Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 506(†) Ingelfingen, „Schwarzer Hof“ 1597, 1598

Beschreibung

Türgewände mit Jahreszahl, Gefachausmalung mit Jahreszahl und Gefachausmalung mit Bauinschrift des Seyfried von Mühlen.

I. Türgewände. Im Westtrakt, im südlichen Flur des zweiten Obergeschosses an der Südwand (Tür zur ehem. Befeuerungskammer). Vermauerte Türöffnung; Sandsteingewände mit flachbogigem Sturz, darauf aufgemalte Rollwerkumrahmung in verschiedenen Grautönen. Über dem Bogenscheitel eine Kartusche mit Jahreszahl (A), Schrift schwarz auf weißem Grund.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/6]

Maße: H. (Sturz) 40, B. 82, Zi. 5–6 cm.

  1. A

    · 1597 ·

II. Gefachausmalung. Im südlichen Flur des ersten Obergeschosses an der Westwand, über dem linken Fenster. Querrechteckiges Gefach mit zweifarbiger Bänderung; im weißen Feld die beiden ersten Ziffern einer Jahreszahl, mit schwarzer Farbe aufgemalt. Die zweite Hälfte der Jahreszahl muß sich im rechts anschließenden Gefach befunden haben, ist aber zu unbekanntem Zeitpunkt – vielleicht bei der Anlage des durch den Schwarzen Hof führenden Verbindungsgangs zwischen Kirche und Schloß im 17. oder 18. Jahrhundert – beseitigt worden.

Maße: H. 34, B. 64, Zi. 15,5 cm.

  1. B

    1 · 5 // [. .]

III. Gemalte Bauinschrift auf drei hofseitigen Gefachen im ersten Obergeschoß des Nordflügels. Die weiß bemalten Gefache weisen als Rahmen eine schwarze Bänderung auf. Auf zwei der querrechteckigen Gefache über den Fenstern ist die zweizeilige Bauinschrift (C) aufgemalt, die jedoch in ihrem heutigen Bestand komplett auf eine moderne Neufassung zurückgeht. Diese dürfte anläßlich einer Restaurierung des Gebäudes 19641 vorgenommen worden sein. In dem Gefach rechts daneben ein Inschriftfragment (D), das Reste des ursprünglichen Befunds von Inschrift (C) zu bewahren scheint, freilich in seiner jetzigen, überarbeiteten Form keinen zusammenhängenden Text (mehr) ergibt. Der konfuse Befund erfordert eine getrennte Edition von (C) und (D).

Inschrift (C) nach heutigem Befund.

Maße: H. (Gefache) ca. 27, B. (3. Gefach) ca. 60, Bu. ca. 6–8 cm (D).

Schriftart(en): Kapitalis (D)2.

  1. C

    Annoa) 1597 hat Seifert von Müenb) Dis Haus Mit Gottes Hilffc) Von Neuem /d) Angefangen zu bauen Vnd Jn Anno 1598 Auch Mit Gotdes Hilff Vollendete)

  2. D

    [– – –] VIELf) VON · / [– – –]S HV[.]ELg) VOLENḌTh)

Kommentar

Daß bei der Freilegung und „Restaurierung“ der Bauinschrift diese in abweichender Schriftart neu gefaßt wurde, obwohl ja offenbar der ursprüngliche Bestand eine vollständige Rekonstruktion des Textes erlaubte, ist unverständlich und aus epigraphischer Sicht bedauerlich. Denn soweit sich dies aus dem Fragment (D) ersehen läßt, wurde bei der Neufassung nicht nur die Schriftart, sondern auch die Schreibweise einzelner Wörter verändert, so daß (C) nur noch bedingt die ursprüngliche Inschrift wiedergibt. Die Schrift war offenbar eine recht unbeholfen ausgeführte, magere Kapitalis ohne Strichstärkenwechsel. Neben ausgesprochen schmalen E, F (vgl. Konjekturen in Anm. f und g) und L fällt das sehr breite V mit nach innen durchgebogenen Schrägschäften auf.

Die beiden erhaltenen Ziffern der Inschrift (B) sind sorgfältig gemalt. Das aufgespaltene untere Schaftende der 1 bildet links einen großen Bogen, dessen Ende ebenso wie das Bogenende der 5 mit einem Schwellzug versehen ist. Als Zifferntrenner dient ein kleines paragraphzeichenförmig verziertes Quadrangel. Die Jahreszahl ist vermutlich zu 1597 zu ergänzen.

