Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 240 Pfedelbach, ev. Pfarrkirche um 1540, 1569

Beschreibung

Epitaph des Balthasar vom Klein. Innen an der Südwand des Langhauses bei der Kanzel eingemauert. Roter Sandstein. Umschrift (A) zwischen Ritzlinien; im eingetieften Feld in der Mitte ein großes Vollwappen, in den Ecken vier Ahnenwappen. Über dem Vollwappen der in zwei Zeilen nachgetragene Todestag (B). Im unteren Drittel erhebliche Witterungsschäden durch aufsteigende Feuchtigkeit; der untere Rand durch den Fußboden verdeckt, die übrigen Ränder eingeputzt. An vier Stellen quadratische Bohrungen, die mit Vierkanthölzern provisorisch gefüllt sind; zwei weitere hochrechteckige Schlitze im Bereich von Inschrift (B) und im Wappenschild, ersterer mit Zementmörtel geflickt.

Maße: H. 230, B. 112, Bu. 7,0–7,5 (A), 5,4 cm (B).

Schriftart(en): Frühhumanistische Kapitalis (A), Kapitalis (B).

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften; Helmut Hartmann, Bechtheim [1/4]

  1. A

    ANNOa) · D(OMI)NI · 15 · 〈69〉b) / STARB · DER · ERNVESTc) · BALTASAR · VOM · KLAIN · DER · ẒẸỊṬ / V[. .]d) · ZV · PFEḌ[.]ḄACḤe) · [D]ẸM / GOT [· G]ṆEDIG [·] VND · BARMHERTZIG · SEY [·] WOLf)

  2. B

    DEN · LEZENg) · DAG / SEPṬ[E]MBER

Datum: 30. September 1569.

Wappen:
vom Klein1;
vom KleinAdelsheim
unbekannt2Stetten.

Kommentar

Die für die Frühhumanistische Kapitalis typischen schmal proportionierten Buchstaben wechseln mit auffällig breiten Buchstaben ab. Zu letzteren gehören das A mit geknicktem Mittelbalken und beidseitig weit überstehendem Deckbalken, das N mit meist nach oben ausgebuchtetem Schrägschaft, das T und das V. Charakteristische Einzelformen sind das links offene D mit verkürztem Schaft, zweibogiges E, spitzovales O, R mit kleinem Bogen und steil gekrümmter Cauda sowie zweistöckiges Z. Weitere, nur sporadisch verwendete Zierelemente sind ein ringförmiger Nodus am Schaft des I oder eingerollte Bogenenden bei D und G. Die Worttrenner sind paragraphzeichenförmig. Deutlich anders sind die Schriftformen des nachgetragenen Todestages, bei dem bis auf das links offene D reine Kapitalisbuchstaben verwendet werden, so vor allem im Unterschied zu Inschrift (A) für E und Z.

Das Grabmal ist also eindeutig schon zu Lebzeiten Balthasars vom Klein entstanden. Dieser Umstand, zusammen mit dem Fehlen jeglicher Abnützungsspuren an der Oberfläche, spricht für eine schon ursprüngliche Bestimmung des Steins als Epitaph und nicht als Grabplatte. Die Verwendung der Frühhumanistischen Kapitalis, die im Bearbeitungsgebiet ansonsten nach 1547 nicht mehr nachweisbar ist, weist darauf hin, daß das Epitaph sogar geraume Zeit vor 1569 entstanden ist. Verwandte Schriftformen, vor allem aber große stilistische Ähnlichkeiten in der Wappendarstellung zeigt der Wappenstein Albrecht Eisenmengers von 1540 (?) in Ingelfingen (nr. 237), und eindeutig von derselben Hand wurde die Inschrift auf der Öhringer Grabplatte der 1537 verstorbenen Agatha Senft (nr. 231) ausgeführt. Einen sicheren terminus ante quem für die Entstehung des Grabmals markiert zwar das Jahr 1564, in welchem dem Sebastian sein Verwandter Kaspar vom Klein im Amt des Pfedelbacher Vogts (unmittelbar?) nachfolgte3, doch reichen die inschriftenpaläographischen Indizien für eine wesentlich frühere Einordnung um 1540 aus.

Balthasar war einer von drei natürlichen Söhnen des Neidhard von Wollmershausen und der Elisabeth Klein, die alle 1523 von Kaiser Karl V. legitimiert wurden und fortan den Namen „vom Klein“ und das väterliche Wappen mit veränderter Helmzier führten4. Das Grabmal kann demnach nicht die Vierahnenprobe des Verstorbenen, sondern allenfalls die seines Vaters wiedergeben. Die Genealogie der von Wollmershausen ist freilich noch nicht genügend untersucht, um die Ahnenprobe befriedigend auflösen zu können5. Neidhard von Wollmershausens (urk. 1464–1497)6 Vater hieß Burkhard7. Dieser müßte nach den Ahnenwappen auf der linken Seite des vorliegenden Grabmals eine von Adelsheim zur Frau gehabt haben, die in den Stammtafeln bislang nicht nachzuweisen ist. Dazu paßt die zu 1443 urkundlich bezeugte Eheverbindung eines Burkhard von Wollmershausen mit einer Margaretha von Adelsheim8, vermutlich einer Tochter des Zeisolf von Adelsheim (urk. 1417–1452?)9. 1544 hat Balthasar vom Klein von Kaiser Karl V. eine Wappenbesserung erhalten10, die auf dem vorliegenden Grabmal noch nicht berücksichtigt ist, allerdings auch auf einem zweiten, ebenfalls zu Lebzeiten gefertigten Epitaph für Balthasar in der nördlichen Seitenkapelle der Öhringer Stiftskirche (nr. 330) nicht berücksichtigt wurde. Dem Sterbevermerk auf dem Öhringer Grabmal ist zu entnehmen, daß Balthasar später hohenlohischer Keller zu Öhringen war. In seiner Funktion als Vogt zu Pfedelbach ist er bereits 1533 bezeugt11. Verheiratet war er mit Christina Jeger (vgl. nr. 285).

