Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 320 Öhringen, ev. Stadtkirche (ehem. Stiftskirche) 1567

Beschreibung

Grabplatte der Helena Gräfin von Hohenlohe geb. Truchsessin von Waldburg. Ursprünglich im Boden des Langhauses, im Mittelgang als südliche Platte der zweiten Reihe von Osten1. Um 1890 im Zuge der Kirchenrenovierung gehoben und im Ostflügel des Kreuzgangs aufgestellt. Die Sandsteinplatte ist nicht erhalten, die Messingauflagen sind seit etwa 19502 innen an der Ostwand des nördlichen Querhausarms angebracht: umlaufende Schriftleiste mit erhaben gegossener Inschrift zwischen Randstegen (Schriftgrund mit Punktrasterpunzen ausbereitet); in der Mitte des Feldes ein großes gegossenes Vollwappen, umgeben von vier kleineren Schilden. Teile der Metallauflagen mit heller Farbe verschmiert. Stark abgetreten, besonders im Bereich des rechten Rands.

Siehe Lageplan.

Maße: L. (nur Metallauflagen) 206, B. 114, Bu. 4,1 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften; Helmut Hartmann, Bechtheim [1/4]

  1. ANNOa) DOMINI · M · D · LXVII DEN IIIb) APRILIS . STARB / DIE . WOLGEBORN . FRAW . FRAW . HELENA . DES . HEI(LIGEN)a)c) RO(EMISCHEN)a)c) REICHS . ERBTRVCKSESSIN . FREIFRAW . / ZV . WALTHBVRG . DIE . WAS . EIN . EHLICH . GEMAHL . DES / WOLGEBORNNEN , HERN , HERRN , IEORGEN , GRAVEN , VON , HOHENLOHE , DER , SEELEN , GOT GE(NAD) .

Wappen:
Waldburg3;
OettingenHohenzollern4
Anhalt5 Kirchberg6.

Kommentar

Die Kapitalis zeigt eine weitgehende Orientierung an klassischen Vorbildern. Linksschrägenverstärkung und Bogenverstärkung mit linksschräger Schattenachse sind ebenso durchgängig zu beobachten wie sorgfältig ausgeführte Serifen. Auch sind die auf dem Quadrat basierenden Proportionen beachtet, und die Einzelformen entsprechen weitgehend dem klassischen Kanon. So hat R zumeist eine stachelförmige Cauda, die dreimal vorkommende geschwungene Cauda ist wohl eher auf eine Unachtsamkeit des Formschneiders zurückzuführen. Der Mittelteil des M reicht bis zur Grundlinie herab, die Schäfte stehen allerdings nicht schräg, sondern senkrecht. Weiteres „unklassisches“ Element sind die ungleich langen Balken von E und F. Insgesamt bietet die vorliegende Inschrift jedoch eine der besten Ausprägungen der Renaissancekapitalis im Bearbeitungsgebiet. Vermutlich handelt es sich um das Produkt einer Nürnberger Werkstatt. Eigenartig ist der Wechsel der Worttrennerzeichen: In der Kopfleiste kleine Punkte auf halber Zeilenhöhe zur Markierung der Zahlzeichen, dann auf der rechten und auf der unteren Leiste kleine Dreieckpunkte auf der Grundlinie und auf der linken Leiste schließlich kurze kommaähnliche Striche auf der Grundlinie.

Helena ist eine Tochter Georgs III. Truchsessen von Waldburg († 1531), des berühmten „Bauernjörg“, und der Maria Gräfin von Oettingen7. Sie heiratete 1529 den Grafen Georg I. von Hohenlohe-Waldenburg. Aus dieser zweiten Ehe des Grafen gingen acht Kinder hervor, von denen Graf Eberhard die Linie Hohenlohe-Waldenburg begründete, während Ludwig Kasimir aus der ersten Ehe Georgs mit Praxedis von Sulz zum Stifter der Neuensteiner Linie wurde8. Helena starb in Waldenburg, wurde aber nicht wie ihr Ehemann in der dortigen Stadtkirche beigesetzt (vgl. nr. 270), sondern wie dessen erste Frau (vgl. nr. 208) nach Öhringen überführt.

Textkritischer Apparat

  1. Der Anfangsbuchstabe vergrößert.
  2. Zahlzeichen mit einem nach oben ausgebuchteten Strich überstrichen.
  3. Kürzung durch Doppelpunkt und zusätzlich durch übergeschriebenen Kürzungsstrich.

Anmerkungen

  1. Vgl. Lageplan in HZAN GA 55 (Nachlaß Albrecht) II. 7. Bü 103. So auch noch im 19. Jahrhundert; vgl. OAB Öhringen 109.
  2. Vgl. nr. 147 Anm. 2.
  3. Linksgewendet. Die drei Leoparden hier fälschlich – offensichtlich in Analogie zum hohenlohischen Stammwappen – mit untergeschlagenem Schweif.
  4. Quadriert, 1/4. Reichserbkämmereramt, 2/3. Stammwappen Zollern.
  5. Fehlerhaft ausgeführt. Quadriert und mit Mittelschild belegt, dabei ist der Hauptschild mit seinen vier Feldern linksgewendet, der Mittelschild jedoch nicht. Mittelschild Anhalt, 1/4. Aschersleben (in Feld 1 fälschlich schräggeschacht statt geschacht), 2/3. Bernburg (der schreitende gekrönte Bär in Feld 2 auf einer waagerechten statt auf einer schrägen Zinnenmauer). Zur korrekten Wappendarstellung vgl. Siebmacher Souv3, 21 Taf. 30f.
  6. Verschobene Ahnenprobe: Da das Waldburger Stammwappen in der Ahnenprobe nicht wiederholt ist, verschieben sich die drei übrigen Wappen der Großelterngeneration jeweils um einen Platz nach vorn, wodurch an letzter Stelle Platz geschaffen wird für ein Wappen der Urgroßelterngeneration. Anna Gräfin von Kirchberg war die Mutter von Helenas väterlichem Großvater; vgl. Eur. Stammtaf. NF V, Taf. 154.
  7. Vgl. Eur. Stammtaf. NF V, Taf. 154.
  8. Vgl. Eur. Stammtaf. NF XVII, Taf. 4.

Nachweise

  1. Baier, Monumenta 1579 (HZAN GA 10 Schubl. 2 Nr. 81), p. [12].
  2. Hansselmann, Kurtze Historische Beschreibung (HZAN GA 10 Schubl. 2 Nr. 81) p. 54.
  3. Wibel, Hohenloh. Kyrchen- u. Reformations-Historie I, 328.
  4. HZAN GA 55 (Nachlaß Albrecht) II. 7. Bü 103 (mehrfache Wiedergabe der Inschrift u. Zeichnungen).
  5. HZAN GA 55 (Nachlaß Albrecht) IX. Bü 273 (Hansselmann, Beschreibung d. Stiftskirche zu Oehringen 1732, Abschr. 1830), p. 25.
  6. Albrecht, Stiftskirche Oehringen 45f.
  7. Boger, Stiftskirche Öhringen 91.
  8. OAB Öhringen 109 (nur erwähnt).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 320 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0032004.