Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 161 Künzelsau, ev. Johanneskirche 1507

Beschreibung

Epitaph oder Grabplatte der Barbara von Stetten geb. Adelmann von Adelmannsfelden. Ursprünglich sicherlich im Innern der Kirche, aber bereits im 17. Jahrhundert „außerhalb der Kirchen“ aufgestellt1. Der Stein befand sich noch 1888 außen am Chor2 und wurde im Zuge der Kirchenrenovierung von 1913/14 in die vor der Westfassade angebaute neue Eingangshalle versetzt3; nach deren Beseitigung 1970 wurde das Grabmal innen an der Nordwand des Chors aufgerichtet. Hochrechteckige Sandsteinplatte mit abgeschrägten Ecken. Eingehauene Umschrift zwischen Ritzlinien; im Feld die in hohem Relief ausgeführte Figur der Verstorbenen, die auf einer polygonalen Konsole steht und in den zum Gebet zusammengelegten Händen einen Rosenkranz hält; in den Ecken vier Wappenschilde. Witterungs- und Stoßschäden; die rechte untere Ecke fehlt seit der Versetzung 1970 und wurde mit Zement ergänzt.

Ergänzung der Inschrift nach Foto LDA Esslingen.

Maße: H. 170, B. 88, Bu. 7 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/2]

  1. Anno · d(o)m(in)i · xvc · vnd · vii · / Jare · an · dem · heilige(n) · karfreÿtag · do · starbe · die · er[bera) · fraw / · barbara ·] vo(n)b) · stetten · geborne · / adelmenin · der · sel · got · gnedig · vnd · barmherczig · seÿ ·

Datum: 2. April 1507.

Wappen:
Stetten4 Adelmann von Adelmannsfelden
Venningen?5 unbekannt6.

Kommentar

Die schmal proportionierte Gotische Minuskel ist weit vom strengen Kanon der Textura entfernt. Das aufgelockerte, unruhige Schriftbild wird vor allem dadurch bewirkt, daß schräge und waagerechte Buchstabenbestandteile gegenüber den senkrechten Schäften überbetont werden: Der obere Bogenabschnitt des zweistöckigen a und des offenen d ragt meist weit nach links und nach oben in den Oberlängenbereich, gelegentlich ist er fast waagerecht; der linksschräge Teil des e greift weit nach rechts aus, so daß der gesamte Buchstabe sehr breit wird. Bei y sind beide Schäfte schräggestellt, bei v der linke Schaft gebogen und nach oben verlängert. Das r ist konsequent als Bogen-r geschrieben. Der Schaft des g ist leicht nach links geneigt und wird oben von dem waagerechten Abschnitt des oberen Bogens durchschnitten, der untere, gebrochene Bogen schwingt weit nach links unter die Grundlinie zurück. Der untere Bogen des z ist völlig ausgerundet. Der A-Versal hat weit ausgestellte, leicht nach innen durchgebogene Schrägschäfte, einen beidseitig weit überstehenden Deckbalken und einen geknickten Mittelbalken; an den linken Schrägschaft ist ein aus einer mißverstandenen Schaftverdoppelung entstandenes Zierelement angehängt. Der Steinmetz benutzte hier offensichtlich eine Vorlage, bei der der linke Schrägschaft einen unten nach links hochgebogenen Begleitstrich mit aufgesetzter tropfenförmiger Schwellung besaß. Der Kürzungsstrich über dem zweiten Wort der Inschrift ist nach oben ausgebuchtet. Als Worttrenner dienen paragraphzeichenförmig verzierte Quadrangel. Derselbe Steinmetz hat nach Ausweis der Schriftformen auch das Künzelsauer Grabmal des 1509 verstorbenen Sigmund von Stetten (nr. 163) geschaffen.

Eine genealogische Einordnung der Barbara Adelmann von Adelmannsfelden ist nicht gelungen. Die beiden Wappen der heraldisch rechten Seite beziehen sich wahrscheinlich auf ihren Ehemann und auf dessen Mutter7, die beiden linken auf ihre eigenen Eltern.

Textkritischer Apparat

  1. er in der oberen Hälfte zerstört; von b noch ein Rest des unteren Schaftendes erhalten.
  2. Von vo nur der untere Teil erhalten.

Anmerkungen

  1. HZAN GA 55 (Nachlaß Albrecht) VII. Bü 181 (Stetten).
  2. Keppler 176.
  3. Vgl. Künzelsau am Kocher 13: 1922 „links vom Westeingang“. Ebenso noch Kdm. Künzelsau 50.
  4. Linksgewendet.
  5. So auch OAB Künzelsau 268. Das Schildbild ist weitgehend zerstört, es sind lediglich Spuren zweier schräggekreuzter Gleven(?)stäbe zu erkennen; demnach vielleicht auch Remchingen? Das Wappen scheint nachträglich glatt abgearbeitet worden zu sein.
  6. Balken (?). Nach OAB Künzelsau 268: Wappen Crailsheim.
  7. Eine Eheverbindung Stetten/Venningen ist im fraglichen Zeitraum allerdings nicht nachweisbar. Die bei Biedermann, Ottenwald, tab. XXXIX aufgeführte dritte Ehe Zürchs d. J. von Stetten († 1422) mit Anna von Remchingen kommt vom Generationenabstand her wohl ebenfalls kaum in Frage, es sei denn, der von Biedermann als Sohn Zürchs (ohne Hinweis, aus welcher Ehe) angegebene Hans der Junge, der angeblich „1501 in hohem Alter unvermählt“ starb, oder ein anderer, in den Stammtafeln nicht nachgewiesener Sohn aus dritter Ehe, der ein hohes Alter erreicht haben müßte, wäre der Ehemann der Barbara Adelmann gewesen.

Nachweise

  1. StAL E 258 VI Bü 2117 (Ortsbeschreibung Kocherstetten).
  2. HZAN GA 55 (Nachl. Albrecht) VII. Bü 181 (Stetten), (ungenau).
  3. Bauer, Alterthümer 252.
  4. OAB Künzelsau 268.
  5. Der Dt. Herold 23 (1892), Beil. S. 19 (nur erwähnt).
  6. Köpchen 54 Anm. 1 (nur teilw.).
  7. LDA Esslingen, Fotoarchiv, Neg.-Nr. 13418 (1957).
  8. Kdm. Künzelsau 50.
  9. Rauser, Künzelsauer Heimatbuch I, 321 (nach Kdm.).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 161 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0016105.