Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 358 Kloster Schöntal (Gde. Schöntal), Kloster, Kreuzgang 1573

Beschreibung

Epitaph des Hans Jakob von Berlichingen zu Hornberg († 1567). Im Ostflügel des Kreuzgangs, 17. Stein von Norden; bis zur Neuanordnung der Grabmäler im Zuge des barocken Neubaus des Kreuzgangs nördlichstes Epitaph, unmittelbar neben dem Eingang in die Kirche1. Sandstein-Ädikula. Im seitlich in kleine Voluten auslaufenden Rundbogengiebel Relief des Gnadenstuhls mit zwei Engeln. In der Mitte des profilierten Simses eingehauene Bildhauersignatur (A) mit Stz. nr. 18. Im Fries des Gebälks sechszeiliger Bibelspruch und Datierung (B). In der Hauptzone, von Pilastern gerahmt, die vor einer Rundbogennische stehende, leicht nach rechts gedrehte, fast vollrunde Figur des Adeligen in Ganzharnisch und mit links unten abgestelltem federgeschmückten Visierhelm. An einer Halskette schildförmiges, mit Balkenkreuz bezeichnetes Medaillon. Am vorspringenden Mittelteil des Sockels in eingetieftem Schriftfeld der Sterbevermerk (C). Auf den beiden Pilastern je sechs reliefierte Vollwappen untereinander, je zwei weitere Vollwappen auf dem über den Pilastern verkröpften Gebälk sowie unter den Pilastern am Sockel. Das Stz. nr. 18 kommt drei weitere Male an den Kapitellen der Pilaster und am Sims des Sockels vor. Leichte Stoßschäden.

Siehe Lageplan.

Maße: H. 331, B. 162, Bu. 2,2 (A, B, C), 2,5 cm (B)2.

Schriftart(en): Kapitalis.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften; Vermögen und Bau Baden-Württemberg, Amt Heilbronn [1/8]

  1. A

    L(eonhard) //a) W(eidmann)b)

  2. B

    VND · DA IHESVS · GETHAVFT · WAR · SIHE · DA · THET · SICH / DER · HIMEL · AVF · VBER · IHME · VND · IOHANNES · SAHE · DEN · / GEIST · GOTTES · GLEICH · ALS · EIN · DAVB · HERAB · FAHREN · VND / VBER · INE · KOMMEN · VND · SIHE · EIN · STIM V(OM) HIMILc) · HERAB · / SPRACH · DIS · IST · MEIN · LIEBER · SHON · AN DEMd) · ICH · EIN · / WOLGEFALLEN · HABe)3) · 1 · 5 · 73 ·

  3. C

    ANNO · DOMINI · MDLXVIIf) · VF · MIT · WOCHEN · DEN XXII · / MONAT · OCTO · BRIS · IST · DER · EDEL · VND · EREN · VEST / HANS · IACOB · VON · BERLICHINGEN · ZV · / HOENBERGg) · IN GOTh) · SELI · GLICHEN · ENTSCHLAF=/FEN · IN · DESSEN · SEELEN · DER · BARMHERTZIG · / GOT · EWIGLICHEN · GERVCHEN · AMENi)

Wappen:
Berlichingen Gailing
Thüngen Lauffenholz4
Adelsheim Birkenfels5
Steinau gen. Steinrück Egloffstein
Küchenmeister v. Rothenburg6 Heßberg
Schlitz gen. Görz Giech7
Venningen Streitberg8
Buchenau9 Neustätter gen. Stürmer.

Kommentar

Steinmetzzeichen und Initialen der Signatur deuten nicht, wie früher angenommen10, auf den Nürnberger Stadtwerkmeister Leo Wolff, sondern auf Leonhard Weidmann aus Rothenburg, der in Rothenburg auf dieselbe Weise 1586 den äußeren Torbogen des Spitaltors11 und 1591 die Gerichtsschranken des Ratssaals12 signierte. Seine insgesamt sehr ausgewogene Kapitalis ist zwar an klassischen Proportionen orientiert, weist aber keinen Strichstärkenwechsel auf, die Sporen sind nur schwach ausgeprägt. A hat – abgesehen von einer einzigen Ausnahme in der ersten Zeile von Inschrift (A) – durchweg einen beiderseits weit überstehenden Deckbalken, I fast stets den (quadrangelförmigen) Punkt. „Unklassisch“ sind auch die Quadrangel-Worttrenner, und es fällt die häufige falsche Worttrennung auf13.

