Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 364 Öhringen, Friedhofskapelle St. Anna 1575, 1603

Beschreibung

Epitaph für Samson Hohenbuch(er) und seine beiden Frauen Barbara geb. Üler und Dorothea geb. Virnkorn. Innen an der Nordseite des Langhauses, im mittleren Joch. Hochrechteckige Platte aus rotem Sandstein, mit Steinfarbe gestrichen. Ganz oben Bibelspruch (A), darunter in einem mit Fase eingetieften, flachbogig abgeschlossenen Feld zwei aneinandergelehnte Wappen unter einem Helm; im unteren Sechstel der Platte der Sterbevermerk für Barbara Üler (B). In dem freigelassenen Raum zwischen Wappenrelief und Inschrift (B) wurden 1603 die Sterbevermerke für Hohenbuch (D) und seine zweite Frau (E) eingetragen; gleichzeitig wurde in das Wappenrelief zwischen die beiden Schilde ein kleinerer Wappenschild für die zweite Frau eingefügt, darin die Initialen (C). Alle Zeilen vorgeritzt. Stoßschäden; das nachträglich eingefügte Wappen an den Rändern stark beschädigt.

Siehe Lageplan.

Maße: H. 189, B. 99, Bu. 2,5–3,5 (A), 3,2 (B), 2,2–2,5 (C), 3,2 cm (D, E).

Schriftart(en): Kapitalis.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/1]

  1. A

    PSAL XCa) / LERE VNS BEDENCKE DAS WIR STERBENN / MIESSE AVF DAS WIR KLVG WERTENN1)

  2. B

    ANNOb) · D(OMI)NI · M · D · LXXVc) · DEN · XXVc) · DAG · / AVGVSTI · VERSCIEDE · IM · HERRENN / DIE · ERBARE · BARBARA · V̈LERIN · DES · ERBAREN / SAMSON · HAENBVCHERS · EHELICHE · HAVSFRAW / DERE GOT GNEDIG SEIN WOL AMENN ·

  3. C

    D(orothea)d) F(ern)//K(ernin)

  4. D

    ANNOe) 1603 DEN 9 MAIJ IST IN GOTT DEM HER(N)N / SANFFT VND SEELICH ENTSCHLAFFENf) DER / ERNHAFFT VND FŸRNEM SAMSON HOHEN=/BVOCHg) BVRGER VND DES GERICHTSh) ZV ÖRING(EN) / SEINES ALTERS IM · 58 · IAR DESSEN / SEEL GOTT GNEDIG SEŸ AMEN ·i)

  5. E

    ANNOe) 16〈. .〉 DEN 〈. . . . . .〉 STARB DIE / ERBARE DOROTHAk) FERNKERNE(N) DES / SAMSON HOHENBVOCHSg) EHLICHE HAVS/FRAW DERE(N) GOTT GNAD · AME(N)l) ·m)

Datum: 19. Mai 1603 n. St.

Wappen:
Hohenbucher2, Üler3; Virnkorn4.

Kommentar

Die Schriftformen der beiden ursprünglichen Inschriften (A) und (B) unterscheiden sich deutlich von den Nachträgen. Sie sind wesentlich ungelenker. Das obere Bogenende des D ragt mitunter weit über den Schaft hinaus; N ist häufig spiegelverkehrt; O ist oval oder spitzoval. Die Cauda des R läßt eine unsichere Linienführung erkennen und setzt zumeist getrennt unter dem Bogen am Schaft an. Charakteristisch sind aber vor allem der aus einem pseudounzialen A abgeleitete Versal am Beginn der Inschrift (B) sowie die dreieckigen Worttrenner, die das Grabmal als das Werk eines Steinmetzen ausweisen, von dem im Bearbeitungsgebiet etliche weitere Inschriftendenkmäler erhalten sind, auf denen das D jedoch abweichend vom vorliegenden Epitaph stets einen verkürzten Schaft besitzt5. Auffälligste Merkmale der regelmäßigeren Kapitalis der nachgetragenen Inschriften sind der A-Versal und die breiten Bögen, besonders bei C, D und G. Die Sporen des weit geschlossenen C sind im rechten Winkel auf die Bogenenden aufgesetzt. Der Mittelbalken von E und F ist im Vergleich zu den übrigen Balken ungewöhnlich kurz. All diese Schriftmerkmale, zusammen mit dem charakteristisch verzierten Quadrangel-Schlußzeichen, deuten auf den Öhringer Bildhauer Philipp Kolb hin. Bemerkenswert ist, daß hier beide von Kolb verwendeten M-Formen vorkommen: sowohl die für seine früheren Werke eingesetzte Variante mit schräggestellten Schäften, die mit dem Mittelteil spitz zusammentreffen, als auch das für die späteren Werke typische M mit senkrechten Schäften, die oben breite Sporen ausbilden. Der Bogen der 6 ist hier noch nicht wie später bei Kolbs Inschriften offen und spitz ausgezogen, sondern kreisrund und geschlossen, und der untere Schrägbalken des K ist gerade statt geschwungen.

Der Nachtrag der Sterbedaten von Hohenbuchers zweiter Frau, auf deren Initiative die Umarbeitung des Epitaphs sicherlich zurückgeht, ist später unterblieben.

Textkritischer Apparat

  1. Die Bibelstellenangabe steht zentriert, die Zahlzeichen sind durch einen darübergesetzten Strich hervorgehoben.
  2. A-Versal vergrößert und durch besondere Verzierung hervorgehoben.
  3. Zahlzeichen durch Überstreichung hervorgehoben.
  4. Schaft des D zerstört.
  5. A-Versal vergrößert; der linke Schrägschaft geschwungen mit eingerolltem Ende.
  6. Linker Schrägschaft des A verkürzt und über den Balken des L gestellt.
  7. Das O klein über das V gestellt.
  8. Der Balken des T – wohl versehentlich – auf den linken statt auf den rechten Schaft des H gesetzt und deutlich über die Obergrenze der Zeile ragend.
  9. Als Schlußzeichen ein Quadrangel, dessen untere Spitze in eine nach rechts gebogene Zierlinie ausläuft.
  10. Sic!
  11. Ohne Kürzungszeichen.
  12. Als Schlußzeichen ein Quadrangel, dessen untere Spitze in eine nach rechts gebogene Zierranke ausläuft.

Anmerkungen

  1. Ps 90,12.
  2. Das Oberwappen gehört zum Hohenbucherschen Wappen.
  3. Rübe.
  4. Drei Ähren auf einem bewachsenen Dreiberg. Zu beiden Seiten der Ähren die Initialen DF bzw. K.
  5. Vgl. Einl. 66f.

Nachweise

  1. Wibel, Hohenloh. Kyrchen- u. Reformations-Historie IV, 178 (nur B, D).
  2. Birkenstock 55f. Nr. 53.
  3. Erdmann, Diareihe St. Anna-Kapelle 19 (nur teilw.).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 364 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0036406.