Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 156 Kloster Schöntal (Gde. Schöntal), Kloster, kath. Pfarrkirche St. Joseph (ehem. Klosterkirche) 1506

Beschreibung

Grabplatte des Philipp von Weinsberg. Im südlichen Seitenschiff, vor der Westwand im Boden. Ursprünglich im Chor, auf der Nordseite unterhalb der Grabmäler für Konrad und Anna von Weinsberg1; 1716 zusammen mit den Gebeinen an den jetzigen Standort überführt2. Sandstein. Im eingetieften Mittelfeld ein linksgewendetes Oberwappen, dessen lange, ineinander verschlungenen Helmdecken das Feld ausfüllen. In den Ecken vier Ahnenwappen, teils in Ritzzeichnung, teils in Flachrelief. Die Inschrift läuft auf dem breiten Rand um und ist zum Feld hin durch eine Ritzlinie abgtrennt. Sie wird durch die vier Wappen unterbrochen und setzt sich in einer Zeile oben im Mittelfeld fort. Stark abgetreten und bestoßen, Ränder ausgebrochen und stellenweise mit Zementmörtel ergänzt. Die linke obere Ecke mitsamt Wappen zerstört, die unteren Wappen und die Schrift in der Fußleiste fast unkenntlich.

Siehe Lageplan.

Maße: L. 179, B. 84,5, Bu. 7,2 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften; Vermögen und Bau Baden-Württemberg, Amt Heilbronn [1/3]

  1. A(nn)[o]a) · d(omi)ni · xv[c] · uj · / [i]ạr Am montag nach Katherine starb der · / wolgẹborn ḥ[e(r)]b) / Philipp der elter zv wei(n)sperg desc) Remische(n)d) [richs]e) // Erbke(m)r(er) de(m) got(t)f) g(nad)

Datum: 30. November 1506.

Wappen:
Weinsberg3;
[Weinsberg]Henneberg4
Leiningen5 Braunschweig6.

Kommentar

Die großformatige, schmal proportionierte Gotische Minuskel ist ausgesprochen sorgfältig ausgeführt. Ober- und Unterlängen sind deutlich ausgeprägt. Der Schaft des langen s hat in Höhe der Oberlinie des Mittelbandes einen aus dem Anstrich entwickelten Dorn. Der Schaft des r ist oben bald gebrochen, bald rechtsschräg geschnitten, ohne daß eine Regel für die Variation erkennbar wäre. Der senkrechte Teil des h-Bogens reicht weit in den Unterlängenbereich hinab. Die Versalien stammen überwiegend aus dem Repertoire der für die buchschriftliche Textura entwickelten Auszeichnungsbuchstaben und sind links jeweils mit zwei Zacken verziert. Das A am Beginn der Inschrift ist dagegen aus dem pseudounzialen A der Gotischen Majuskel abgeleitet. Der verdoppelte linke Schaft hat eine aufgesetzte, eingeschnürte Schwellung und läuft unten in eine Zierschleife aus, der verdoppelte Mittelbalken ist gewellt. Dieselbe Schrift kehrt auf der Schöntaler Grabplatte für die Ehefrau des Verstorbenen (nr. 167) wieder, ist aber anderweitig bislang nicht nachweisbar.

Philipp der Ältere entsproß der zweiten Ehe Konrads von Weinsberg († 1434)7 mit Anna, der Tochter des Grafen Wilhelm I. von Henneberg8. Mit seinem gleichnamigen jüngeren Bruder, der Domherr in Würzburg und Straßburg war, starb das Geschlecht der Weinsberger aus. Außer dem Titel des Reichserbkämmerers erbte Philipp der Ältere vor allem die immensen Schulden seines Vaters, und er war nicht in der Lage, den Niedergang seiner Familie aufzuhalten. Er war verheiratet mit Anna von Stöffeln († 1509), die einem schwäbischen Edelfreiengeschlecht entstammte. Sie wurde neben ihm in Schöntal beigesetzt (vgl. nr. 167). Noch zu Lebzeiten hatte Philipp für sich und seine Frau ein aufwendiges Epitaph im Chor der Klosterkirche errichten lassen (nr. 153), und nach seinem Tod erhielt er ein „funus solenne“9.

Textkritischer Apparat

  1. Das hochgestellte Endungs-o wegen der Beschädigung des Plattenrands nicht erhalten.
  2. Zwischen h und Wappenschild nur Platz für einen Schaft, das r war demnach vermutlich gekürzt. her fehlt in sämtlichen Kopialüberlieferungen, die Stelle war offenbar schon früh beschädigt. Die Lesung wird auch durch Inschrift nr. 167 bestätigt.
  3. Obere Hälfte von es zerstört.
  4. Vom gesamten Wort nur das untere Drittel der Buchstaben erhalten; Lesung durch die unterschiedlichen Schaftabstände und die Position der Unterlänge des h-Bogens gesichert.
  5. Für die Lesung reichs reicht der Platz nicht aus, die Anzahl der Schäfte ist nicht mehr zu ermitteln.
  6. Über ot ein ungewöhnlich langer Kürzungsstrich.

Anmerkungen

  1. Zu diesen vgl. nr. 45 bei Anm. 15.
  2. Müller/Stöcklein (WLB Cod. Don. 600) fol. 25v (Nachtrag).
  3. Nur Oberwappen. Linksgewendete Helmzier: über Helmkrone ein gekrönter Jungfrauenrumpf mit gestürzten Fischen anstelle der Arme, beide Fische besteckt mit Fähnchen, das vordere bezeichnet mit einem Dreispickelschildhaupt (so statt im Zickzackschnitt geteilt), das hintere mit einem Szepter (Erbkämmererwürde).
  4. Quadriert von Alt-Henneberg und Neu-Henneberg; linke Hälfte des Schilds zerstört.
  5. Drei (2:1) Adler, darüber ein dreilätziger Turnierkragen; weitgehend zerstört.
  6. Zwei gekrönte (?) Leoparden; der untere fast gänzlich zerstört.
  7. Vgl. nr. 45.
  8. Vgl. Eur. Stammtaf. NF XVI, Taf. 142.
  9. Müller/Stöcklein (WLB Cod. Don. 600) fol. 46v. Für die Herstellung der Grabplatten und für das Begräbnis soll nach Kremer, Gesta Dominorum (StAL B 503 II Bü 5) p. [9], der Sohn Philipp gesorgt haben: „Hos vero lapides cum paternis et maternis insigniis parentibus suis Philippus locavit, qui et honorifice sepeliri fecit“. Dabei muß es sich um einen Irrtum handeln, da die Ehe Philipps und Annas ohne männliche Nachkommen blieb. Vermutlich war der Auftraggeber für Grabplatten und Begräbnis Philipps gleichnamiger jüngerer Bruder; vgl. oben.

Nachweise

  1. Kremer (WLB HB XV 68) p. 242 (fol. 123v neu).
  2. Kremer, Gesta Dominorum (StAL B 503 II Bü 5) p. [9].
  3. Hebenstreit (StAL B 503 II Bü 10) p. 65.
  4. Knittel, Annales (StAL B 503 II Bü 13) p. 160 (lat. Übers.).
  5. Müller/Stöcklein (WLB Cod. Don. 600) fol. 25v, fol. 46v (lat. Übers.).
  6. Schönhuth, Burgen … Württembergs IV, 221. (nur erwähnt).
  7. OAB Künzelsau 780.
  8. Kdm. Künzelsau 340.

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 156 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0015604.