Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 471 Öhringen, Friedhofskapelle St. Anna 1593

Beschreibung

Epitaph des Johann Killinger. Innen an der Südseite des Langhauses, an der Stirnseite des westlichen Strebepfeilers. Ädikula aus rotem Sandstein. Als Bekrönung eine von einfachem Beschlagwerk gerahmte querovale Kartusche mit Sterbevermerk (A); in der von kannelierten Pilastern gerahmten Hauptzone zwei aneinandergeschobene Wappen unter einem Helm; in der hohen, fast quadratischen Sockelzone eine formatfüllende, rollwerkgerahmte Kartusche mit Grabgedicht (B); jeder zweite Vers eingerückt. Alle Zeilen mit Hilfslinien vorgeritzt.

Siehe Lageplan.

Maße: H. 193, B. 95,5, Bu. 1,5 (A), 2,0 cm (B).

Schriftart(en): Fraktur (A), Kapitalis (B).

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/3]

  1. A

    Grabschrifft herrn / Johann Killingers seligen / Von Öetingen1) Weilant gemeinen / Registratoris Der graffschafft hoenlöe / Auch diser Kirchen Organisten / Welcher Anno 1593 den 3 / Augusti Jn gott Seliglichen / Ein Geschlaffen

  2. B

    HIEHER IOHANN KILLINGER SEINLEIB GLEGT MIT BEIDEN KINDERLEINVON ÖETINGEN DER BV̈RTIG WAHRZVE ÖERINGAW DIENER ZWEI IAHRNACH SEINEM WVNSCH EIN GLV̈CKHAFFT RIEBa)FELIXb) MERWARDIN IHM BELIEBDER TVGENT HALB WOLL LOBENS WERTHc)DVRCH NEID DES TODTS BALD WARD HIN ZERTDANN ALS ER ZWEI VND DREISSIG IAHRERREICHT AVSSTVNDT DES TODES GFARALS MANN NACH CHRIST NEV̈NTZIG DREI ZAHLTd)DEN DRITTEN AVGVSTI STARB BALDTACH SEHR ZVE FRV̈E DAS BETRV̈BT WEIBBERAVBT IHRS MANS VND KINDER BLEIBIHRS LEBENS BEESTS VND ALTERS FREVDTVOR DEN SIE GERN WEHR GSTORBEN BAIDTEIN TREW EHEGENOS VND MVETER HATTZVE GOTT VORGSCHICKT BSVCHT BALDTe) DIE STATTf)ACH CHRIST WEILS IN DER WELT GEHT ZVESO V̈BEL VNS BRING AVCH ZVE RHVE

Versmaß: Deutsche Reimverse (B).

Datum: 13. August 1593 n. St.

Wappen:
Killinger2, Merwart3.

Kommentar

Die Fraktur wirkt trotz hoher Oberlängen durch die fetten Schattenstriche und die breiten Proportionen im Mittellängenbereich gedrungen. Die quadrangelförmige Fahne des Schaft-r ragt in den Oberlängenbereich. Das Bogenende des h ist weit nach links unter die Grundlinie gezogen und wie der Unterbogen des g geschwungen. Die Versalien weisen kaum Schmuckformen auf. Bei der breit proportionierten und oft mit weiten Wortabständen eingehauenen Kapitalis erhalten in der Regel die Senkrechten die breiteste Strichstärke, die deutlich ausgeprägten Balken- und Bogensporen sind stets rechtsschräg ausgerichtet. Die Cauda des R ist markant geschwungen, am Wortende auch häufig eingerollt. Die Anfangsbuchstaben fast sämtlicher Wörter der Inschrift (B) sind vergrößert.

Auffällig im Vergleich zu den übrigen Grabmälern der Zeit ist das Fehlen eines Bibelspruchs und stattdessen die Anfügung des Todeswunschs der Witwe angesichts der Schlechtigkeit der Welt. Johann Killinger war ein Sohn des Gabriel Killinger, gräflich oettingischen Verwalters zu Christgarten und Pflegers zu Hochhaus (beide Gde. Ederheim, Lkr. Donau-Ries)4. Er war ab 1588 in der gräflichen Kanzlei zu Weikersheim beschäftigt5. Der Inschrift zufolge wechselte er 1591 als Registrator in die gemeinschaftliche Kanzlei nach Öhringen. Die Ehe mit Felicitas Merwart schloß er am 26. September 15906. Die beiden in der Inschrift erwähnten Kinder waren Anna (getauft am 25. Juli 1592) und der erst nach dem Tod Johann Killingers geborene, am 24. November 1593 getaufte und offenbar schon kurz darauf verstorbene Johann7. Felicitas Merwart heiratete 1597 in zweiter Ehe den Pfarrer zu Jagsthausen Mag. Jakob Kraybolt8.

Textkritischer Apparat

  1. Das E klein über die Zeile gesetzt; so für „Rippe“=Ehefrau.
  2. So vermutlich für FELICITAS?
  3. Das H aus Platzmangel am Zeilenende in deutlich kleinerem Schriftgrad ausgeführt und hochgestellt.
  4. AL-Nexus, das H klein darübergesetzt.
  5. T klein hinter dem D hochgestellt.
  6. Die beiden letzten Buchstaben auf dem Rahmen und in deutlich kleinerem Schriftgrad.

Anmerkungen

  1. Oettingen in Bayern (Lkr. Donau-Ries).
  2. Linksgewendet. Steigende Hirschkuh (?) auf Dreiberg; Helmzier: die Hirschkuh (?) zwischen zwei Büffelhörnern.
  3. Gekrönte und bekleidete Meerjungfrau mit Doppelschwanz, mit beiden Händen je einen Schwanz ergreifend, im Wasser.
  4. Ev. PfA Öhringen, Kirchenbuch 1, Eheregister zu 1590 IX 26 (LKA, Film KB 1324).
  5. Dienerbuch des Grafen Wolfgang von Hohenlohe, Herrschaft Weikersheim 1588–93: HZAN La 40 Bü 617.
  6. Ev. PfA Öhringen, Kirchenbuch 1, Eheregister zu 1590 IX 26 (LKA, Film KB 1324). Zu Felicitas’ Vater Wendel Merwart vgl. nr. 415.
  7. Ev. PfA Öhringen, Kirchenbuch 1, Taufregister zu 1592 VII 25 bzw. 1593 XI 24 (LKA, Film KB 1324). Beide Kinder sind nicht im Öhringer Totenregister aufgeführt.
  8. Ev. PfA Öhringen, Kirchenbuch 1, Eheregister zu 1597 Trinitatis (LKA, Film KB 1324); vgl. auch Pfarrerbuch Kraichgau-Odenwald 2, 469 Nr. 1955.

Nachweise

  1. Birkenstock 64f. Nr. 60.

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 471 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0047106.