Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 461 Öhringen, Hofapotheke (Marktplatz 9) 1591

Beschreibung

Portalgewände und Fachwerkständer.

I. Portalgewände. Außen an der Nordseite (Marktstraße); ursprünglich Umrahmung der Eingangstür, jetzt des offenen Durchgangs zu dem zurückversetzten Ladeneingang der Apotheke. Zwei Pfosten und Flachbogensturz aus rotem Sandstein. Innenkante reich profiliert. In den beiden Bogenzwickeln des Sturzes je ein Rundmedaillon mit dem in hohem Relief ausgehauenen Kopf eines Frankenkönigs, jeweils mit auf dem Rand umlaufend eingehauener Beischrift, links (A), rechts (B); im Bogenscheitel eine querovale Kartusche, die restlichen Flächen des Sturzes gefüllt mit Fruchtbündeln. Die beiden Pfosten sind mit symmetrischem Band- und Beschlagwerk verziert. Das gesamte Gewände ist farbig gefaßt, die Inschriften auf rotem Grund mit schwarzer Farbe – nicht immer richtig – nachgezogen. In jüngerer Zeit renoviert; der rechte Pfosten teilweise eingeputzt. An der Nordostecke des Hauses befindet sich unterhalb des Schwellbalkens des ersten Obergeschosses ein von derselben Hand wie das Portalgewände ausgeführtes Brustbild eines Engels, der zwei Eheallianzwappen hält. Ebenfalls farbig gefaßt.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/9]

Maße: H. (Sturz) 52, B. 166, Bu. 1,8 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

  1. A

    CLODOVEVSa) REX FRANCORVM V1)

  2. B

    CHILDERICVSb) R(EX) F(RANCORVM)c) XIIII2)

Übersetzung:

Chlodwig, der fünfte König der Franken. – Childerich, der 14. König der Franken.

 
Wappen:
unbekannt3, unbekannt4.

II. Fachwerkständer. An der östlichen Giebelseite, mittlerer Ständer des ersten Obergeschosses. Eingeschnitzter Wappenschild, darin zwischen den Wappenfiguren die eingehauene und mit schwarzer Farbe nachgezogene Jahreszahl (C). Heraldisch rechter Rand des Schilds durch spätere Fensterrahmung verdeckt.

  1. C

    1591

 
Wappen:
unbekannt5.

Kommentar

Die Kapitalis weist nur wenige Besonderheiten auf. Das M hat schräggestellte Schäfte und einen bis etwa zur Zeilenmitte hinabreichenden Mittelteil, die Cauda des R ist nur leicht durchgebogen und nicht geschwungen, das S ist stark nach rechts gekippt.

Die beiden Bildnismedaillons der fränkischen Könige stehen in keinem Zusammenhang mit dem übrigen figürlichen Schmuck des besonders an der Traufseite reich verzierten Erdgeschosses. Die Beweggründe für die ungewöhnliche Motivwahl bleiben im Dunkeln. Die den Namenbeischriften hinzugefügte Zählung läßt darauf schließen, daß eine Folge von Herrscherdarstellungen als Vorlage benutzt worden sein dürfte. Eine solche ließ sich allerdings nicht ermitteln.

Das aus Haupt- und Rückgebäude zusammengesetzte Haus besteht aus einem hohen gemauerten Erdgeschoß, zwei Fachwerkobergeschossen und zwei Giebelgeschossen. Knoblauch erwägt eine Autorschaft des Heilbronner Bildhauers Jakob Müller für den Bildschmuck des Erdgeschosses6. In der Tat lassen sich nicht nur stilistische Gemeinsamkeiten im ornamentalen und figürlichen Schmuck mit Werken Müllers feststellen, auch die Kapitalis weist weitgehende Übereinstimmungen mit der auf dem 1601 in der Müller-Werkstatt geschaffenen Epitaph des Julius Micyllus in der Öhringer Stiftskirche (nr. 558) auf. Spätestens seit dem frühen 19. Jahrhundert beherbergt das Gebäude die Hofapotheke7.

Textkritischer Apparat

  1. Umschrift links unten beginnend.
  2. Umschrift links, etwa in halber Höhe des Rahmens, beginnend; zwischen den Wortteilen CHILD, ERI und CVS jeweils ein etwas größerer Buchstabenabstand.
  3. Nach dem F jetzt fälschlich ein X aufgemalt.

Anmerkungen

  1. Gemeint ist vermutlich der Merowingerkönig Chlodwig I. (481–511).
  2. Vermutlich König Childerich II. (662–675).
  3. Ein von Flammen umgebenes Walmdach, überhöht von drei balkenweise angeordneten sechsstrahligen Sternen.
  4. Stehender Bauer, in der Rechten eine Pflugschar, in der Linken ein Sech haltend, beide Geräte mit der Spitze nach oben weisend.
  5. Vier (3:1) sechsstrahlige Sterne. Dazwischen die Jahreszahl.
  6. Knoblauch II/1, 247.
  7. Vgl. Stadtplan von 1819 in Knoblauch II/3, Taf. D (Legende: Buchstabe M). Baubeschreibung in Knoblauch II/1, 244–247; Mayer, Bürgerhaus 160–162. Der Ladeneinbau erfolgte nach Mayer, Bürgerhaus 160, im späten 18. Jahrhundert.

Nachweise

  1. Öhringer Heimatbuch 466f. (nur C; A, B nur erwähnt).
  2. Knoblauch II/1, 246 (nur erwähnt).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 461 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0046100.