Die Bauzahl am Türsturz und die Bauinschrift weisen Seyfried von Mühlen zu Weißach († 1601) als Bauherrn aus. Er entstammt einem sächsischen Adelsgeschlecht und stand seit etwa 1560 in Diensten der Grafen Ludwig Kasimir und Wolfgang II. von Hohenlohe, zunächst als Oberamtmann in Neuenstein, dann als Hofmeister und Rat in Weikersheim. 1585 empfing er von Hohenlohe ein Lehen mit Gütern in Ober- und Unterbalbach (Stadt Lauda-Königshofen, Main-Tauber-Kreis)3. Um 1594 kaufte er von dem hohenlohischen Vogt zu Schrozberg Georg Ludwig Heber ein Haus in Ingelfingen, das dieser zuvor von der verwitweten Gräfin Maria von Helfenstein erstanden hatte4, und etwas später das östlich angrenzende Grundstück. Auf diesem Areal ließ er 1597/98 die großzügige Zweiflügelanlage erbauen, wobei ältere Bauteile integriert wurden5. Das Gebäude sitzt mit seiner gemauerten südlichen Giebelfront auf der Stadtmauer auf. Die übrigen Wände der Obergeschosse waren in Sichtfachwerk ausgeführt. Die dendrochronologische Datierung bestätigt das in Inschrift (C) genannte Baujahr 1597/986. Das Gebäude wurde 1697 von den Erben des Bauherrn an die hohenlohische Herrschaft verkauft und war ab 1701 Verwaltungssitz der Linie Hohenlohe-Ingelfingen, dann seit 1805 hohenlohisches Rentamt7. Nach zahlreichen Besitzer- und Nutzungswechseln dient es seit seiner durchgreifenden Restaurierung 1997/98 als Kulturhaus der Stadt8. Bei dieser jüngsten Restaurierung konnten Reste einer gemalten Versinschrift freigelegt werden (nr. 531).

Textkritischer Apparat

  1. Die gesamte Inschrift ursprünglich wohl in Kapitalis, vgl. Anm. 2.
  2. Ursprünglich vermutlich MV̈LEN oder MILEN.
  3. Ursprünglich wahrscheinlich HV̈LFF, vgl. Anm. f.
  4. Ursprünglicher Zeilenwechsel wohl nach VON, vgl. Inschrift (D).
  5. Ursprünglich wohl HV̈LFF VOLENDT, vgl. Anm. g und h.
  6. So der heutige Befund; vermutlich verrestauriert aus [H]V̈LFF; vgl. Anm. c.
  7. Vermutlich aus HV̈LFF verrestauriert; das S davor vermutlich zu [GOTDE]S gehörend; vgl. Anm. e.
  8. Zwischen N und T Reste eines unzialen D? Der Schaft des T dürfte dann jedenfalls falsch nachgezogen sein.

Anmerkungen

  1. Vgl. Goer, Der „Schwarze Hof“ 55. Die Inschrift scheint damals erst aufgedeckt worden zu sein; jedenfalls ist sie in Kdm. Künzelsau 181f. noch nicht erwähnt, dann erstmals um 1973 fotografisch dokumentiert (Fotokartei der Inschriftenkommission der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Foto Herbert Neumüllers). In den beiden rechts anschließenden Gefachen wurden 2001 weitere Inschriften angebracht: 1998–2001 // RENOVIERT UND UMGEBAUT.
  2. Inschrift (C) in ihrer jetzigen Form in Fraktur, ursprünglich aber offenbar, wie der originale Rest (?) in Fragment (D) zeigt, in Kapitalis.
  3. Alle Angaben zur Person nach Gross, Vom Stadtadelshof 13; Goer, Der „Schwarze Hof“ 47. Als Hofmeister zu Weikersheim ist von Mühlen im Dienerbuch des Grafen Wolfgang für die Herrschaft Weikersheim (1588–93) verzeichnet: HZAN La 40 Bü 617.
  4. Gross, Vom Stadtadelshof 11–13. Der Name der Gräfin ist im Kommunikantenregister von 1579 überliefert: „die wolgeborne Fraw Maria Gröffin von Helffenstain“; vgl. Ev. PfA Ingelfingen, Kirchenbuch 2 (1557–1624) (LKA, KB Film 1269).
  5. Goer, Der „Schwarze Hof“ 49. Seifried von Mühlen war mit Anna Maria von Mörlau verheiratet; zu ihrem Vornamen vgl. die Einträge im Ingelfinger Taufregister: Ev. PfA Ingelfingen, Kirchenbuch 1 (1556–1624) (LKA, KB Film 1269), Taufregister zu 1596 und zu 1601 X 4 (dort als Witwe genannt); das Mörlausche Wappen auf der Grabplatte der Tochter Magdalena in Neuenstein, vgl. nr. 796.
  6. Goer, Der „Schwarze Hof“ 48.
  7. Gross, Vom Stadtadelshof 13.
  8. Goer, Der „Schwarze Hof“ 53–55.

Nachweise

  1. Gross, Vom Stadtadelshof 12 (C, m. Abb.).
  2. Goer, Der „Schwarze Hof“ 49 (C), 58 Abb. 14 (A).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 506(†) (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0050604.