Textkritischer Apparat

  1. Am Beginn der Inschrift eine die gesamte Zeilenhöhe einnehmende Rosette.
  2. Hinter der 9 ein kleines Kreuzchen auf der Grundlinie, vermutlich als Verweisungszeichen auf den im Mittelfeld der Platte ebenfalls nachgetragenen und an dieser Stelle in das Formular einzufügenden Todestag (B).
  3. Das V versehentlich mit Mittelbalken.
  4. Sicherlich zu VOGT zu ergänzen, der Platz reicht aber nicht für drei Buchstaben aus; vermutlich war das G vom Steinmetzen versehentlich ausgelassen worden.
  5. Lesung sehr unsicher.
  6. Danach eine Zierranke als Zeilenfüller.
  7. Sic!

Anmerkungen

  1. Zwei Balken; Helmzier: zwischen zwei gevierten Büffelhörnern ein wachsender bärtiger Mann mit gestulptem und mit zwei Balken belegtem Spitzhut, dessen Spitze mit einem Hahnenfederbusch besteckt ist. Vgl. Siebmacher WüA 195 Taf. 105; entgegen der „Korrektur“ ebd. 218 sind der Darstellung auf dem Epitaph zufolge die Büffelhörner der Helmzier eindeutig geviert und nicht übereck geteilt.
  2. Eselskopf (?) im Profil. Setzt man eine regelmäßige Ahnenprobe voraus, müßte dies das Wappen der Mutter Neidhards von Wollmershausen sein, deren Herkunft bislang noch nicht bekannt ist. Vielleicht kamen über sie die vorher bei den von Wollmershausen unüblichen Namen Neidhard und Sittich (urk. bezeugter Bruder Neidhards) in die Familie. So jedenfalls die Vermutung von Herrn Manuel Aicher, Dietikon (Schweiz), dem ich für intensiven Gedankenaustausch herzlich danke.
  3. HZAN Wa 25 Bü 348 (Bestallung).
  4. So jedenfalls nach Alberti 405; Siebmacher WüA 195 Taf. 105. Das Original der Urkunde ist im HHStA Wien freilich nicht auffindbar; freundliche Mitteilung von Herrn Manuel Aicher (wie Anm. 2).
  5. Die Angaben bei Biedermann, Ottenwald, tab. CCCCXXX sind weitgehend unbrauchbar.
  6. Die Daten verdanke ich Herrn Manuel Aicher (wie Anm. 2).
  7. Urkundl. Nachweis der Filiation: HStAS H 28, Urk. 253 (1483 I 18); StA Nürnberg, Lehenbuch 8 I, fol. 90f.; Burkhard ist urkundlich zwischen 1442 und 1474 nachweisbar; freundl. Hinweis von Herrn Manuel Aicher (wie Anm. 2).
  8. Vgl. HStAS B 250, Urk. 441; freundl. Hinweis von Herrn Manuel Aicher (wie Anm. 2).
  9. Vgl. Biedermann, Ottenwald, tab. CLXXXVII (zu 1452) bzw. Andermann, Urkunden Adelsheim, Nr. 58 (zu 1417). Biedermann gibt als Frau dieses Zeisolf eine Reiza von Pfedelbach an, wozu das Stettensche Wappen auf dem Pfedelbacher Epitaph freilich nicht paßt. Die bisher einzige im fraglichen Zeitraum urkundlich nachweisbare Eheverbindung Adelsheim-Stetten, die des Martin von Adelsheim († 1497) mit Anna von Stetten (vgl. Biedermann, Ottenwald, tab. CLXXXVII), kommt von der Generationenfolge her nicht in Frage: Martin war ein Sohn Zeisolfs von Adelsheim und somit ein Schwager des Neidhard von Wollmershausen.
  10. Siebmacher WüA 218 Taf. 121: der Schild gespalten, vorn in Blau eine mit einem schwarzen Adler bezeichnete goldene Fahne, hinten das alte Zweibalkenwappen; vgl. auch Karl Friedrich von Frank, Standeserhebungen und Gnadenakte für das Deutsche Reich und die Österreichischen Erblande bis 1806 sowie kaiserlich österreichische bis 1823. Mit einigen Nachträgen zum Alt-Österreichischen Adels-Lexikon 1823–1918, 5 Bde., Schloß Senftenegg 1967–74, hier: Bd. 3, 1972, 38. Die Originalurkunde im HHStA Wien, Allg. Verwaltungsarchiv, Wappenbrief für Balthasar Klein (1544 IV 8). Mit dem Wappenbrief wurde Balthasar vom Klein freigestellt, das väterliche Wappen unverändert oder in der gebesserten Form zu führen. Augenscheinlich entschied er sich bezüglich des Schilds für ersteres.
  11. HZAN, Rep. Öhringen, S. 17; freundl. Hinweis von Herrn Manuel Aicher (wie Anm. 2).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 240 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0024001.