Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 307 Kloster Schöntal (Gde. Schöntal), Kloster, Kreuzgang 1562

Beschreibung

Metallauflage der Grabplatte für Götz von Berlichingen zu Hornberg „mit der Eisernen Hand“. Im Ostflügel des Kreuzgangs, zwischen dem vierten und fünften Fenster von Norden in die Westwand eingelassen und mit einem profilierten steinernen Rahmen umgeben. Vor der Neuanordnung der Grabmäler im Zuge des barocken Neubaus des Kreuzgangs im Boden des Ostflügels als achte Grabplatte von Norden1. Hochrechteckige Messingplatte mit hohem Relief: breite, von hohen, profilierten Stegen eingefaßte Rahmenleiste, belegt mit Löwenmasken, Kriegsgerät und Schneckengehäusen; in den vier Ecken auf den Rahmen aufgelegte Rundmedaillons mit Vollwappen; im Mittelfeld zwei querrechteckige Schrifttafeln übereinander, jeweils bekrönt von einem von Blumen umrankten Rollwerkgiebel, aus dem eine nackte Gestalt hervorwächst; unter den Tafeln ebenfalls umranktes Rollwerk. In der oberen Schrifttafel Versinschrift (A), in der unteren Tafel Sterbevermerk (B). Die Pentameter der Distichen in Inschrift (A) sind links um eine Buchstabenbreite gegenüber den Hexametern eingerückt. Beide Inschriften erhaben ausgehauen, der Schriftgrund mit Kreuzschraffurpunzen bearbeitet. Steinplatte nicht erhalten.

Siehe Lageplan.

Maße: L. 170, B. 73, Bu. 1,7–2,2 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften; Vermögen und Bau Baden-Württemberg, Amt Heilbronn [1/3]

  1. A

    HAC GENEROSVS EQVES / GOTFRIDVS CLAVDITVR VRNA , /BERLICHIVS TOTO NOTVS / IN ORBE SENEXa) /PLVRIMA MAGNANIMVS QVI / VIVENS PRAELIA GESSITb) /AT NVNC PERPETVO PACIS / AMATOR ERITa) /TVTVS AB INSVLTV , NVLLI / METVENDVS ET IPSEb) /AETERNIS FRVITVR SED / SINE FINE BONIS · 1562 ·

  2. B

    ANNO D(OMI)NI 1562 VF DONERSTAG / DEN 23 IVLIIc) VMB SECHS VHR ZV / ABE(N)TS , VERSCHIED DER EDEL VN(D) / ERNVEST GOTFRID VO(N) BERLI·/CHING(EN)d) ZV HOR(N)BERG D(ER) ELTER , / SO SEINS ALTERS VBER ETLICH V(ND) / ACHZIG IAR ALT WORDE(N) , DEREN / SELE(N) VN(D) VNS ALLE(N) GOT DER AL=/MECHTIG WOLLE GNEDIG VND / BARMHERCZIG SEIN · AMENe) / ERWARTET ALHIE SAMPT ALLEN / GLAVBIGEN IN CHRISTO EIN FR=/OELICHE AVFERSTEHVNGb)

Übersetzung:

In diesem Grabgefäß ist eingeschlossen der wohlgeborene Ritter Gottfried von Berlichingen, der auf der ganzen Welt bekannte Greis, der, von großem Mut, zu Lebzeiten sehr viele Fehden ausgetragen hat, nun aber auf ewig friedliebend sein wird. Sicher vor Anfeindung, und auch selbst für keinen mehr Anlaß zur Furcht, erfreut er sich aber ohne Ende der ewigen Glücksgüter.

Versmaß: Elegische Distichen (A).

Wappen:
BerlichingenThüngen
AdelsheimSteinau gen. Steinrück.

