Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 304 Kloster Schöntal (Gde. Schöntal), Kloster, Kreuzgang um 1550–60

Beschreibung

Epitaph des Hans Wolf von Berlichingen († 1543). Im Ostflügel des Kreuzgangs, 13. Stein von Norden; bis zur Neuanordnung der Grabmäler im Zuge des barocken Neubaus des Kreuzgangs zweites Epitaph von Norden1. Reste einer Ädikula aus Sandstein. Halbrunde Muschelnischenbekrönung, darin ein Vollwappen in Flachrelief; Gebälk fehlt. In der an beiden Seiten beschnittenen Hauptzone zwischen Pilastern die auf einem Löwen stehende, fast vollrunde Figur des Verstorbenen, leicht nach rechts gewendet, im Ganzharnisch; der federgeschmückte Visierhelm ist unten rechts abgestellt. Auf den Pilastern je vier Ahnenwappen untereinander. Im flachen, von Voluten seitlich begrenzten Sockel vierzeilig eingehauene Inschrift. Mittelband vorgeritzt. Reste farbiger Fassung. Dolch abgebrochen.

Siehe Lageplan.

Maße: H. (Rest) 243, B. 113, Bu. 3,2–3,5 cm.

Schriftart(en): Mischschrift aus Gotischer Minuskel und Fraktur.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften; Vermögen und Bau Baden-Württemberg, Amt Heilbronn [1/3]

  1. An(n)o · 1548a) · vff · Samstag · Nach · Luczia · / Verschid · der · Edel · vnd · Ernvest · Hanns · Wolff · / Von · Berlingen · Zu · Jagsthaussen · / Dem · Got · Gnedig sei · a(men)b)

Datum: 15. Dezember 154(3).

Wappen:
Berlichingen;
BerlichingenThüngen
AdelsheimSteinau gen. Steinrück
Küchenmeister von Rothenburg2 Schlitz gen. Görz3
VenningenBuchenau4.

Kommentar

Die Schrift vermengt Elemente der Gotischen Minuskel und der Fraktur. Zweistöckiges a, auf der Grundlinie umgebrochenes f und langes s, die strengen, eckigen Formen von c, d, e, m, n und u sind noch eindeutig der Gotischen Minuskel zuzuordnen. Frakturelemente sind das rechts ausgerundete o, g mit ausgerundeten Bögen und durchgebogenem Schaft, Bogen-r und – als Doppelform – das unter die Grundlinie reichende lange s mit Schwellschaft sowie v mit gebogenem linken Schaft. Die Frakturversalien sind unbeholfen verschnörkelt, wie überhaupt das gesamte Schriftbild sehr unruhig wirkt. Als Worttrenner dienen kleine Dreiecke auf halber Zeilenhöhe. Das Epitaph ist ein Werk des Würzburger Bildhauers Peter Dell d. J.5. Die Schrift ist dieselbe wie auf dem von Dell signierten Epitaph des Jörg Schrimpf († 1556) in der Würzburger Marienkapelle und auf dem wohl nach 1550 entstandenen Epitaph des Reichard von Gebsattel († 1540) in Trennfeld (Markt Triefenstein, Main-Spessart-Kreis). Eng verwandt ist außerdem die Schrift auf dem Epitaph für Philipp von Finsterlohr und seine Frau Maria Jakobäa von Berlichingen von 1568 in Laudenbach (Weikersheim, Main-Tauber-Kreis)6, das offensichtlich eine schwache Werkstattarbeit ist, die sich auch in der Bildgestaltung und in der Anlage des volutengesäumten Sockels deutlich an Arbeiten Peter Dells orientiert.

Da die Jahreszahl in der vorliegenden Inschrift verhauen ist, wird man das Denkmal wohl nicht nur einige Jahre nach dem Tod Hans Wolfs, sondern auch noch einige Jahre nach 1548 ansetzen müssen. Als grobe Datierung soll das Jahrzehnt zwischen 1550 und 1560 genügen, eine engere Eingrenzung wird vielleicht nach Sichtung des gesamten inschriftlichen Oeuvres des Peter Dell möglich sein, der im übrigen erst 1551 Meister wurde7. Zu Hans Wolf von Berlichingen vgl. nrr. 247, 248.

Textkritischer Apparat

  1. So statt 1543. Die obere Schlinge der 8 ist oben waagerecht abgeflacht, so als ob der Steinmetz zunächst die korrekte 3 hätte einhauen wollen.
  2. Danach eine Zierranke als Zeilenfüller.

Anmerkungen

  1. Müller/Stöcklein (WLB Cod. Don. 600) fol. 19r.
  2. Linksgewendet. Bügelhelm mit gestulptem, mit zwei Kolben bestecktem Turnierhut als Helmzier.
  3. Zwei oben gezinnte Schräglinksbalken. An dieser Stelle müßte das Buchenauer Wappen stehen, falls die genealogischen Angaben bei Biedermann, Rhön u. Werra, tab. CCV korrekt sind.
  4. Gehalsbandeter und gekrönter schreitender Vogel. Der Wappenvogel ohne Krone: Schöler, Familienwappen, Taf. 64.
  5. So bereits erkannt von Bruhns, Würzburger Bildhauer 64, mit dem vernichtenden und in dieser Strenge nicht nachvollziehbaren Urteil: „Es steht mitten zwischen den vielen Grabmälern desselben Geschlechts, ist aber in der langen Reihe wohl das schlechteste, und das will bei der allgemeinen Minderwertigkeit dieser Grabmäler schon etwas heißen“.
  6. DI 54 (Mergentheim) nr. 199.
  7. Vgl. Leo Bruhns, Die beiden Peter Dell und Thomas Kistner, drei Würzburger Bildhauer des XVI. Jahrhunderts, in: Archiv d. Hist. Vereins von Unterfranken u. Aschaffenburg 55 (1913) 103–122, Taf. I–III, hier: 106.

Nachweise

  1. Kremer (WLB HB XV 68) p. 277 (fol. 141r neu).
  2. Hebenstreit (StAL B 503 II Bü 10) p. 68.
  3. Müller/Stöcklein (WLB Cod. Don. 600) fol. 19r.
  4. Schönhut, Chronik Schönthal 195f. (nach Aufzeichnung des Repetenten Zeller).
  5. Schönhuth, Grabdenkmale Berlichingen 451.
  6. Berlichingen-Rossach, Denkmale 299.
  7. Ders., Götz 726.
  8. Schönhuth, Burgen … Württembergs IV, 226.
  9. Kröll 107 (nach Schönhut).
  10. OAB Künzelsau 788.
  11. Kdm. Künzelsau 350f. (m. Abb.).
  12. Rückert, Zur Memoria 90 (nur erwähnt).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 304 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0030400.