Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 415 Untersteinbach (Gde. Pfedelbach), ev. Pfarrkirche 1583/84?

Beschreibung

Grabplatte des Schultheißen Wendel Merwart. Im Chor vor der Südwand im Boden, unter dem Kanzelaufgang. Bei Bauarbeiten in den 1960er Jahren unter einer Holzverschalung freigelegt1. Sandstein. Umlaufend eingehauener Sterbevermerk (A), auf der linken Längsseite unten beginnend und gegen das Binnenfeld durch eine schmale, nach innen abgefaste Leiste abgesetzt; in der oberen Hälfte des Feldes ein querrechteckiges, von Blattvoluten bekröntes Schriftfeld mit Versinschrift (B) und darunter ein von einem Lorbeerkranz eingerahmtes Wappen; in der unteren Hälfte eine weitere Versinschrift (C). Alle Zeilen mit Hilfslinien vorgeritzt. Die Platte ist am linken Rand abgetreten, zudem schräg beschnitten, so daß die gesamte linke Schriftleiste mit dem Beginn der Inschrift (A) sowie die Versanfänge der Inschriften (B) und (C) fehlen. Ein Teil der Inschrift (B) ist durch die untere Treppenstufe der Kanzel verdeckt; Ränder ausgebrochen und mit Zementmörtel großflächig ausgebessert.

Maße: L. 184, B. (Rest) 92, Bu. 4,2 (A), 2,9 cm (B, C).

Schriftart(en): Kapitalis.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/6]

  1. A

    [– – – / . . . . . .] SEPTEMBERa) · DER · A[./. . . . . . . .]b) · WOLLE · IM EIN · FROLICHE · VRSTEND · VER/LEIHEN · AMENc)

  2. B

    [– – –][. . . . . .] ṂICHd) · WIDERa) ANe) MEINe) [. . . . .][. . . . . .]BEN · DAS · ICH AVS DER · ERD ·[. . . . . .]DT · WIDERERWECKET · WERDf) ·[IN MEIN]ẸM · FLEISCH · WERD · ICH GOT SEHNf)2) ·[IST GEW]ISLICHg) · WAR · VND · WIRD GESCHENh)

  3. C

    [DE]R · EHRENHAFT · WENDEL · MERWARTf) ·[AL]DA · CHRISTLICH · BEGRABEN · WARD ·[AL]S ERi) · SCHVLTHEIS · GEWESEN WARf) ·[IM] ORN · THAL · ACHT · VND · ZWAINZIGk) IARf) ·[VN]D MIT · BARBARA · SEIM EHEWEIB ·[FY]ṆFl) · CEHN KIND · ZEIGT · VON · SEINEM · LEIB[DER]EN VERLIES ER ACHT BEIM LEBEN[W]ARENm) · FYNFE VERHEIRAT · EBEN ·[W]EIL ER WIE HIOB IN ALER NOT[SEI]N VERTRAWEN · STETS · GERICHTET · HATf)[AVF]n) SEIN ERLOSER IEESVMo) CHRIST[IN] DEM · ER · AVCH · ENTSHLAFEN · IST[. . .]p) IST SEIN · SEEL · IM · HIMELS · SAAL[DER] LEIB · HIE · RVHT · ON · ALLE · QVAL[DES] IVNGSTEN TAGS · DER HERIGKEITTo)[. . .]q) LEIB · VND · SEEL · WARTET · ON LEID · AMENe)r) .

Versmaß: Deutsche Reimverse (B, C).

Wappen:
Merwart3.

Kommentar

Charakteristische Merkmale der sorgfältig eingehauenen Kapitalis sind weit ausgestellte, zu den Enden hin keilförmig verbreiterte und leicht nach innen durchgebogene Schrägschäfte bei A, M, V und W und ein leicht nach rechts geneigtes S, dessen Bögen fast kreisrund geschlossen sind. Bemerkenswert ist zudem das Q, dessen geschlossener Bogen nur die obere Zeilenhälfte einnimmt und unverbunden über die große, geschwungene und die Grundlinie nicht unterschreitende Cauda gesetzt ist. I-Punkte sind konsequent verwendet, Worttrennerpunkte dagegen nur unregelmäßig. Von demselben Steinmetzen sind nach Ausweis der Schrifteigentümlichkeiten drei zwischen 1581 und 1585 entstandene Grabmäler in Öhringen erhalten (nrr. 399, 418, 419), so daß ein ungefährer zeitlicher Ansatz für die Entstehung der vorliegenden Grabplatte gegeben ist. Das Todesjahr Wendel Merwarts ist nicht bekannt, er ist aber noch 1580 als Schultheiß im Ohrntal bezeugt4, und sein Name und Wappen befinden sich auch auf dem um 1580 entstandenen Waldenburger Rathauspokal (nr. 398). Da seine Bestallung zum Schultheißen am 6. Juli 1556 erfolgte5, läßt sich, sofern die Angabe der Amtsdauer in der vorliegenden Inschrift korrekt ist, als Todesjahr 1583 oder 1584 erschließen.

Textkritischer Apparat

  1. Die obere Hälfte der meisten Buchstaben zerstört.
  2. Mit Zementmörtel zugestrichen und zudem teilweise durch die untere Kanzelstufe verdeckt; vermutlich A[L/MECHTIGE] o. ä.
  3. Danach das linke Drittel der Fußleiste unbeschriftet.
  4. Vom ersten Buchstaben nur der rechte schrägstehende Schaft erhalten.
  5. Nur jeweils das untere Viertel der Buchstaben erhalten.
  6. Der letzte Buchstabe auf der Rahmenleiste.
  7. Ergänzung sinngemäß.
  8. Die letzten beiden Buchstaben auf der Rahmenleiste.
  9. [VN]SER Pfedelbach 1987.
  10. IN-Nexus durch Setzen eines I-Punkts über den linken Schaft des N.
  11. Nur der rechte Schaft des N erhalten; zur Schreibweise vgl. den achten Vers.
  12. Nur der rechte Schrägschaft des A erhalten.
  13. Vom zur Verfügung stehenden Raum her vielleicht auch AVFF.
  14. Sic!
  15. Vielleicht NVN zu ergänzen.
  16. SEIN conj. Pfedelbach 1987; für diese Ergänzung reicht der zur Verfügung stehende Platz nicht aus.
  17. Der Balken des A fehlt.

Anmerkungen

  1. Vgl. Pfedelbach 1987, 241.
  2. Nach Hi 19,25–27.
  3. Gekrönter, seine beiden Fischschwänze umfassender Triton.
  4. Pfedelbach 1037–1987, 255. Die erhaltenen Kirchenbücher setzen erst 1600 ein.
  5. HZAN Wa 25 Bü 348 (Bestallung 1556 Montag nach Pauli Bekehrung); HZAN Wa 25 Bü 349 (Bestallungsrevers). 1588 wurde ein Verwandter des Verstorbenen, Georg Ludwig Merwart, zum Ohrntaler Schultheißen ernannt: HZAN Wa 25 Bü 356 Nr. 4 (Bestallungsrevers).

Nachweise

  1. Pfedelbach 1987, 241f.

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 415 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0041508.