Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 192 Forchtenberg, Friedhofskapelle 1516

Beschreibung

Grabplatte des Priesters Peter Wintebach (?). Innen an der Südwand des Langhauses aufgerichtet. Ursprünglich sicherlich im Boden der Kapelle, später vermutlich eine Zeitlang im Freien der Witterung ausgesetzt. Sandstein. Eingehauene Umschrift, die, links oben beginnend, nur die Kopfleiste, die rechte Längsleiste und einen Teil der Fußleiste ausfüllt. Das eingetiefte Feld ist von einem Halbrundstab gerahmt. Im Feld oben ein Wappenschild in Flachrelief, darunter ein von einem Rundbogen überfangener Zwillingsbogen mit Maßwerkfüllung; ganz unten rechts ein winziger gestürzter Wappenschild. Leichte Abtretungsspuren, verwittert und bestoßen; Ränder ausgebrochen, großer Teil der rechten Randleiste samt Inschrift zerstört.

Maße: L. 191, B. 73, Bu. 7,5–8,5 cm.

Schriftart(en): Primitive Mischschrift aus Majuskeln und Minuskeln.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/5]

  1. Ḥera) Peter ẈIṆtẹḅ/AChb) Ḍem gOt g̣ṇ[ad ist ge]ṣṭọ[rbenc) . . . . . . .] · m C · C · C · C · C / xui JAṛ

Wappen:
Priesterwappen1; unbekannt2.

Kommentar

Die Schriftausführung ist derart unbeholfen, daß die Inschrift auf den ersten und auch noch auf den zweiten Blick völlig unleserlich ist. Da die vorgeschlagene Lesung aber immerhin ein plausibles Formular und einen in dieser Form vorstellbaren Namen ergibt, mag sie hier als Versuch einer Edition verstanden werden, bis eine bessere Lesung gefunden wird. Die primitiven Buchstaben lehnen sich teils an Majuskel-, teils an Minuskelformen an. Das mit oder ohne Mittelbalken ausgeführte A ist kapital und hat einen langen Deckbalken. Die Bögen von P und D sind eckig ausgeführt. Ungewöhnlich ist das e, das aus einem Schaft und einem überdimensionierten, meist stumpfwinklig gebrochenen und gelegentlich fast bis auf die Grundlinie hinabreichenden, rechts angesetzten Bogen besteht, also offensichtlich eine mißverstandene Umformung des e der gotischen Minuskel darstellt. Am ehesten noch dem Alphabet der Gotischen Minuskel entsprechen h, m und t, wenngleich auf die Brechungen an den unteren Schaftenden verzichtet ist, sowie vor allem das r, bei dem sogar die Schaftbrechungen angedeutet sind, und an dessen quadrangelförmige Fahne ein bis zur Grundlinie reichender, geschwungener Zierstrich angehängt ist. Die Position des t-Balkens schwankt erheblich. Bei dem i in der Jahreszahl sind die Schaftbrechungen im Verhältnis zur Schaftlänge überbetont. Der Linksschrägschaft des x steht senkrecht, der Rechtsschrägschaft ist geschwungen. Eine ähnlich unbeholfene Schriftausführung ist auch auf einer Priestergrabplatte von 1541 in Kloster Frauental (Stadt Creglingen, Main-Tauber-Kreis) zu beobachten3.

Die in ihrem Kern romanische Wülfinger Friedhofskirche ist eine der ältesten Pfarrkirchen der Region, die ursprünglich einen großen Sprengel besaß. Die Pfarrechte gingen später teilweise an die 1291 erstmals genannte Kirche in Forchtenberg über, die auch das Michaelspatrozinium übernahm4. Der Ort Wülfingen wurde im 13. oder 14. Jahrhundert wüst, erhalten blieb einzig die Kirche, deren Friedhof weiterhin Begräbnisplatz der Forchtenberger Pfarrei blieb. Unklar ist, ob die vorliegende Grabplatte die Grabstätte eines Forchtenberger Plebans oder eines Kaplans oder Frühmessers5 bezeichnete.

Textkritischer Apparat

  1. Erster Buchstabe ganz unsicher, aber wohl eher ein – aus der Unzialform bzw. der Minuskelform abgeleitetes, eckig gebrochenes H als ein D. Als Geistlicher hatte der Verstorbene jedenfalls Anspruch auf das Prädikat Herr.
  2. Erster Buchstabe ganz unsicher: Schaft mit am unteren Ende nach beiden Seiten angesetzten kurzen Schrägbalken, ähnlich einem mit der Spitze nach unten gekehrten Pfeil; vielleicht auch als L zu lesen. Dritter Buchstabe vielleicht auch ein D.
  3. Ergänzungen sinngemäß.

Anmerkungen

  1. Kelch.
  2. Gestürzter Maurerhammer? Vielleicht das Zeichen des Steinmetzen.
  3. DI 54 (Mergentheim) nr. 144 m. Abb. 99.
  4. Vgl. LdBW IV, 225; Der Lkr. Öhringen 2, 182f.
  5. Frühmeßstiftung am Marienaltar der Forchtenberger Pfarrkirche 1357; vgl. Rauser, Forchtenberger Heimatbuch 81, 122.

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 192 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0019205.