Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 444 Waldenburg, ev. Stadtkirche 1589

Beschreibung

Epitaph des Christoph von Wahren. Innen an der Nordwand des Langhauses. Holz, bemalt. Ädikulaähnlicher Aufbau. Als Aufsatz unter Spitzgiebel ein querrechteckiges Bildfeld mit Darstellung Gottvaters; als seitliche Rahmung Roll- und Beschlagwerk. Auf dem Fries der hohen Gebälkzone der zweizeilig mit schwarzer Farbe auf braunem Grund aufgemalte Bibelspruch (A). In der Hauptzone eine annähernd quadratische Tafel mit dem Gemälde des von den Jüngern begleiteten Christus, dem Mütter ihre Kinder bringen; über der Szene zweizeilig mit gelber Farbe auf schwarzem Grund aufgemalter Bibelspruch (B). Links im Vordergrund des Bildes kniet betend ein kleiner Knabe im Hemdchen, vor ihm ein Totenschädel und ein beidseitig eingerolltes Spruchband mit in schwarzer Farbe aufgemaltem Bibelspruch und in einer zweiten Zeile in roter Farbe angefügter Bibelstellenangabe (C); rechts unten auf dem Schriftband die winzige, mit roter Farbe aufgemalte Malersignatur (D). Den Ecken des Bilderrahmens sind vier farbig gefaßte Ahnenwappen aufgelegt. In den aus Roll- und Beschlagwerk gebildeten Seitenteilen zwei Rundmedaillons mit geschnitzten und teilvergoldeten Engelsköpfchen. Im Unterhang querrechteckige Tafel mit Sterbevermerk (E) in gelber Schrift auf schwarzem Grund; darunter in der Mitte des Rahmens ein weiteres geschnitztes Engelsköpfchen.

Maße: H. ca. 210, B. 115, Bu. ca. 3,0 (A), ca. 1,5 (B), 1,0 (C), 0,4 (D), 1,5 cm (E).

Schriftart(en): Fraktur und Kapitalis (A, C), Kapitalis (B, D), Fraktur (E).

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/4]

  1. A

    Sein Seel gfelt Gott , darumb eÿlet er / mit Jhm ausz dem bösen leben ,1) SAP . 4 . 14

  2. B

    LAST DIE KINDLEIN ZV MIR KOMEN VND WEHRET IN / NICHT , DANN SOLCHER IST DAS HIMELREICH2) . MAR . X

  3. C

    Christus ist mein leben , Sterben mein gwin3) , / PHILIPP : 1 . 21 . CAPa) .

  4. D

    I(akob) H(offmann) .

  5. E

    Der Edel Christoff von Wahren , desz Edlen vnd Vösten , / Günthersz von Wahren , Gräflichen Hoenloischen Hofmei=/sters allhie zu Walldenbergk , vnd dann der Edlen vnd Tugent=/samen frawen , Euae , gebornen von Seckendorff , seiner / ehlichen Hauszfrawen , hertzliebesb) sohnlin , ist in Gott selig/lichen eingeschlaffen , seines alters , 30 wochen , Anno D(omi)ni / 1589 , am tag Nicolai , Gott erwecke in am grosen tag . amen

Datum: 6. Dezember 1589=16. Dezember 1589 n. St.

Wappen:
Wahren4 Seckendorff
Gräfe?5 Wollmershausen.

