Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 186 Mulfingen, kath. St.-Anna-Kapelle 1514, 1597, 17. Jh.

Beschreibung

Altarretabel. Hochaltar im Chor. Holz, geschnitzt, bemalt. Im Schrein geschnitzte Figuren der hl. Sippe. Die bemalten Flügelaußenseiten zeigen links den hl. Joachim, rechts die hl. Anna; unter beiden Bildern ein grüner Streifen mit aufgemalter Beischrift (A, B). Beide Inschriften wurden später – wohl im 17. Jahrhundert – übermalt und durch neue Inschriften (F, G) ersetzt. Inschrift (A) ist unter der Übermalung noch deutlich sichtbar, von Inschrift (B) sind nur mehr schemenhaft Reste zu erkennen. Auf den Flügelinnenseiten in Flachrelief geschnitzte Apostelfiguren: links der hl. Simon mit Säge, rechts der hl. Judas Thaddäus, in der Linken eine Keule, in der Rechten ein aufgeschlagenes Buch haltend, darin aufgemalte pseudo-hebräische Schriftzeichen. In der Predella die gemalten Halbfiguren Christi und der zwölf Apostel, von denen einige offene Bücher mit Pseudoschrift in ihren Händen halten; im Buch, das der hl. Petrus hält, ist auf beiden aufgeschlagenen Seiten je eine rot ausgezeichnete Initiale (C) zu identifizieren. Auf der Rückwand der Predella eine mit breitem Pinselstrich aufgemalte großformatige Jahreszahl (D); im Bereich der zweiten Ziffer nachträglich eingeritzte Initialen und Jahreszahl (E).

Maße: H. 226,5, B. 162,5, Bu. 2,4 (A), 2,0 (E), 2,4 bzw. 3,7 (F), 2,3 bzw. 3,6 (G), Zi. 19–24 cm (D).

Schriftart(en): Frühhumanistische Kapitalis (A, B?), Gotische Majuskel (C), Kapitalis (E, F, G).

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/6]

  1. A

    SANCTVS · IOACHIM

  2. B

    Ṣ [– – –]

  3. C

    I // G

  4. D

    1514

  5. E

    FBW / 1597

  6. F

    · S(ANCTVS)a) · IOACHIMVS ·

  7. G

    · S(ANCTA)a) · ANNA ·

Kommentar

Die ursprüngliche Namenbeischrift unter dem Bild des hl. Joachim ist in einer feinstrichigen Kapitalis in schmalen Proportionen ausgeführt. Strichstärke und Sporengestaltung entsprechen der typischen Stilisierung der Frühhumanistischen Kapitalis, auch wenn die für diese Schriftart charakteristischen Buchstabenformen – abgesehen von A mit beidseitig überstehendem Deckbalken – fehlen. Die spätere Übermalung ist in einer breit proportionierten Kapitalis mit deutlicher Betonung der Linksschrägen ausgeführt. Sie wurde den Schriftformen nach wohl noch in der 1. Hälfte des 17. Jahrhunderts vorgenommen.

1510/11 wurde die Annakapelle nahe einer wundertätigen Quelle errichtet, die Ziel von Wallfahrten war. Unklar ist, ob das Herstellungsjahr des Altars gleichzeitig das Jahr der Kapellenweihe anzeigt1. Durch die Reformation kam die Wallfahrt lange Jahre zum Erliegen, wurde aber in den Jahren 1587–96 durch die Initiative des würzburgischen Kellers zu Jagstberg Johann Arnold wiederbelebt. Die erste große Wallfahrt danach fand 1597/98 statt. Zeugnis davon dürfte die Ritzinschrift mit den Nameninitialen (F) sein, die vermutlich von einem Pilger angebracht wurden, der sich auf diese Weise an heiliger Stelle verewigen wollte. Die Initialen lassen sich nicht auflösen, in den erhaltenen Heilungsprotokollen2 findet sich kein passender Namenseintrag.

Textkritischer Apparat

  1. Buchstabe in größerem Schriftgrad.

Anmerkungen

  1. So Jürgen Hermann Rauser, Die Geschichte der St. Anna-Wallfahrt zu Mulfingen an der Jagst. Nach den Quellen im Pfarrarchiv dargestellt, hg. v. d. Gemeindeverwaltung Mulfingen, Mulfingen 21979, 3. Vgl. ebd. passim ausführlich zur Geschichte der Kapelle und der Wallfahrt, danach das Folgende.
  2. Edition ebd. 20–24.

Nachweise

  1. Kdm. Künzelsau 27, 230f. (nur E).
  2. Rauser, Geschichte der St. Anna-Wallfahrt (wie Anm. 1) 3 (nur E), 29 (Abb.).
  3. Rauser, Mulfinger Heimatbuch 366 (nach Kdm.).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 186 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0018602.