Kommentar

Der Kapitalis ist eine Bemühung um Nachahmung klassischer Vorbilder nicht abzusprechen, wenngleich die Ausführung – vor allem in Inschrift (B) – wenig gelungen ist und plump wirkt. Linksschrägen- und Bogenverstärkungen sind beachtet, Buchstabenhöhe und Ausrichtung der Schäfte schwanken jedoch erheblich. Die schrägen Balkensporen sind überdimensioniert, ebenso die gekrümmten Sporen an den Bogenenden von S, G und besonders C. Auffällige Einzelform ist das Z mit geschwungenem unteren Balken. In einem Fall ist auch der obere Balken des Buchstabens linksschräg gestellt und geschwungen. Der Anfang des Sterbevermerks (B) sowie die Hexameteranfänge in Inschrift (A) sind durch vergrößerte Buchstaben hervorgehoben. Die Kürzungsstriche sind durchweg gewellt. Die als Zeilenfüller fungierenden Zierranken sind in der Manier von Flachschnitzerei gestaltet. Als Interpunktionszeichen „zweiter Klasse“, die hier in der Edition durch Komma wiedergegeben sind, dienen – neben Quadrangeln auf Zeilenmitte – kurze Schrägstriche auf halber Zeilenhöhe.

Das noch zu Lebzeiten Götz’ von Berlichingen angefertigte Epitaph ist ebenfalls noch im Kreuzgang des Klosters Schöntal erhalten (nr. 299). Zur Person s. dort.

Textkritischer Apparat

  1. Als Versschlußzeichen ein Quadrangel, nach rechts in eine als Zeilenfüller fungierende Zierranke auslaufend.
  2. Danach Zierranke als Zeilenfüller.
  3. Vorletztes I verkleinert über den Balken des L gestellt.
  4. Am Zeilenumbruch statt der Trennungsstriche ein Worttrenner bzw. Interpunktionszeichen; über dem zweiten I versehentlich ein überflüssiger Kürzungsstrich.
  5. Vor AMEN ein Quadrangel als Interpunktionszeichen. Der Schrägschaft des N läuft rechts unten in eine Zierranke aus, die als Zeilenfüller dient.

Anmerkungen

  1. Müller/Stöcklein (WLB Cod. Don. 600) fol. 21v. Damals lagen aber bereits die Gebeine des Verstorbenen nicht mehr unter der Grabplatte: „Hoc certum est, quod anno 1708 nihil omnino de cadavere eius sub lamina de aurichalco fuerit inventum“.

Nachweise

  1. Kremer (WLB HB XV 68) p. 291 (fol. 148r neu).
  2. Hebenstreit (StAL B 503 II Bü 10) p. 68.
  3. Müller/Stöcklein (WLB Cod. Don. 600) fol. 21v.
  4. Kloster Schönthal, das Begräbnis der Berlichingen, in: Morgenbl. für gebildete Leser 1851, 915.
  5. Schönhuth, Grabdenkmale Berlichingen 451f.
  6. Berlichingen-Rossach, Götz 726.
  7. Kröll 103f.
  8. OAB Künzelsau 788.
  9. Im Vorbeigehen. II, in: Cistercienser-Chronik 5 (1893) 76–82, hier: 79 (nur B, fälschlich dem Epitaph zugeordnet).
  10. Betzendörfer, Kloster Schöntal 64.
  11. Stiefel, Kloster Schöntal 16 (nur B).
  12. Knittelverse. Inschriften aus dem Kloster Schöntal, ausgewählt u. übersetzt v. Wynfried Stiefel, o. O. o. J., 4.
  13. Kdm. Künzelsau 352 (nur erwähnt).
  14. Rudolf Schlauch, Einkehr und Andacht. Kunstbetrachtungen in Hohenlohe, Gerabronn Crailsheim 1965, 77f.
  15. Schweder, Kloster Schöntal 11 (nur B).
  16. Hummel, 825 Jahre 31 (nur B).
  17. Rauser, Schöntaler Heimatbuch 406 (nur A, nach Betzendörfer).
  18. Abt Benedikt Knittel und das Kloster Schöntal 71 (Abb. von A).
  19. Hummel, Kloster Schöntal 31 (nur B).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 307 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0030701.