Kommentar

Sowohl die Fraktur als auch die Kapitalis sind sehr regelmäßig und sorgfältig ausgeführt. Die Verteilung der Haarstriche und der fetten Schattenstriche der Kapitalis folgt allerdings nicht dem klassischen Vorbild. Die geschwungene Cauda des R reicht weit unter die Grundlinie. Die Schäfte des M weisen denselben Neigungswinkel auf wie die bis zur Grundlinie hinabreichenden Schrägschäfte des Mittelteils. Auffälligstes Merkmal der Fraktur ist eine Doppelform von f und langem s, bei der die Fahne als vom Schaft losgelöster Bogen diesen überwölbt. Analog dazu ist auch einmal der Schaft des k von einem Bogen überspannt. Diese Formen sind charakteristisch für die Fraktur des Haller Malers Jakob Hoffmann. Der weitere Schriftvergleich, vorweg die Form des z und der Versalien, sichern die – zudem durch die Signatur (D) nahegelegte – Zuschreibung6. Auch die erwähnten Merkmale der Kapitalis finden ihre Entsprechung in anderen Werken des Malers7, der 1601 ein weiteres Epitaph für die Waldenburger Stadtkirche geschaffen hat (nr. 559).

Die von Wahren sind ein sächsisches Niederadelsgeschlecht. Sie gehörten zu den angesehensten Vasallengeschlechtern des Hochstifts Merseburg8. Günther von Wahren zu Untermelsendorf (Gde. Schlüsselfeld, Lkr. Bamberg?) und Völkershausen (Wartburgkreis?) war der Inschrift zufolge gräflich hohenlohischer Hofmeister zu Waldenburg9; 1600 ist er dann als kaiserlicher Hauptmann bezeugt10. Seine Frau Eva gehört der um die Mitte des 15. Jahrhunderts gestifteten Nebenlinie zu Unternzenn des Aberdar-Stamms der von Seckendorff an. Sie entstammt der ersten Ehe des Christoph von Seckendorff († 1596)11 mit Susanna von Wollmershausen († 1575)12.

Textkritischer Apparat

  1. AP-Nexus verkleinert in das C eingestellt.
  2. Balken des t fehlt.

Anmerkungen

  1. Wsh 4,14.
  2. Mk 10,14.
  3. Phl 1,21.
  4. Linksgewendet. Hier fälschlich grün-weiß-rot zweimal schräggeteilt statt grün-rot gespalten und überzogen von einem silbernen Schrägbalken; vgl. Siebmacher Si 1, 163.
  5. In Weiß zwei schräggekreuzte lotschnittige, am Kreuzungspunkt zusammengenagelte gelbe Rundhölzer (?); vgl. etwas abweichend (in Silber ein schwebender, waagschnittiger goldener Schragen) Siebmacher Si 1, 153 („v. Grefen“). Die Identifizierung ist freilich sehr unsicher, da in Siebmacher SaA 54 Taf. 34 das Wappen deutlich anders wiedergegeben ist: in Schwarz ein goldener (anstoßender) Schragen.
  6. Zu Hoffmann vgl. nr. 559 und die dort angegebene Literatur.
  7. Epitaph des Thomas Schweicker in Schwäbisch Hall (1592); vgl. Deutsch, Jakob Hoffmann 26 (Abb. 4).
  8. Siebmacher SaA 177 Taf. 115.
  9. Einer 1588 von Günther von Wahren ausgestellten Urkunde zufolge war er zu diesem Zeitpunkt bereits mindestens drei Jahre im Amt; vgl. HZAN Wa 25 Bü 353 (Abschied des Reißigen Knechts Moritz Erbermann). Im August 1587 sind der Hofmeister und seine Frau im Pfedelbacher Taufregister als Paten verzeichnet; vgl. Ev. PfA Pfedelbach, Kirchenbuch 1 (LKA, Film KB 1353), fol. 6r.
  10. So jedenfalls Biedermann, Steigerwald, tab. CXXI („Günther von Wehrn“).
  11. Begraben in Creglingen; vgl. DI 54 (Mergentheim) nrr. 304, 305.
  12. Begraben ebd.; vgl. DI 54 (Mergentheim) nr. 223.

Nachweise

  1. LKA, A 29 Nr. 4956, Pfarrbeschreibung für die Pfarrei Waldenburg 1905, p. 221 (erwähnt).
  2. Englert, Waldenburg 478 Anm. 26 (erwähnt).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 444 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0044409.