Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 474 Forchtenberg, Haus der Familie Kern (Hafenmarktgasse 29, Heimatmuseum) 1593

Beschreibung

Kragstein mit Hausspruch. Außen an der Nordwestecke des gemauerten Sockelgeschosses als Auflage des nach Westen hin vorkragenden Fachwerkobergeschosses. Roter Sandstein. Auf der nach Norden weisenden Seitenfläche die vierzeilige eingehauene und mit dunkler Farbe ausgemalte Inschrift. Leicht verwittert. Für die drei ersten Zeilen sind Hilfslinien vorgeritzt.

Maße: H. ca. 35, B. ca. 22, T. ca. 45, Bu. ca. 5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/1]

  1. DAS · HAVS · STED / IN · GOTES · HAND /
    MICHEL · KERN · B(in) · I(ch) · G(enannt)a) /
    1593b)

Versmaß: Deutsche Reimverse.

Kommentar

Die Kapitalis wirkt ungelenk. A hat stets einen geknickten Mittelbalken. Die Unsicherheit des Steinmetzen in der Ausführung von Bogenlinien verrät sich darin, daß der Bogen des D und des G in seinem unteren Abschnitt häufig entlang der vorgeritzten Grundlinie waagerecht verläuft. Das Haus der Bildhauerfamilie Kern wurde, wie die Inschrift dokumentiert, im ausgehenden 16. Jahrhundert grundlegend renoviert1. Wie bei den Nameninitialen auf dem Scheitelstein des Kellerportals von 1584 (nr. 414) ist auch bei der vorliegenden Inschrift nicht eindeutig, ob der Genannte Michael Kern der Ältere oder sein gleichnamiger Sohn ist. Da Letzterer aber gewöhnlich besser ausgeführte Inschriften verfertigte und man bei dem vorliegenden Werkstück Eigenhändigkeit annehmen darf, wird man sie wohl eher dem Vater zuzuweisen haben.

Das weit verbreitete Hausspruchformular ist hier von Michael Kern offenbar mißverstanden worden, denn üblicherweise wird im zweiten Vers der Name des Hauses, nicht der des Bauherrn genannt2 oder letzterer wird auf geschicktere Weise angeschlossen3.

Textkritischer Apparat

  1. Auflösung der Abkürzung durch den Reim gesichert; so auch schon Mattes in Öhringer Heimatbuch 450; Gradmann; Dienel. Die alternativ von Beutter, Bildhauer 15 und Fleck, Haus d. Familie Kern 11, erwogene Auflösung als B(ürger) + (=und) G(erichtsmann) ist jedenfalls abzulehnen. Die Verbindung der beiden Worttrenner-Punkte mit dem Schaft des I ist nicht eingehauen, sondern lediglich mit Farbe aufgemalt.
  2. Ziffern mit großen Abständen eingehauen.

Anmerkungen

  1. Zur Baugeschichte vgl. ausführlich Fleck, Haus d. Familie Kern 11–15.
  2. Als ein Beispiel für viele die fast zeitgleiche Braunschweiger Inschrift vom Haus Zum Hirschen von 1591: DIS · HAVS · STEHET IN GOTTES HANDT / VND · IST · ZVM · BRAVNEN · HIRS · GENANDT · ; vgl. DI 56 (Stadt Braunschweig II) nr. 644; vgl. ferner DI 1 (Bad. Main- u. Taubergrund) nr. 42 (1573); DI 8 (Mosbach, Buchen, Miltenberg) nr. 72 (1589), nr. 75 (1590, erweitertes Formular), nr. 123 (1615, erweitertes Formular), nr. 130 (1623, erweitertes Formular). Abgewandeltes Formular für einen Brunnen in Wertheim (Main-Tauber-Kreis) und für einen Kirchhof in Rosenberg (Neckar-Odenwald-Kreis): DI 1 (Bad. Main- u. Taubergrund) nr. 45 (1574), DI 8 (Mosbach, Buchen, Miltenberg) nr. 61 (1576).
  3. Zwei gleichlautende Bauinschriften am Altwieslocher Rathaus (Stadt Wiesloch, Rhein-Neckar-Kreis) von 1580: Dieses Haus stett Jn gottes Handt / der Es hatt lossen Bauwen Hanss Jorg von frauwenBurg Jst ers genantt; vgl. DI 12 (Heidelberg) nrr. 351, 352. Vgl. ferner DI 8 (Mosbach, Buchen, Miltenberg) nr. 93 (1599).

Nachweise

  1. Öhringer Heimatbuch 450f. (m. Abb.).
  2. Gradmann, Forchtenberg, Sp. 206.
  3. Dienel, Forchtenberg II, in: Mitt. d. Stadt Forchtenberg 3 (1974) Nr. 18.
  4. Beutter, Bildhauer 15.
  5. Fleck, Haus d. Familie Kern 11.
  6. 700 Jahre Stadt Forchtenberg 1998, 164 (Abb.).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 474 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0047407.