Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 303 Neuenstein, Schloß 1560

Beschreibung

Portalbekrönung. Im Innenhof über dem Portal des südwestlichen Treppenturms. Aufwendig architektonisch gerahmtes Portal aus rotem Sandstein; dreizonige Bekrönung: Im flachbogigen Giebelfeld die vollplastische Figur des liegenden und sich auf einen umgestürzten Weinkrug stützenden Bacchus, der in der Linken ein Füllhorn hält; über der Figur, dem Bogenverlauf folgend, eine langgestreckte Schriftkartusche mit eingehauenem Bibelzitat (A); zu beiden Seiten der Kartusche im Bogen die Jahreszahl (B). In der Gebälkzone nebeneinander zwei querrechteckige Kartuschen mit Inschriften (C) und (D); in der Hauptzone darunter zwei Vollwappen mit je zwei Helmen, flankiert von den Standfiguren von Mars und Diana1, seitlich zwei volutenartig angeordnete Delphine. Bei einer Restaurierung wurden ausgebrochene Kanten und bestoßene Stellen großflächig ergänzt.

Maße: H. (nur Bekrönung) ca. 250, B. 255, Bu. ca. 5,5 (A), ca. 3,5 (C, D), Zi. ca. 6 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/6]

  1. A

    · VERBVM · DOMINVMa) · MANET · IN · ETHERNVM2) · ES(AI)AEb) · 41 ·

  2. B

    1 · 5 · // · 60 ·

  3. C

    LVDWIG · CASVMIEc) · GRAVE · / VON · HOHENNLOEYc) · VND · / HERR · ZV · LANGENBVRG · ET(CETERA)d)e)

  4. D

    ANNA GREVIN VON HO=/HENLOEY · VND FRAV · ZV / LANGENBVRG · GEBORNE / GREVIN · ZV SOLMS · VND / FRAV · ZV MVNTZENBERG · ET(CETERA)d)

Übersetzung:

Das Wort Gottes bleibt in Ewigkeit.

Wappen:
Hohenlohe-Langenburg, Solms-Münzenberg.

Kommentar

Der Anfangsbuchstabe der Inschrift (A) ist durch rankenartige Zierlinien, die den linken Schrägschaft begleiten, ausgezeichnet. Der rechte Schrägschaft des V ist durchweg am unteren Ende von einer s-förmigen Zierlinie durchkreuzt. Das D ist links offen, der Schaft reicht kaum bis zur Zeilenmitte. M hat schräggestellte Schäfte und einen sehr kurzen Mittelteil, N ist retrograd, O spitzoval. Die Cauda des R ist stark gekrümmt und am Ende eingerollt. Als Worttrenner dienen paragraphzeichenförmig verzierte Quadrangel.

Vermutlich von anderer Hand stammen nach Ausweis der deutlich abweichenden Schriftformen die Wappenbeischriften (C) und (D). Die Kapitalis ist in Proportionen und Einzelformen wesentlich stärker an klassischen Vorbildern orientiert. An Fremdformen kommen – neben den normalen Formen – A mit nach links überstehendem Deckbalken, links offenes D mit verkürztem Schaft, H mit nach unten ausgebuchtetem Balken und N mit nach unten ausgebuchtetem Schrägschaft vor. Der Schrägschaft des N ist auch gelegentlich nach rechts über den Schaft hinaus verlängert und nach oben umgebogen. Die Anfangsbuchstaben beider Inschriften sind vergrößert. Die – in Inschrift (D) nur unregelmäßig gesetzten – Worttrenner-Quadrangel sind paragraphzeichenförmig verziert.

Die Umgestaltung der Wasserburg Neuenstein zu einem Renaissanceschloß auf dem Grundriß eines weitgehend regelmäßigen Rechtecks vollzog sich zwischen 1557 und 1568 unter der Regierung des Grafen Ludwig Kasimir von Hohenlohe. Baumeister war Balthasar Wolff von Heilbronn3. 1564 ließen sich der Bauherr und seine Frau Anna von Solms auch am Haupteingang durch Wappen und Inschriften verewigen (nr. 313).

Textkritischer Apparat

  1. So statt DOMINI.
  2. Die Bibelstellenangabe ist in deutlich kleinerem Schriftgrad angefügt.
  3. Sic!
  4. ET in kleinerem Schriftgrad.
  5. Danach zwei Zeilen freigelassen.

Anmerkungen

  1. Durch das Attribut des Bogens eindeutig gekennzeichnet; in Der Lkr. Öhringen 2, 361 jedoch als Minerva gedeutet; danach auch Rauser, Neuensteiner Heimatbuch 68. Bei den beiden Figuren handelt es sich um Kopien. Die Originale befinden sich im Rittersaal des Schlosses; vgl. nr. 532 Anm. 1.
  2. I Pt 1,25; ähnlich auch die – hier nicht ganz korrekt angeführte – Bibelstelle Is 40,8.
  3. Zur Baugeschichte vgl. zuletzt Hohenlohe, Schloss Neuenstein 52001, 2–14; ferner: v. Rauch, Balthasar Wolff 210–212.

Nachweise

  1. HZAN GA 55 (Nachlaß Albrecht) IX. Bü 264 (Neuenstein): Abschrift der Inschriften durch Buchhalter Schuhmacher 1826 (nur A, C, D).
  2. Boger, Schloß Neuenstein 454 (ungenau).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 303 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0030303.