Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 477 Öhringen, ev. Stadtkirche (ehem. Stiftskirche), Kreuzgang 1594

Beschreibung

Grabplatte der Gräfin Anna von Hohenlohe geb. Gräfin von Solms. Ursprünglich im Fußboden des Langhauses, im Mittelgang die nördliche Platte in der zweiten Reihe von Osten1; seit etwa 1890 im Ostflügel des Kreuzgangs im südlichen Joch an der Ostwand aufgerichtet und zusammen mit zwei weiteren Grabplatten von einer neugotischen Rahmung eingefaßt. Sandsteinplatte mit Messingauflagen: umlaufende Schriftleiste mit erhaben gegossener Inschrift (A) zwischen breiten Randstegen, der Schriftgrund mit Punktrasterpunzen ausbereitet; in den Ecken des Feldes vier gegossene Wappenschilde; zwischen den beiden oberen Wappen als Bekrönung einer großen Schrifttafel ein Pelikan, der seine Brut mit dem eigenen Blut nährt. Die rechteckige, mit einem Roll- und Beschlagwerkrahmen versehene Schrifttafel füllt die obere Hälfte des Feldes aus; auf der Tafel erhaben gegossene Inschrift (B), Schriftgrund wiederum mit Punktrasterpunzen ausbereitet. In der unteren Hälfte des Feldes ein großes Vollwappen mit zwei Helmen. Leicht abgetreten; die Metallteile stellenweise mit heller Tünche überschmiert; linke Helmzier beschädigt. Steinoberfläche stellenweise abgeplatzt und ergänzt.

Siehe Lageplan.

Maße: L. ca. 1262, B. 113, Bu. 4,0 (A), 2,6 cm (B).

Schriftart(en): Fraktur.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften; Helmut Hartmann, Bechtheim [1/3]

  1. A

    Anno Domini 1594 . den 9 . Maij Morgens Zwischen / 5 . vnd 6 . vhrn Starbe die Wolgeborne Fraw Fraw Anna Gräuin von Hohenloe , (et)c(etera) Vnd Fraw Zu Lanngenburg . (et)c(etera) . / Geborne Graeuina) Zu Solms Fraw Zu Müntzenberg vnd / Sonnenwald3) (et)c(etera) Wittibin Jres Alters Jm 72 . Jar Deren Seelen der Allmechtig ein Fröliche Aufferstehung verleihen würdtb)

  2. B

    Jch Lige vnd Schlaff gantz mit friden Dann Al=/lein du Herr hilffest mir das Jch sicher wone4) , Psal : 4 . / Leben wir so Leben wir dem Herren Sterben / wir so Sterben wir dem Herren Darumb wir Leben / oder Sterben so sind wir des Herren5) . Roma : 14 . / Christus Jst mein Leben Sterben Jst mein gewin6) Phil . 1 . / Vnd Jch wais das mein Erlöser lebet vnd er wird / mich hernacher ausz der Erden aufferwecken vnd / werde hernacher mit diser meiner haut vmbge=/ben werden Vnd werde Jnn meinem Fleisch Gott / sehen Denselbigen werd Jch mir sehen vnd meine au=/gen werden Jn schawen vnd kein frembder7) , Hiob . 19 .

Datum: 19. Mai 1594 n. St.

Wappen:
Solms-Münzenberg8;
Nassau-Dillenburg9 Mecklenburg10
PommernHanau-Münzenberg11.

Kommentar

Die Fraktur ist relativ schmal proportioniert. Die Bögen sind nach rechts hin deutlich stärker ausgerundet, während die linken Bogenabschnitte zumeist senkrecht verlaufen. Die Haste des Schaft-r ist oben ebenso rechtsschräg geschnitten wie die linke Haste von m, n, u, v und w. Am Ende der Zeile wird mitunter das n stark in die Breite gezogen und mit einem die Schäfte verbindenden langen Balken versehen. Die Oberschäfte sind spitz ausgezogen und leicht nach rechts gekrümmt, an der Oberlinie des Mittelbands tragen sie ein kleines Anstrichhäkchen. Die Fahne von f und langem s ist als gewölbter Bogen gestaltet, der nach links über den Schaft hinausragt. Alle i-Punkte sind dreieckig. Die Versalien sind teils sehr schlicht, teils in zahlreiche Schwellzüge aufgelöst und reich mit Zierlinien versehen.

Anna ist die Tochter des Grafen Otto von Solms-Laubach († 1522) und der Anna von Mecklenburg12. Sie ist 1522 geboren und heiratete 1540 den Grafen Ludwig Kasimir von Hohenlohe. Nach dem Tod ihres Mannes ließ sie 1570 ein gemeinsames monumentales Epitaph im Chor der Öhringer Stiftskirche errichten (nr. 345). Ihren Witwensitz hatte sie auf Schloß Langenburg13. Sie wurde neben ihrem Gemahl am 23. Mai 1594 im Langhaus beigesetzt14.

Textkritischer Apparat

  1. Das e zur Umlautbezeichnung winzig über das a gesetzt.
  2. Anschließend eine Kontraschleife als Zeilenfüller.

Anmerkungen

  1. Vgl. Lageplan in HZAN GA 55 (Nachl. Albrecht) II. 7. Bü 103. So auch noch im 19. Jahrhundert; vgl. OAB Öhringen 109.
  2. Rand der Platte teilweise durch die Rahmung verdeckt, daher keine genaue Maßangabe möglich.
  3. Sonnewalde, Lkr. Elbe-Elster (Brandenburg).
  4. Ps 4,9.
  5. Rö 14,8.
  6. Phl 1,21.
  7. Hi 19,25–27.
  8. Quadriert von Solms und Münzenberg. Der Solmser Löwe in den Feldern 1 und 4 ist eigenartigerweise linksgewendet. Ein Fähnchen der Münzenberger Helmzier ist abgebrochen.
  9. Quadriert von Nassau und Vianden. Der Nassauer Löwe in den Feldern 1 und 4 linksgewendet! Vgl. Anm. 8. Verschobene und um ein Wappen der Urgroßelterngeneration – hier um das der Mutter der väterlichen Großmutter (Adriana Gräfin von Nassau-Dillenburg) – erweiterte Ahnenprobe, deren Anordnung allerdings heillos durcheinandergeraten ist.
  10. Quadriert und mit Mittelschild (Schwerin) belegt, 1. Mecklenburg, 2. Rostock, 3. Stargard, 4. Wenden.
  11. Quadriert von Hanau und Münzenberg. Das Hanauer Wappen jeweils nur fünfmal gesparrt statt der drei Sparren, die Sparren zudem fälschlicherweise gespalten.
  12. Vgl. Eur. Stammtaf. NF XVII, Taf. 39, 43.
  13. Vgl. Fischer II/1, 119.
  14. Der Tag der Beisetzung ist genannt in einer bei Wibel, Hohenloh. Kyrchen- u. Reformations-Historie I, 334f. abgedruckten langen lateinischen „Inscription“, die der Neuensteiner Stadtpfarrer Georg Hartmann für die verstorbene Gräfin verfaßt hatte. Eine tatsächliche inschriftliche Umsetzung dieses Textes ist unwahrscheinlich.

Nachweise

  1. HZAN GA 55 (Nachl. Albrecht) II. 7. Bü 103.
  2. Albrecht, Stiftskirche Oehringen 46 (nur A).
  3. Boger, Stiftskirche Öhringen 92.
  4. OAB Öhringen 109 (nur erwähnt).
  5. Ernst-Hofmann, Grabdenkmäler (Mag.arb.) 115.

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 477 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0047708.