Zu Hans Jakob von Berlichingen vgl. seine Grabplatte (nr. 322). Die vorliegende 16-Ahnenprobe weist etliche Fehler auf. Auf der rechten Seite sind die Wappen von Buchenau und Schlitz gen. Görz vertauscht, wobei sich eine Heiratsverbindung Steinau gen. Steinrück/Schlitz bislang in der betreffenden Generation nicht nachweisen läßt. Ebensowenig sind für die linke Seite die Eheverbindungen Gailing/Heßberg, Birkenfels/Streitberg und Egloffstein/Neustätter nachzuweisen. Statt des Neustätterschen Wappens wäre – korrekte genealogische Angaben bei Biedermann vorausgesetzt – das Wappen der Förtsch von Thurnau zu erwarten14.

Das Epitaph für Hans Jakob ist das letzte Berlichingen-Grabmal in Schöntal. Danach bewilligten Abt und Konvent offenbar nicht mehr länger die Bestattung weiterer Angehöriger des Geschlechts, das sich der Reformation angeschlossen hatte. 1572 hatten jedenfalls die Bemühungen des Valentin von Berlichingen zu Dörzbach, die Bestattung des in diesem Jahr verstorbenen Max von Berlichingen zu Laibach in Schöntal zu erreichen, keinen Erfolg mehr, obwohl Max dem Kloster dafür 50 Taler und sein bestes Pferd vermacht hatte15.

Textkritischer Apparat

  1. Dazwischen das Steinmetzzeichen.
  2. Zur Auflösung der Initialen vgl. den Kommentar.
  3. STIMVHIMIL ohne Worttrennung, über V ein Kürzungstrich.
  4. ANDEM ohne Worttrennung.
  5. Die beiden Wörter stehen in der sechsten Zeile zentriert; danach eine lange Zierranke, am Ende der Zeile dann die Jahreszahl.
  6. D aus E korrigiert.
  7. So statt HORNBERG.
  8. INGOT ohne Worttrennung.
  9. Danach eine lange Zierranke als Zeilenfüller.

Anmerkungen

  1. Müller/Stöcklein (WLB Cod. Don. 600) fol. 19r.
  2. Nur die ersten beiden Zeilen 2,5 cm hoch, danach Schriftgröße 2,2 cm.
  3. Mt 3,16–17.
  4. Geteilt, unten geschacht; Helmzier: bärtiger Mannsrumpf mit gestulptem Turnierhut.
  5. Tauartig gedrehter Kranz (so statt eines Rings); Helmzier: Schildfigur.
  6. Spangenhelm mit einem mit zwei Kolben besteckten Turnierhut als Helmzier; Helmzier: mit zwei Kolben besteckter Turnierhut.
  7. Quadriert, 1/4. zwei senkrecht gestellte Tuchscheren nebeneinander, 2/3. Schwan. Zwei Helme: 1. zwischen zwei Büffelhörnern ein gekrönter Jungfrauenrumpf, dessen Kleid mit zwei Tuchscheren bezeichnet ist, 2. über Helmkrone ein auffliegender Schwan.
  8. Zwei abgewendete Sicheln nebeneinander; Helmzier: Flug, jeder Flügel mit einer Sichel belegt.
  9. Linksgewendet. Schreitender gekrönter und gehalsbandeter Vogel; Helmzier: der Vogel zwischen einem Flug.
  10. Klemm, Baumeister 162f.; Köpchen 98; Kdm. Künzelsau 352.
  11. DI 15 (Rothenburg o. d. Tauber) nr. 348.
  12. Ebd. nr. 638.XXVII.
  13. Eine 1570 gefertigte Wappentafel am Schloß in Archshofen (Stadt Creglingen, Main-Tauber-Kreis; vgl. DI 54 [Mergentheim] nr. 207) ist mit demselben Stz. signiert wie das Schöntaler Epitaph und ist daher nunmehr ebenfalls Leonhard Weidmann zuzuschreiben. Die Kapitalis weist dort noch wesentlich „unklassischere“ Formen auf, v. a. ein offenes D mit stark verkürztem Schaft, ein G mit rechtwinklig geknickter Cauda sowie ein M mit schräggestellten Schäften und kurzem Mittelteil.
  14. Biedermann, Steigerwald, tab. CCXXVI.
  15. Vgl. Kremer, Chronick (StAL B 503 II Bü 7) p. 226.

Nachweise

  1. Kremer (WLB HB XV 68) p. 294 (fol. 149v neu) (nur A).
  2. Hebenstreit (StAL B 503 II Bü 10) p. 69 (nur A).
  3. Müller/Stöcklein (WLB Cod. Don. 600) fol. 19r.
  4. Schönhut, Chronik Schönthal 197 (nach Aufzeichnung des Repetenten Zeller).
  5. Schönhuth, Grabdenkmale Berlichingen 452.
  6. Berlichingen-Rossach, Götz 727.
  7. Schönhuth, Burgen … Württembergs IV, 227f.
  8. Kröll 108 (nach Schönhut).
  9. OAB Künzelsau 789 (nur A).
  10. Köpchen 97f. (erwähnt).
  11. Kdm. Künzelsau 352 (Abb.).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 358 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0035808.