Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 288 Waldenburg, ev. Stadtkirche 1556

Beschreibung

Grabplatte des Philipp Erer. Seit 1973 außen im offenen Turmuntergeschoß, an der inneren Südwand; vorheriger und ursprünglicher Standort unbekannt. Roter Sandstein. Umschrift zwischen Ritzlinien. Im eingetieften Feld ein großes Vollwappen in Relief, umgeben in den Ecken von vier leicht nach innen gelehnten Ahnenwappen. Leicht verwittert; quer verlaufender Bruch in der Mitte; Ausbrüche an den Rändern.

Maße: L. 201, B. 97, Bu. 5,3 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/1]

  1. ANNO · D(OMI)NI · 15 · 56 · VFF · DINSTAG / DEN · 1 · DECEMBRIS · STARB · DER · ERWIR[D]IG · EDEL · VND · HOCHGELERT · HER · PHILIPS · ERER · BEDER · RECHTEN · / DOCTOR · DEM · WOeLLEa) · GOT · EIN · FROeLICHEa) · VFERSTEHVNGb) · GEBENc) · A(M)EN

Wappen:
Erer;
ErerNagel von Eltershofen1
Mettelbach2 Schletz3.

Kommentar

Die charakteristische Kapitalis ermöglicht eine eindeutige Zuweisung der Grabplatte an den Haller Bildhauer Sem Schlör, der bereits 1554 eine Grabplatte für einen weiteren Angehörigen des Heilbronner Patriziergeschlechts der Erer in Waldenburg geschaffen hat (nr. 280). Bei der vorliegenden Inschrift ist zusätzlich auf die konsequente Setzung von I-Punkten zu verweisen.

Philipp Erer ist ein Sohn des Heilbronner Bürgermeisters Konrad Erer († 1539) aus dessen erster Ehe mit Ursula Nagel aus Hall († 1501/03)4. Er war in erster Ehe mit Agnes Keser, in zweiter Ehe mit Katharina Egen verheiratet5. Seine universitäre Ausbildung erhielt er in Köln (imm. 1505, mag. 1508), in Heidelberg (imm. 1511) und in Tübingen (imm. 1516). Ab 1520 stand er in Diensten des unter österreichischer Regierung stehenden Herzogtums Württemberg, zunächst als Advokat und Kanzleiverwandter, dann von 1527 bis 1530 als Untervogt in Kirchheim/Teck und von 1532 bis 1534 als Stadt- und Amtsvogt in Stuttgart. 1534 nach dem Ende der österreichischen Regierung verließ Erer Württemberg und wurde 1537 Kanzler des Speyerer Bischofs Philipp von Flersheim, 1540 Kanzler des Propstes von Ellwangen Pfalzgraf Heinrich bei Rhein. Da Erer in der Folgezeit Dienste protestantischer Herrschaften gesucht hat, scheint er sich inzwischen vom alten Glauben abgekehrt zu haben: Von 1542 bis 1547 war er württembergischer Rat, 1548 wurde er Rat des Markgrafen Ernst von Baden-Durlach († 1553) und wechselte schließlich 1552 in gleicher Funktion zunächst in die Dienste des Grafen Ludwig Kasimir von Hohenlohe in Neuenstein6 und dann 1555 in die Dienste des Grafen Eberhard in Waldenburg7. Diese letzte Station seiner bewegten Laufbahn erklärt die Bestattung Erers in der Waldenburger Stadtkirche. Er starb kinderlos8.

Textkritischer Apparat

  1. Das e zur Umlautbezeichnung klein über das O gesetzt.
  2. Der obere Balken des F ist versehentlich nicht ausgeführt.
  3. Von den ersten vier Buchstaben nur das untere Drittel erhalten.

Anmerkungen

  1. Eigentlich das Stammwappen der von Eltershofen (vierfache Schneckenständerung), das von den Nagel nach dem Erwerb des Schlosses Eltershofen 1512 zusammen mit dem Namen angenommen wurde – wie unser Beispiel zeigt, nicht nur in Kombination mit dem eigenen Stammwappen im quadrierten Schild, sondern auch allein unter Aufgabe des Nagelschen Stammwappens (Ochsenrumpf); vgl. Alberti 162, 537. Das Wappen ist als Ahnenwappen hier unkorrekt, da die Mutter des Probanden, Ursula Nagel, zum Zeitpunkt des Erwerbs von Eltershofen durch ihren Bruder Rudolf (vgl. v. Rauch, Erer 31) bereits verstorben war und somit dieses Wappen nie geführt hat.
  2. Hier nur die drei (2:1) Schildchen, der sechsstrahlige Stern dazwischen fehlt; vgl. Alberti 505. Die Zuweisung ist aber durch die Stammfolge der Erer gesichert, vgl. Ludwig, Vorfahren 78; v. Rauch, Erer 26.
  3. Gespalten, darin ein gespaltener Sparren (so statt gespalten und überzogen von einem Sparren). Das einzige patrizische bzw. niederadelige Geschlecht der weiteren Umgebung, das ein Wappenbild in der abgebildeten Form führte, sind die 1480 in männlicher Linie ausgestorbenen Alten von Altenberg, die auch Bürger in Hall waren; vgl. Alberti 13. Die Zuordnung des Wappens zu den Schletz ist jedoch durch die genealogischen Untersuchungen Moriz von Rauchs gesichert: v. Rauch, Erer 31.
  4. Angaben zur Genealogie nach Ludwig, Vorfahren 78; v. Rauch, Erer 31–33.
  5. Ausführlich zur Person: v. Rauch, Erer 40–43; Bernhardt, Zentralbehörden 1, 273f. Danach auch das weitere; vgl. ferner Irmgard Kothe, Der fürstliche Rat in Württemberg im 15. und 16. Jahrhundert (Darstellungen aus der Württembergischen Geschichte 29), Stuttgart 1938, 157f. sowie Pfeilsticker §§ 1143, 1346, 1657, 2491, 2810. Katharina Egen ist 1562 gestorben. Ihr Grabmal an der Haller Michaelskirche wurde wie die Grabplatte ihres Mannes von Sem Schlör gefertigt; vgl. Demmler, Grabmäler, Taf. 17; v. Rauch, Erer 43. Sie war gräflich hohenlohische Hofmeisterin der waldenburgischen Vormundschaft, des Grafen Eberhard und der Gräfin Agathe; Abschied 1561, vgl. HZAN Wa 25 Bü 353.
  6. Bestallung zum Diener und Rat auf zwei Jahre auf den 1. Mai 1552: HZAN La 5 Bü 222 Qu. 34.
  7. Bernhardt, Zentralbehörden 1, 273.
  8. v. Rauch, Erer 43; Kothe (wie Anm. 5) 158.

Nachweise

  1. v. Rauch, Erer 43 (erwähnt).
  2. Englert, Waldenburg 478 Anm. 26 (erwähnt).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 288 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0028801.