Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 343 Niedernhall, ev. Pfarrkirche 1570, 1577

Beschreibung

Epitaph für Ludwig von Morstein und seine Frau Maria Jakobäa geb. von Stain zum Reichenstein. Innen an der Südwand in einer Flachbogennische; zuvor um die Mitte des 19. Jahrhunderts auf der Orgelempore1. Holz, bemalt. Breite, querrechteckige Tafel, deren obere Ecken abgeschrägt sind; der Rahmen oben segmentbogig ausgesägt und so in die Nische eingepaßt. Auf dem mit Rosetten in gleichmäßigen Abständen bemalten Rahmen oben in der Mitte das mit weißer Farbe aufgemalte Herstellungsjahr (A). Im Bildfeld der Kruzifixus vor einer hügeligen Landschaft mit Städten, Burgen und Dörfern, unter dem Kreuz zu beiden Seiten das in Anbetung kniende Ehepaar mit seinen Kindern; über der Szene eine von zwei schwebenden Putti gehaltene querrechteckige Schriftkartusche mit Bibelsprüchen (B). Oben am Kreuz der Titulus (C) auf einem geschwungenen Zettel; am Fuß des Kreuzstammes die Malersignatur (D). Zu beiden Seiten des Gekreuzigten jeweils eine Gruppe von fünf Vollwappen, die allesamt in kurzen Schriftbändern inschriftlich bezeichnet sind. Das mittlere Wappen der heraldisch rechten Seite ist oben (E) und unten (F) mit Beischriften versehen, die vier übrigen, im Viereck darum herum gruppierten Wappen haben jeweils oben die Beischrift (G); die heraldisch linke Wappengruppe ebenso angeordnet: mittleres Wappen mit Beischriften (H) und (I), äußere Wappen mit Beischriften (K). Links unter dem Kreuz kniet Ludwig von Morstein, hinter ihm fünf Söhne, alle in Schriftbändern über den Köpfen namentlich bezeichnet (L, von innen nach außen), der vierte Sohn im Mantel des Johanniterordens; rechts außen Maria Jakobäa und vor ihr sieben Töchter, ebenfalls mit Namenbeischriften (M, von außen nach innen). Fast alle Personen sind durch ein rotes Sterbekreuzchen über dem Kopf als verstorben gekennzeichnet. Unter der Bildzone eine schmale Leiste mit den in zwei Zeilen aufgemalten Sterbevermerken für die Eheleute (N). Alle Inschriften außer (A) mit schwarzer Farbe aufgemalt, in Inschrift (B) sind die vorgezeichneten Hilfslinien noch sichtbar. Das Holz weist etliche Risse auf, Farbe stellenweise abgeplatzt oder verblaßt, die Inschriften aber noch durchweg gut erhalten.

Maße: H. 119, B. 193, Bu. 1,1 (B), 1,4–1,7 (C), 1,8–2,5 (D), 0,7 (E–K), 0,6–1,1 (L, M), 1,5 (N), Zi. 5,3–7,2 cm (A).

Schriftart(en): Kapitalis (B–D), Fraktur (E–N).

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/9]

  1. A

    · 1 · 5 · // · 70 ·a)

  2. B

    JCHb) · WAIS · DAS · MEIN · ERLÖSER · LEBT · VND · ER · WIRDT · MICH · AVS · DER · ERDEN · / AVEWECKHENc) · VND · WERDEd) · MIT · MEINER · HAVT · VMBGEBEN · WERDEN · / VND · WERDE · IN · MEINEM · FLAISCH · GOTT · SEHEN2) · ETC(ETERA) HIOBe) · AM · XIX · CAP(ITEL)f) JCHb) · WILL · SCHAWEN · DEIN · ANGESICHT · IN · GERECHTIGKHAIT · ICHg) · WILL · / SAT · WERDEN · WAN · ICH · ERWACH · NACH · DEINEM · BILDE3) · PSAL(M)h) XVII ·i)

  3. C

    · I · N · R · I ·

  4. D

    · ATBk) ·

  5. E

    Morstain ·

  6. F

    Vatter

  7. G

    Rinderbach · Feinnaw · 
    Crailshaim · Vestenburg · 

  8. H

    Stain vo(m)l) Reiche(n)stain ·

  9. I

    Muotter ·

  10. K

    Hemonhofenm)  Laubenbergi)  
    Schmalstein · Remchingen · 

  11. L

    Ludwig von Morstain · vattero) Ludwigi) Wolffgang ·Wilhalm ·S(ancti)h) Joha(n)s Ritter Orde(ns)n) / Hans Georg ·Christoff Ferdinandusp)

  12. M

    Maria Jacobe · v(on)l) · Mor(stain)h) gebor(ne) / v(om)l) Stain · v(om)l) · Reichenstain ·p) Maria Jacobe ·Annaq) Maria Jacobe ·wandelbar ·Clara ·Katharina ·Katharina

  13. N

    An(n)o D(omi)nj · M · D · Lviiij · Am xxiij · tag Noue(mbris)n) Starb der Edel vnd Ernuest Ludwig von Morstain · der Zeit Amptman zu Newenstain · Dem Gott Gnedig vnd Barmhertzig sey ·i) /An(n)o d(omi)nj · M · D · Lxx〈7〉 · Am · 〈27〉 · tag 〈· Apprilis .〉 Starb die Edel vnd Tugentsam fraw Maria Jacobe · vo(n) Morstain · Geborne vom Stain · vom Reichenstain · der Gott gnedig v(nd)n) barmhertzig seÿ ·

