen Herrschaft ein Sieden in Niedernhall samt den zugehörigen „zweyen Sullen“ (salzwasserführende Schächte) auf zehn Jahre verliehen wurden5. Ihre Mutter war Sabina geb. von Vohenstein († 1607), die noch im Todesjahr Brigittas gegen ihren bürgerlichen Schwiegersohn Rudolf Karlin klagte, weil der das Heiratsgut ihrer Tochter verschleuderte6. Karlin war Salzwerksunternehmer wie sein aus Augsburg stammender Vater Hieronymus, der mit der Einführung des Gradierverfahrens in Niedernhall 1592/93 den Grundstein für die industrielle Salzgewinnung im Kochertal und wahrscheinlich auch für die vornehme Heirat seines Sohnes gelegt hatte7. Als Unternehmer scheint der Sohn freilich wenig getaugt zu haben, 1612 wurde er jedenfalls wegen seines unsteten Lebenswandels aus Niedernhall abgeschoben, „weil er allhie zweimal kauft und verkauft, nichts mehr allhie hat, auch keines Burgers Sohn seie“8. Aus der kurzen Ehe der Brigitta von Zedtwitz ging eine Tochter Sabina Elisabetha hervor9.

Textkritischer Apparat

  1. Kein Kürzungszeichen sichtbar.
  2. Sic!
  3. Das zweite I über den Balken des L gestellt. Die Buchstabengruppe GLI ist mittlerweile weitgehend zerstört und wurde bei der Restaurierung ungenau nachgezogen.
  4. Das A steht auf dem Kopf. Die fehlenden Buchstaben wurden bei der Restaurierung in das ergänzte Eckstück eingehauen und ausgemalt.
  5. Obere Hälfte von AW zerstört und lediglich aufgemalt.
  6. VF DEN ohne Worttrennung; das F jetzt fälschlich als E nachgezogen.
  7. Das letzte Wort der Inschrift wegen Platzmangels in verkleinertem Schriftgrad unter die Zeile gesetzt.
  8. Die Bibelstellenangabe steht zentriert. Das A ohne Mittelbalken.
  9. Das A steht auf dem Kopf und ist verkleinert über den Balken des L gestellt.
  10. Das A ohne Mittelbalken.
  11. Das I verkleinert über die Cauda des R gestellt.
  12. Nur mehr der Schaft und Reste der Cauda sichtbar. Die beiden Initialen wurden bei der Restaurierung offenbar nicht erkannt und daher nicht farbig nachgezogen.

Anmerkungen

  1. Foto von 1974, das den früheren Zustand festhält, in der Fotokartei der Inschriftenkommission der Heidelberger Akademie der Wissenschaften.
  2. Ps 4,9.
  3. Steigender Steinbock oder Hirsch auf Dreiberg. Jedenfalls kein „Hase“ (so Kdm. Künzelsau 253).
  4. Zweimal geteilt.
  5. Vgl. Carlé, Salinen 71.
  6. Vgl. Rauser, Niedernhaller Heimatbuch 28. Ausführliche Darstellung des Rechtsstreits ebd. 90 (fälschlich zum Jahr 1588). Die Ehe Sabinas mit Hans von Zedtwitz läßt sich erschließen aus den Angaben Hermann Bauers, Die Herren v. Vohenstein, in: Wirtembergisch Franken 7 H. 2 (1866) 285–298, hier: 291: „Sabina, h(eiratet) Hans v. Zebitz (?) von Stein“. Sabinas Grabplatte vgl. nr. 602.
  7. Vgl. Carlé, Salinen 72f., 142. Rudolf Karlin „von Augsburg“ wird in einem Niedernhaller Kaufbrief vom 7. März 1595 unter den Zeugen genannt; vgl. Rauser, Niedernhaller stadteigene Urkunden 53f. Nr. 14.
  8. Rauser, Niedernhaller Heimatbuch 278.
  9. Ebd. 90.

Nachweise

  1. OAB Künzelsau 732.
  2. Kdm. Künzelsau 253 (erwähnt).
  3. Rauser, Niedernhaller Heimatbuch 120 (erwähnt, nach Kdm.).
  4. Niedernhaller Grabmale.

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 510 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0051008.