Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 144 Ingelfingen, ev. Pfarrkirche 1502

Beschreibung

Gewölbeschlußsteine. Im Netzgewölbe des Chors. Von den insgesamt neun in der Mittelachse hintereinander angeordneten dreipaßförmigen, vierpaßförmigen oder runden Schlußsteinen sind der vierte und der fünfte von Osten inschriftlich bezeichnet. Sandstein, farbig gefaßt. Von Osten nach Westen: 1. im verkröpften Dreipaß Brustbild des hl. Nikolaus (Kirchenpatron); 2. im verkröpften Dreipaß Brustbild Christi mit Weltkugel; 3. im verkröpften Vierpaß Muttergottes im Strahlenkranz; 4. (I.) und 5. (II.) Wappen mit Umschrift; 6. im verkröpften Vierpaß Brustbild der hl. Katharina; 7. im verkröpften Vierpaß die Taube des Hl. Geists; 8. im verkröpften Vierpaß Brustbild der hl. Barbara; 9. im verkröpften Vierpaß ein Hochkreuz.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/2]

I. Runde Scheibe, im eingetieften Feld ein Wappen in Relief, auf dem breiten Rahmen die eingehauene Umschrift. Als Vorzeichnung wurden mit dem Zirkel am oberen und unteren Rand des Mittellängenbereichs je drei Hilfslinien eingeritzt; Schrift mit schwarzer Farbe nachgezogen.

Maße: Dm. ca. 70, Bu. ca. 6 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

  1. Craft · grave · von · hohennloe Anno · domini · M° · ccccc° · iia)

 
Wappen
Hohenlohe.

II. Wie I., hier im Feld ein Vollwappen mit zwei Helmen.

Maße: Dm. ca. 70, Bu. ca. 6 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

  1. +b) helena geborn vvnc) wirtenberg (et)c(etera) anno d(omi)ni m ccccc iia)

 
Wappen
Württemberg.

Kommentar

Trotz der sorgfältigen Vorbereitung der Inschriften mit Zirkellinien ist die Ausführung ungleichmäßig, wenngleich dieser Eindruck durch die plumpe Bemalung noch übermäßig verstärkt wird. Die Proportionen der Buchstaben sind in der zweiten Inschrift schmaler und höher, und die in der ersten Inschrift verwendeten ungelenken Versalien und paragraphzeichenförmigen Worttrenner kommen hier nicht vor. Möglicherweise waren zwei verschiedene Steinmetzen am Werk.

Die Jahreszahl 1502 bezeichnet sicherlich den Abschluß der Bauarbeiten am Chor im Zuge des Neubaus der Ingelfinger Pfarrkirche, der ab etwa 1490 in Gang war. Auslöser war die Verlegung des Ruralkapitels von Künzelsau nach Ingelfingen 1487 (vgl. nr. 143), die von den Grafen Albrecht II. und Kraft VI. von Hohenlohe betrieben worden war. Ersterer ist bereits 1490 gestorben, so daß Graf Kraft als der eigentliche Initiator des Kirchenneubaus gelten kann. Er war seit 1475 mit Helena, der Tochter Graf Ulrichs V. von Württemberg, verheiratet. Daß sie in der Inschrift lediglich als „geborne von Württemberg“ und nicht, wie faktisch richtig, als „geborne Gräfin von Württemberg“ bezeichnet wird, könnte mit der mittlerweile 1495 erfolgten Rangerhöhung ihres Vaters zum Herzog zusammenhängen, nach welcher der Titel einer Gräfin offenbar nicht mehr „standesgemäß“ war, der einer „geborenen Herzogin“ aber als sachlich unzutreffend ebenfalls ausschied. Das neue herzogliche Wappen auf dem Schlußstein trägt der Rangerhöhung immerhin Rechnung. Kraft ist 1503, Helena ist 1506 gestorben, beide liegen in der Öhringer Stiftskirche begraben (nrr. 147, 154).

Textkritischer Apparat

  1. Danach ein Zeilenfüller in Form eines liegenden S.
  2. Lateinisches Kreuz als Invokation; in dieser auffälligen Form möglicherweise als Anspielung auf die hl. Helena, die Namenspatronin der Gräfin, zu verstehen.
  3. Sic!

Anmerkungen

  1. Quadriert, 1. Württemberg (die drei Hirschstangen hier fälschlich linksgewendet und gestürzt), Teck (hier fälschlich waagerecht gerautet), 3. Reichssturmfahne, 4. Mömpelgard; Helmzierden: Württemberg, Teck.

Nachweise

  1. Bauer, Geschichte von Ingelfingen 207 (erwähnt).
  2. HZAN GA 55 (Nachlaß Albrecht) IX. Bü 240 (Ingelfingen) p. 41 (erwähnt).
  3. OAB Künzelsau 597 (ungenau).
  4. Kdm. Künzelsau 167.
  5. Ev. Nikolauskirche 12.
  6. Rauser, Ingelfinger Heimatbuch 135 (nach Kdm.).
  7. CVMA Schwaben 2, 102 Anm. 9.
  8. Raff, Hie gut Wirtemberg 445.
  9. Der Hohenlohekreis 1, 398 (Abb. von I.).

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 144 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0014404.