Wappen:
MorsteinStain
RinderbachVeinau4 Heimenhofen5 Laubenberg
CrailsheimVestenberg6 Schmalenstein7Remchingen

Kommentar

Einige der Frakturversalien in Inschrift (N) sowie die beiden Fraktur-Initialen in Inschrift (B) sind üppig verziert. Über u und w sind in Inschrift (N) zwei Quadrangelpunkte gesetzt, die Kürzungsstriche sind hier nach oben ausgebuchtet. Der Duktus der breit proportionierten Kapitalis wird durch die dreieckig verdickten Schaft-, Balken- und Bogenenden bestimmt. Der Schrägschaft des N ist gelegentlich geschwungen und ragt dann nach außen über die Schäfte hinaus; die geschwungene Cauda des R ist meist tief unter die Grundlinie gezogen; O ist spitzoval. Die Künstlersignatur ließ sich bislang nicht auflösen.

Zu Ludwig von Morstein vgl. seine Grabplatte nr. 298. Die Auswahlprinzipien für die in den ungewöhnlichen Fünfergruppen dargestellten Wappen ist unklar. Das Rinderbachsche Wappen ist das von Ludwigs Mutter Kunigunde von Rinderbach8, alle übrigen Wappen lassen sich aber mit den genealogischen Angaben bei Biedermann nicht in Einklang bringen9. Stimmen die Angaben bei Bucelin, dann könnte Maria Jakobäa eine Tochter des Konrad von Stain aus zweiter Ehe mit Agnes von Schmalenstein sein10. Die Mutter dieses Konrad war eine von Heimenhofen, so daß die heraldisch linke Wappengruppe auf dem Epitaph die Anordnung einer (verschobenen) Ahnenprobe von unten nach oben zeigen könnte. Eine derartige Anordnung war im Bereich der schwäbischen Ritterschaft, der die von Stain angehörten, nicht selten.

Textkritischer Apparat

  1. Unterbrechung der Jahreszahl in der Mitte durch eine Rosette.
  2. J als reich verzierter Frakturversal.
  3. So statt AVFWECKHEN.
  4. Zweites E zweibogig.
  5. H vergrößert; der Balken nach unten ausgebuchtet.
  6. Kürzung durch Doppelpunkt, danach als Zeilenfüller eine Rosette mit Ranke.
  7. I vergrößert.
  8. Kürzung durch Doppelpunkt.
  9. Danach als Zeilenfüller eine Rosette mit Ranke.
  10. A und B verkleinert, mit dem Schaft des T verschmolzen.
  11. Das o klein über das v geschrieben.
  12. Das Wort wohl durch Übermalung verfälscht; danach als Zeilenfüller eine Rosette und Zierschnörkel.
  13. Kürzung durch Doppelpunkt und Kürzungsstrich.
  14. Danach Schnörkel und lange Wellenlinie als Zeilenfüller.
  15. Danach Zierranke als Zeilenfüller.
  16. Danach liegende 8-förmige, von einer Raute überlagerte Schleife als Zeilenfüller.

Anmerkungen

  1. Vgl. Bach, Stadtkirche 537.
  2. Hi 19,25–26.
  3. Ps 17,15.
  4. Balken, begleitet von drei Rosen; Helmzier: Taube (?) mit ausgebreiteten Schwingen; vgl. Alberti 905.
  5. Linksgewendet. Springendes rot gezäumtes weißes Pferd in Rot; Helmzier: rot gezäumter weißer Pferderumpf; vgl. Alberti 292 (dort das Pferd im Schild steigend, auf dem Helm wachsend).
  6. Weißer Balken in Grün; Helmzier: Brackenrumpf in den Schildfarben. Abweichende Helmzier: Schöler, Familienwappen 109.
  7. Weißer Balken in Blau; Helmzier: Büffelhörner in den Schildfarben; vgl. Alberti 694 (mit Variante der Helmzier).
  8. Biedermann, Ottenwald, tab. CCCXC.
  9. Ebd. Demnach wäre Ludwigs Großmutter väterlicherseits eine Schleiz von Heimenhofen und Maria Jakobäas Mutter eine von Freyberg.
  10. Bucelinus II, tab. Stain C, ohne Lebensdaten. Als Kinder dieser Ehe gibt Bucelin fünf Söhne und sechs Töchter an, darunter jedoch keine Maria Jakobäa.

Nachweise

  1. Bach, Stadtkirche 537 (nur D [m. Abb.] u. N, ungenau, zu 1609!).
  2. OAB Künzelsau 730 (nur D, N, ungenau, zu 1609!).
  3. Grünenwald, Laurentius-Kirche 4 (nur N).
  4. Kdm. Künzelsau 253 (nur E, G, H, K, N).
  5. Rauser, Niedernhaller Heimatbuch 131 (nach Kdm.), 119 (Abb.).
  6. Niedernhaller Grabmale (nur B, N).
  7. Drös, Grabmäler 217–219 (nur erwähnt, m. Abb.).
  8. Der Hohenlohekreis 2, 173 (Abb.).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 343 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0034307.